Arbeitsalltag an einer irischen Steiner School

Nachdem ich euch in meinem letzten Beitrag schon von der Gegend um Ennistymon im County Clare erzählt habe, möchte ich euch nun von meinem Alltag im Praktikum berichten. Zunächst gebe ich euch jedoch einige wichtige Informationen zu den generellen Besonderheiten der Mol an Óige Community National School:

Haupteingang der Schule

Bei der Mol an Óige handelt es sich um eine staatlich finanzierte Grundschule mit ca. 150 Schüler*innen innerhalb folgender Jahrgangsstufen: Junior Infants, Senior Infants, 1st Class, 2nd Class, 3rd Class, 4th Class, 5th Class, 6th Class. Zumeist werden immer zwei Jahrgangsstufen zusammen in einem Klassenraum unterrichtet. Bei uns war die Aufteilung so, dass überwiegend die erste und zweite Klasse, die dritte und vierte Klasse und die fünfte und sechste Klasse zusammen unterrichtet wurden. In jeder Klasse arbeitet eine unterrichtende Lehrperson sowie ein Special Needs Assistant (SNA) zur alltäglichen Unterstützung von Kindern mit speziellen Bedürfnissen im Klassenraum.

Beispielhafter Klassenraum (1. und 2. Klasse)

Die Besonderheit der Schule ist, dass es sich um eine Steiner School handelt – es werden somit Elemente der Waldorfpädagogik in das Unterrichtsgeschehen eingebaut. Da es sich allerdings um eine staatlich finanzierte Schule handelt, folgt die Mol an Óige trotzdem dem irischen Curriculum. Unterrichtet werden die Kinder speziell in Mathe, Englisch und Irisch, aber auch in kreativer Gestaltung (oft z.B. Malen), Handarbeit, Musik, Gardening und in älteren Klassen auch in Bereichen wie Geschichte oder Geografie. Einen richtigen Stundenplan gab es bei mir in der Klasse nicht. Numeracy und Literacy waren überwiegend in zweiwöchige Blöcke unterteilt, um dann während der täglichen ca. 45-minütigen Main-Lesson den Fokus entweder auf ausgewählte Themengebiete des Rechnens oder des Schreibens zu legen – hier wurde innerhalb eines Blocks besonders auf Wiederholung gesetzt.

Gardening-Unterricht auf dem schuleigenen Field

Einflüsse der Waldorfpädagogik zeigten sich insbesondere durch die Bedeutsamkeit von Outdoor-Aktivitäten. Nahezu jeden Tag habe ich mit meiner Klasse zwischen ein und drei Stunden draußen verbracht. Ältere Klassen haben im Gegensatz aber mehr Zeit innerhalb der Schule verbracht als die erste und zweite Klasse, in welcher ich gearbeitet habe. Es gab meistens rotierende Ausflugsziele, wie den Fairy Glen (Bereich am Fluss in Ennistymon) sowie den nahegelegenen Wald oder das schuleigene Field (siehe Beitragsbild oben). Wichtig dabei zu beachten ist, dass die „Walks“ unabhängig vom Wetter bestritten werden. Wir hatten sehr viel Glück mit dem Wetter, aber regenfeste Kleidung (Jacke und Hose) und festere Schuhe, die auch mal dreckig werden können, sind wirklich zu empfehlen – vermutlich speziell für die Zeiträume September bis Dezember und Januar bis März. Außerdem war Sonnencreme sehr wichtig für mich, da die Sonne auch schon im April sehr intensiv war.

Schulhof der Mol an Óige

Ein für die Kinder typischer Schultag sah (in meiner Klasse) somit folgendermaßen aus: Für die Kinder begann der Schultag morgens um 9:20 Uhr, wo sie dann zunächst von der Klassenlehrerin persönlich auf Irisch begrüßt wurden. Dann folgte eine recht ruhige Phase, in welcher sich die Kinder ca. 20 Minuten eigenständig mit Aktivitäten wie z.B. mit dem Malen beschäftigen konnten. Darauffolgend begann die Circle Time, welche ca. 30 Minuten andauerte. Hier wurden sich wiederholende Lieder gesungen, sowie kleineren Tänze oder Geschicklichkeitsübungen nachgegangen. Nach der Circle Time findet die, wie bereits erwähnte, Main Lesson statt, auf welche anschließend um 11 Uhr das Mittagessen folgt. Im Anschluss an das Mittagessen hatten die Kinder Zeit auf dem Schulhof miteinander zu spielen. Um ca. 11.45 Uhr oder 12 Uhr machten wir uns dann täglich auf den Weg zu unserem „Walk“, wo die Kinder auch mal kleinere Unterrichtseinheiten hatten, sich jedoch überwiegend im Freispiel beschäftigen konnten. Um ca. 13:30 Uhr liefen wir meist wieder zurück zur Schule und die Kinder hatten dann einen erneuten Snack. Zwischen 14:00 Uhr und 15 Uhr arbeiteten die Schüler*innen dann nochmal in Stationsarbeit an verschiedenen Projekten, um sich dann schließlich um 15:00 Uhr auf den Heimweg zu machen. Generell begleiteten den Schulalltag verschiedene kleinere Rituale, wiederkehrende irische und englische Lieder sowie sogenannte naturbezogene „Blessings“, die in meiner Klasse vor Beginn des Unterrichts, vor beiden Mahlzeiten und bei der täglichen Verabschiedung gemeinsam gesprochen wurden.

Anfang des „Flute Bags“

Meine Aufgabenbereiche innerhalb der Klasse umfassten unter anderem Einzelarbeit und angeleitete Gruppenarbeit mit Schüler*innen in Englisch und Mathe sowie die teilweise dafür erforderliche Entwicklung von Materialien. Außerdem musste ich vor Beginn des Praktikums lernen zu häkeln, um den Kindern der zweiten Klasse folglich während des Praktikumszeitraums im Einzelunterricht das Häkeln beizubringen. Gegen Ende der drei Monate haben sogar die meisten Kinder ihr Projekt im Häkeln abschließen können. Täglich organisierte ich zudem noch das eigenständige Lese-Programm in der ersten Klasse. Dazu wechselte ich jeden Tag die Bücher der Kinder, welche sie zuvor zu Hause gelesen hatten. Zusätzlich unterstützte ich die Lehrperson bei der Durchsetzung einer gewissen Routine im Klassenzimmer und beaufsichtigte die Schüler*innen insbesondere bei den täglichen Outdoor-Aktivitäten.

In meinem nächsten Blogbeitrag reflektiere ich meine Praktikumserfahrung, ziehe ein Fazit zu meiner Zeit in Irland und gebe euch einige Tipps, falls ihr auch an einem Praktikum in Irland interessiert seid.

Viele Grüße

Josefin

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