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Der Umgang mit Zweifeln und Ängsten

Wenn man andere Studierende nach ihren Erfahrungen bezüglich ihres Auslandsaufenthaltes fragt, bekommt man meistens Antworten, in denen es fast ausschließlich um positive Erlebnisse geht. Zumindest war das bei mir der Fall. Fragt mich jetzt jemand nach meinen Erlebnissen während meines Praktikums in Irland, erwische auch ich mich dabei, ein glorifiziertes Bild meiner Erfahrungen abzugeben. Meistens erkläre ich, wie viele offene und inspirierende Menschen ich kennengelernt habe, wie ich meinen Horizont erweitert habe und über mich hinausgewachsen bin. Natürlich sind all diese Aussagen richtig, aber meistens lasse ich dann doch die Stellen aus, die mich an meine Grenzen gebracht haben. Mit diesem Post möchte ich davon berichten, dass es normal ist, an sich und seinem Vorhaben zu zweifeln und beschreiben, wie ich mit diesen Gefühlen umgegangen bin.

Die Organisation und Planung

Im Studium zur Grundschullehrerin studiert man in NRW die Fächer Deutsch, Mathe und Bildungswissenschaften. Sein sogenanntes Drittfach kann man frei wählen. Während meiner Bewerbung entschied ich mich für Englisch. Ein Grund dafür war, dass hierbei ein Auslandsaufenthalt in einem englischsprachigen Land verpflichtend sein würde. Schon während ich mich für mein Studium einschrieb, war mir bewusst, dass ich ins Ausland gehen würde. Mir war auch klar, dass mir das alles andere als leichtfallen würde. Aber ich wollte die Chance nutzen und mich selbst aus meiner Komfortzone zwingen. Im Laufe meines Studiums rückte der Zeitpunkt immer näher, dass ich mich um meinen Auslandsaufenthalt kümmern musste. Mit zunehmender Zeit merkte ich immer mehr, wie mich das Thema belastete. Im Nachhinein ist mir klar, dass mein größtes Problem war, dass ich nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Für mich war dieser Aufenthalt eine große, ungewisse Aufgabe, der ich mich irgendwie stellen musste. Gleichzeitig hatte ich so große Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, dass ich mich davon wie gelähmt gefühlt habe. Doch wie bei so vielen Dingen im Leben lösen sich Probleme nicht in Luft auf, wenn man sie vor sich herschiebt. Ganz im Gegenteil: Sie werden immer belastender.

Und so entschied ich mich, die Planung für meinen Aufenthalt Schritt für Schritt anzugehen. Ich recherchierte im Internet, fragte andere Studierende nach ihren Erfahrungen und mir wurde immer deutlicher, was ich mir unter meiner Auslandserfahrung vorstellte. Dabei hat es mir sehr geholfen, mir selbst Deadlines und feste Timeslots für meine Recherche zu setzen. So habe ich beispielsweise in der Anfangszeit jeden Tag 30 Minuten im Internet Erfahrungsberichte gelesen und mich zu möglichen Zielländern informiert. Letztendlich war es wie ich es erwartet hatte: gar nicht so schlimm. Das Schwerste an der Sache war das Anfangen. Wie genau ich bei der Planung vorgegangen bin, könnt ihr in einem anderen meiner Posts nachlesen.

Der Umgang mit Ungewissheit

Nachdem ich meinen Aufenthalt also durchgeplant hatte, ging es für mich im Februar 2025 nach Galway. Ich erinnere mich noch gut, dass mir die erste Zeit in dem neuen Land nicht immer einfach fiel. Der Hauptgrund dafür war die Ungewissheit, die damit einherging, dass sich schlagartig alles in meinem Leben veränderte: Man kommuniziert auf einer anderen Sprache, kennt niemanden in der neuen Stadt, wohnt in einem unbekannten Haus, arbeitet in einem fremden Umfeld… Jeder meiner Tage war davon geprägt, mich an neue Bedingungen anzupassen. Die schiere Summe an unbekannten Situationen, die es zu lösen gab, überforderte mich zu Beginn. Währenddessen zweifelte ich daran, ob ich dieser Erfahrung überhaupt gewachsen sei. Schließlich hatte ich zuvor kaum von anderen gehört, die sich ähnlich gefühlt hatten.

