Ich bin gut in Fontenay-le-Comte angekommen!

Bienvenue à Fontenay-le-Comte!

Ich bin endlich (nach 12 Stunden Umsteigen, Warten, noch mehr Warten, Fliegen und Zugfahren) in Fontenay-le-Comte angekommen. Ich werde hier 12 Wochen als Assistentin der Deutschlehrerin arbeiten und mir dabei so viel Kultur wie möglich ansehen. Mein Ziel ist eine imminente Verbesserung meiner Kenntnisse über das Land, dessen Sprache ich später unterrichten möchte.

Ich habe hier vom Schulkomplex St.-Joseph ein kleines Appartement gestellt bekommen, in dem ich die nächsten vier Monate wohnen werde. Es gehört zum Internat des Lycées neben dem Collège. Mein Zimmer ist ungefähr 16-17 m² groß und eigentlich für zwei Schüler gedacht. Ich hab hier mein eigenes Bad, muss aber zum Kochen eine Etage tiefer in die ehemalige Gemeinschaftsküche der Schüler gehen. Da die Schüler hier nicht mehr kochen dürfen (man hat mir versichert NICHT meinetwegen), hat man mir die Küche netterweise zur Verfügung gestellt. Alles ist hier schon komplett eingerichtet und meine Mentorin hat mir Sachen, die ich aus Deutschland nicht mitnehmen konnte, geliehen (zum Beispiel ein Bettlaken usw.). Ich brauche zehn Minuten zu Fuß in die Stadt und vielleicht fünf Minuten zum großen Einkaufszentrum.

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Fontenay ist eine alte, kleine Stadt mit viel Charme. Obwohl es erst nicht so aussieht, ist hier alles auf dem neusten Stand. Die Schulen sind sehr gut ausgerüstet, sodass ich sehr überrascht war, als die Schule am Montag anfing. Im Bezirk Vendée im Westen Frankreichs wurde nämlich, wie ich mir habe erklären lassen, eine Menge Geld in die digitale Ausrüstung der Schulen gesteckt. So hat das Collège St.-Joseph zum Beispiel in fast jedem Klassenraum ein WhiteBoard und einen Beamer mit Computer, obwohl die Fassade des Gebäudes vermuten ließe, dass man eher noch auf Schiefertafeln schreibt. Ich bin also hier modernster Technik und dem Charme von sehr alten Gebäuden begegnet – eine tolle Erfahrung!

Meine erste Woche in der Schule ist jetzt vorüber und ich habe alle Deutschkurse meiner Mentorin kennengelernt. Das Collège bietet einen Deutschkurs in den Klassen 6 bis 3 an, also für Schüler von 10 bis 14 Jahren. Wie es nicht anders zu erwarten ist, sind natürlich die Jüngsten gleichzeitig die Süßesten. Die Sechser, wie man sie hier nennt, sind gerade von der Grundschule auf das Collège gewechselt und haben Deutsch im ersten Jahr. Sie waren sehr neugierig und freuen sich immer, mich zu sehen.

Im Lehrerzimmer konnte ich schon sehr viele Lehrerinnen und Lehrer kennen lernen. Viele sprechen ein paar Brocken Deutsch, alle freuen sich, dass ich da bin. Alle nehmen mich hier sehr nett auf. Viele Lehrerinnen haben mir sofort ihre Kontaktdaten gegeben und mir angeboten, mich zu melden, wenn ich auch nur das kleinste Problem habe. Bei einer Assemblée générale, einer Zentralversammlung aller Lehrer, wurde ich am Montag allen vorgestellt. Ich konnte mir natürlich noch nicht alle Namen merken, aber zumindest kann ich schon in etwa einordnen, wer welches Fach unterrichtet, sodass ich bald schon auch in andere Kurse außer Deutsch gehen kann. Mich interessiert neben dem Deutschunterricht vor allem auch, wie andere Sprachen hier unterrichtet werden. Da Deutsch eine eher untergeordnete Rolle spielt, da Englisch natürlich die erste Fremdsprache ist und Spanisch für die meisten aufgrund der Nähe zu Spanien interessanter ist, konzentriert sich die Lehrerin für Deutsch viel auf Kultur und Bräuche und lässt den Kindern in Bezug auf die Sprache sehr  viel Zeit. Ich werde also demnächst in Englisch- und Lateinkurse gehen und mir auch Spanisch anhören (vielleicht lerne ich ja hier ein bisschen Spanisch).

Außerdem bin ich neugierig, wie die Lateinlehrerin ihren Unterricht gestaltet, weil sie mir erzählt hat, dass sie Latein fachfremd unterrichtet und nur in der Schule gelernt hat.

Der Lehrer, der für die Computerzugänge zuständig ist, hat mir sogar meinen eigenen Lehrerzugang eingerichtet, sodass ich meine eigene Plattform an den Rechnern in den Klassenräumen öffnen kann. Der erste Schritt in Richtung Lehrerin, wenn ich mich nicht irre. So steht es doch im Überlebens-Handbuch für werdende Lehrer im Ausland, oder nicht? Ankommen: check! Leute kennen lernen, an die man sich bei Problemen wenden kann: check! Einen eigenen Lehrerzugang bekommen: check! Und der nächste Schritt? Liegt ja auf der Hand: Ein eigener Kurs!

Ab nächster oder übernächster Woche werde ich meinen eigenen Kurs (oder sogar zwei Kurse) anbieten dürfen. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Sache, da die Stundenpläne feststehen und ich mein Angebot nur in der zweistündigen Pause am Montag und Freitag zur Verfügung stellen kann. Ich plane eine Stunde für die Deutschschüler, die glauben, dass ich ihnen helfen kann, ihre Kenntnisse zu verbessern, und eine Stunde für Schüler, die Deutsch nicht gewählt haben, aber trotzdem gerne etwas lernen würden.

Ob das funktioniert, kann ich noch nicht sagen, da ich ein kleines Problem festgestellt habe:

Ich verstehe zwar, wenn mich ein Schüler bittet, etwas zu erklären. Was ich aber meist nicht kann, ist, ihm ein einzelnes Wort zu übersetzen. Wenn ich also auf Französisch sage: „Am Dienstag ist bei uns in Deutschland Sankt Martin.“ und Marie-Aimée auf Französisch fragt: „Können Sie uns das buchstabieren?“, dann kann ich das buchstabieren. Wenn aber Lazare mich fragt, ob ich ihm sagen kann, was Kehrblech auf Französisch heißt, oder noch schlimmer, Barthélémy mich fragt, wie man denn wohl [das französische Wort für Stacheldraht] auf Deutsch sagt, weil er das für seine Bildbeschreibung braucht, dann bin ich etwas überfordert.

Ich werde mir dafür eine Lösung überlegen: Es kommt mir ja ganz gelegen, dass Vendée sich entschieden hat, alle Räume mit Computern auszustatten.

Das war’s erstmal von mir. Im nächsten Roman der Chroniken eines Zwerges in fernen Landen wird man zu lesen bekommen, ob mein Plan aufgegangen ist.

Bis dahin!

Charlene (oder wie man hier sagt [und darauf besteht] Charlène)

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