Forschen in Birmingham

Ich bin im Rahmen des Projektmoduls meines Chemie-Masterstudiengangs an der University of Birmingham. Das Modul umfasst 12 Credits, kann jedoch mehr oder weniger beliebig lange ausgeweitet werden. Auch ich bleibe etwas länger als unbedingt erforderlich, nämlich ganze 12 Wochen, an der britischen Uni. Uns wurde schon vor zwei Jahren eindringlich von einigen Professoren empfohlen, dieses Modul im Ausland zu absolvieren und da dieser typische ERASMUS-Austausch im Bachelorstudiengang in Chemie nicht möglich ist, wollte ich diese Gelegenheit beim Schopf packen.

Die Arbeitsgruppe, die ich besuche, ist in der ‚School of Chemistry‘ zentral auf dem Unicampus untergebracht. Das Gebäude ist schon sehr alt, aber wie ich finde architektonisch stilvoll mit recht viel Holz gestaltet. Vom eigentlichen Studentenleben bekomme ich nicht so viel mit, da ich keine Vorlesungen besuche, sondern ausschließlich im Labor und Büro der Arbeitsgruppe arbeite. Die Arbeitsgruppe ist mit drei Doktoranden und einer Postdoktorandin deutlich kleiner, als ich gedacht hatte – die Aufstellung auf der Homepage des Arbeitskreises war wohl schon veraltet. Dennoch hatte ich gleich einen positiven Eindruck. Auch wenn während des Tages jeder mehr oder weniger seiner Arbeit nachgeht, da die wenigstens Projekte geteilt werden, ist der Umgang stets freundlich und zuvorkommend.

In meinem Projekt geht es um die Synthese von Metallkomplexen, die potentiell eine Antitumorwirkung haben sollen. Diese Komplexe wurden in der Arbeitsgruppe bereits vor etwa 10 Jahren hergestellt, allerdings fehlen einige biologische Studien, die ich nach der erfolgreichen Synthese noch nachholen soll. In den ersten zwei Wochen habe ich die Ausgangsstoffe hergestellt und mich etwas mehr eingelesen. Seitdem versuche ich mich an der Synthese verschiedener Isomere meines Komplexes, die durch unterschiedliche Reaktionsbedingungen gebildet werden sollen. Dies funktioniert jedoch nur bedingt gut, da ich häufig ein Isomerengemisch am Ende der Reaktion erhalte. Aus diesem Grund versuche ich die Bedingungen zur Aufreinigung per Säulenchromatographie zu verbessern. Auch dies gestaltet sich schwierig. Sobald ich saubere Verbindungen hergestellt habe, geht es für mich an die biologischen Studien, die für mich als Chemiestudentin jedoch völlig neu sind. Auf diese Erfahrung freue ich mich schon ganz besonders.

Ich darf sehr frei und selbstständig arbeiten und werde von der ganzen Arbeitsgruppe eher wie eine Doktorandin behandelt. Mein Arbeitstag beginnt meist gegen kurz vor 8.30 Uhr und endet meist gegen 17 Uhr. Pünktlichkeit ist nicht zwingend notwendig, es sei denn, man hat bestimmte Geräte gebucht. Ich stehe sehr viel im Labor, muss aber zwischendurch auch immer wieder die Analytik der dargestellten Verbindungen auswerten oder mal in Ruhe überlegen, wie es am besten weitergeht. Es gibt hier kaum feste Zeiten, die eingehalten werden müssten. Da auch keine Mensa, wie ich sie aus Deutschland kenne, vorhanden ist, essen alle immer ihr selbstmitgebrachtes Essen, wann es ihnen am besten passt. Vorträge werden sehr selten angeboten; ich habe in den letzten Wochen nur zwei gehört. Arbeitsgruppenseminare finden alle zwei Wochen zusammen mit einer anderen Arbeitsgruppe statt. Diese bestehen aus den Vorträgen der Doktoranden über deren Forschung und Literaturvorträgen. Etwa ein bis zweimal pro Woche spreche ich mit meinem Professor über meine Ergebnisse und er gibt mir noch umzusetzende Ideen. Über diese Anregungen bin ich sehr dankbar, weil ich bei meinem ersten quasi eigenständigen Projekt doch von Zeit zur Zeit mal ins Stocken gerate und dann glücklicherweise nicht so viel Frust aufkommt.

Allgemein bin ich sehr zufrieden mit meinem Projekt und dankbar dafür, schon einmal Luft schnuppern zu dürfen, wie sich der Arbeitsalltag als Doktorandin gestalten könnte. Schade finde ich, dass im Arbeitskreis wenig gemeinsame Aktivitäten unternommen werden, allein schon weil der gemeinsame Gang in die Mensa einfach fehlt. Von der wissenschaftlichen Seite her wünsche ich mir noch ein paar schöne Ergebnisse, bevor ich mich wieder nach Deutschland begebe, und einen großen Lerneffekt bezüglich meiner Fähigkeiten in den biologischen Arbeitstechniken und vor allem auch für mein Englisch.School of Chemistry

Der Turm mit der Uhr hat mir schon öfter bei der Orientierung geholfen
Der Turm mit der Uhr hat mir schon öfter bei der Orientierung geholfen

Studierendencenter mit Restaurants, Imbiss und einigen Shops

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