Rückblickend kann ich sagen, dass diese Situationen der Ungewissheit genau das waren, was mich hat wachsen lassen. Ich habe gelernt, dass es nicht schlimm ist, wenn man sein Gegenüber mal nicht versteht oder man in der Schule wegen eines Missverständnisses in den falschen Raum läuft, dass Nachfragen keine Schande ist und man den richtigen Bus schon finden wird. All diese Situationen musste ich aushalten, lösen und merken, dass es am Ende gar nicht schlimm war. Menschen sind Gewohnheitstiere. Wir fühlen uns in Bekanntem wohl, nutzen Routinen, um unsere Handlungen zu entlasten. Es fällt schwer, auszubrechen und neue Gewohnheiten aufzubauen. Dabei ist es unangenehm, aus seiner Komfortzone zu treten. Aber genau da fängt das Leben an. Mit diesem Post möchte ich meine Zweifel und Unsicherheiten auf keinen Fall herunterspielen oder relativieren. Ich möchte sie stattdessen mit dem Blick auf das große Ganze betrachten. Es ist normal, sich unwohl zu fühlen und an sich zu zweifeln. Schafft man es jedoch, trotzdem zu handeln und seine Komfortzone zu verlassen, wächst man über sich hinaus und kann ähnliche Situationen in Zukunft souverän lösen.

Ich persönlich bin kein Verfechter von dem Spruch „What doesn‘t kill you makes you stronger.“ Ich bin der klaren Meinung, dass man sich nicht bis zum Ultimatum quälen sollte, wenn es einem sehr schlecht geht. Natürlich ist es völlig in Ordnung, sein Vorhaben zu unterbrechen/abzubrechen, wenn es nicht anders geht. Kleine bis mittelgroße Ängste und Zweifel sind jedoch für viele Menschen Teil einer Auslandserfahrung. Mir hat es immer geholfen, in schweren Momenten daran zu denken, dass sie mir dabei helfen, über mich hinauszuwachsen. Genau das habe ich auf verschiedenen Ebenen in Irland erlebt. So hat mir beispielsweise eine Lehrerin in der Schule rückgemeldet, dass ich mit zunehmender Zeit immer freier und offener mit neuen Kolleg*innen redete. Auch beim Reisen merkte ich, wie ich immer gelassener wurde und am Ende gar keine Probleme mehr hatte, Fremde nach dem Weg zu fragen.

 

Abschließend möchte ich jedem, der seinen Auslandsaufenthalt noch vor sich hat, mitgeben, dass moderate Zweifel normal sind und zu einer solchen Erfahrung dazugehören. Der Schlüssel im Umgang mit ihnen war für mich, sie zu akzeptieren und dennoch zu handeln. Ich habe mich so lange unangenehmen Situationen gestellt, bis sich meine Einstellungen verändert haben. Das ist ein Prozess, der mich mein Leben lang begleiten wird und mir hilft, mich weiterzuentwickeln.

 

Lena Bouws

Hey!
Ich bin Lena und habe im Frühjahr 2025 für zwei Monate in Galway (Irland) an einer Grundschule gearbeitet und möchte euch hier an meinen Erfahrungen teilhaben lassen.
Zurzeit studiere ich Grundschullehramt in Münster mit den Fächern Deutsch, Mathe und Englisch. Mit meinen Beiträgen möchte ich andere Studierende motivieren, sich auch zu trauen und aus ihrer Komfortzone zu treten, denn das fiel mir am Anfang nicht gerade leicht. Dennoch bin ich unendlich dankbar, mich getraut zu haben.
Hier möchte ich alles teilen, was ich vor meinem Aufenthalt gerne gewusst hätte. :)

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