Ça va? Ça va!

Bienvenue à Paris

Mit über zwölf Millionen Menschen ist Paris die zweitgrößte Metropole der EU, was bedeutet, dass hier 41-mal so viele Menschen wie in Münster leben. Im ersten Moment kann man sich das kaum vorstellen.

Wenn man es dann aber erst einmal auf den Eiffelturm geschafft hat, nach Minuten des Anstehens und unzähligen Stufen, dann bekommt man einen gewissen Eindruck wie riesig die „Ville Lumière“ ist.

Der Blick vom Eiffelturm auf das Champ de Mars

Zuerst würde ich gerne mit einigen Vorurteilen aufräumen und zwar mit den Klischees, dass Franzosen gerne Baguette mit gutem Käse essen und auch gerne den ein oder anderen Wein trinken.

Ehrlich gesagt, stimmt das aber.

Paris als Stadt mit all seiner Geschichte und seiner Bedeutung wirkte auf mich unheimlich groß. Aus diesem Grund war ich auch erst einmal positiv erschlagen, als ich die Rückmeldung von Renault erhielt und man mir die Chance bot, ein viermonatiges Auslandspraktikum in  der „Customer & Networks Division“ in Le Plessis-Robinson zu machen. Zunächst war ich skeptisch. Meine Französisch-Kenntnisse beruhten größtenteils auf meiner Zeit am Gymnasium. Während des Studiums gab es kaum Gelegenheiten, die Sprache praktisch anzuwenden. Zwar war das Telefongespräch mit meinem künftigen Chef auf Englisch, aber wenn man in Frankreich lebt, ist es ja relativ wahrscheinlich, dass man ab und an auch mal ein französisches Wort rausbringen müsste. Die Sprache auf der Arbeit sollte aber hauptsächlich Englisch sein, auch weil Renault seit Jahren eine strategische Allianz mit Nissan unterhält. Ich belegte einen Sprachkurs in Münster und las zwei Bücher, was mir für den Anfang ziemlich half. Auch ein Hörbuch begann ich: Harry Potter, damit es nicht allzu schwierig wurde, immerhin kannte ich die Geschichte. Hier lernte ich auch die gute Lektion, dass „Baguette“ nicht nur „Baguette“ heißt, sondern auch „Zauberstab“.

Die Organisation des Praktikums war ein wenig aufwendig. Man musste eine „Convention de Stage“ unterschreiben lassen, ein Dokument, das ich für meinen Teil nicht kannte. Zudem musste ich einige Gespräche auf Französisch mit der Personalabteilung von Renault führen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie kläglich sich meine Französisch-Versuche angehört haben mussten. Einfacher verlief die Kommunikation mit meinem Chef. Obwohl dieser unglaublich beschäftigt ist, half er mir zu jeder Zeit. Er verschaffte mir den Kontakt zu dem Praktikanten, dessen Nachfolger ich sein würde. Dieser gab mir gute Einblicke in den Arbeitsalltag und erklärte mir, dass ich sein WG-Zimmer in Bagneux haben könne. Damit wäre die kritischste Frage, nämlich die der Unterbringung, schon geklärt.

Die ersten beiden Tage in Frankreich verbrachte ich noch im Hotel. Auf der Fahrt lernte ich dann auch das Maut-System kennen, wobei ich nicht wirklich weiß, ob ich alles richtig gemacht habe. Einen Tag vor meinem offiziellen Praktikumsbeginn habe ich mich mit meinem Chef zum Mittagessen getroffen und gelernt, dass es in Frankreich essentiell ist, zwischen Crêpes und Galettes zu unterscheiden.

Die Pyramide im Innenhof des Louvre und ich

 

Am folgenden Tag musste ich mich dann daran gewöhnen, dass man sich, auch auf der Arbeit, mit Küsschen begrüßt. Dagegen ist die Begrüßungskultur in Deutschland doch ein wenig unterkühlt. Zudem wurde mir in Erinnerung gerufen, dass man auf die Frage „Ça va?“ einfach auch mit „Ça va!“ antwortet. Im Anschluss an meinen ruhigen ersten Tag ging ich kurz einkaufen in Bagneux, einem Viertel im Arrondissement Antony im Süden von Paris. Hier merkt man erst, wie gut es Deutschland in Sachen Supermärkten hat. Tatsächlich gibt es hier auch viele Lidl’s, aber die sind schlecht ausgestattet. Drogerien gibt es in Frankreich übrigens fast gar nicht.

Abends nahm mich mein Vorgänger-Praktikant mit nach Paris. Dass die Stadt so riesig ist, merkte man auch daran, dass es einige Zeit, knapp vierzig Minuten, benötigte, bis wir an der Station „Invalides“ aussteigen konnten. Ich kam auch sofort durcheinander, was die Bus- und Bahntickets anging. Schließlich landeten wir auf einem Schiff auf der Seine, von dem aus man freie Aussicht auf den leuchtenden Eiffelturm hatte. Als wir nach Hause wollten, fuhr die Metro nicht mehr und wir mussten den Nachtbus nehmen. Abgesehen davon ist die Metro aber sehr nützlich. Mit dem Auto nach Paris zu fahren, wäre ohnehin keine gute Idee. Der Verkehr hier ist ein komplettes Chaos. Überall gibt es Ampeln, wie man sie in Deutschland nie erwarten würde und im Endeffekt achten reichlich wenig Leute auf die Farben der Ampel. Dann fahren unvermittelt Straßenbahnen und Roller neben einem und man muss sich durch Kreisel kämpfen,  in denen jeder fährt wie er gerade Lust hat. Deswegen nehme ich immer die Metro, wenn ich von Châtillon nach Paris will. An einem der Schalter kam ich auch das erste Mal mit der Erkenntnis in Berührung, dass es sehr sinnvoll ist, Paris zu besuchen, bevor man 26 wird.

Anscheinend ist das so etwas wie das magische Alter in dieser Stadt. Das „Ticket Jeunes Week-end“ ist sehr viel günstiger als das normale. Was aber wirklich erstaunlich ist, sind die ganzen kostenlosen Gelegenheiten, die man dadurch bekommt, dass man noch relativ jung ist. So kann man Versailles, Notre Dame, das Centre Pompidou, das Picasso-Museum und unter anderem auch das Louvre gratis besuchen. Die Mona Lisa ist derweil mehr als enttäuschend. Enttäuschend war es für viele Besucher des Museums auch, dass man beim vielleicht berühmtesten Bild der Welt keinen Selfie-Stick nutzen durfte. Vielleicht wird man durch diese Vergünstigungen auch dafür entschädigt, dass alles andere in Paris unerhört teuer ist. Da bezahlt man für einen normalen Café gut und gerne 6 Euro. Die Preise sind also fast so unsinnig wie bei Starbucks. Starbucks ist hier sogar vergleichsweise günstig. Doch man weiß ja, worauf man sich einlässt…

Die berühmte Mona Lisa

Was mir meine ersten Tage gezeigt haben, ist, dass Paris noch viel größer ist als man vorher vermutet. Die Stadt ist unfassbar international. Ich habe während meiner kurzen Zeit hier Leute von jedem Kontinent mit den verschiedensten Hintergründen kennengelernt. Am Wochenende versuche ich so viel wie möglich zu unternehmen, aber ich werde kaum alles sehen, was ich gerne sehen würde. Ich hoffe, dass ich die Zeit finde, um kurz mal bei Paris Saint-Germain im Parc des Princes vorbeizuschauen. Immerhin ist hier mit Neymar der teuerste Spieler der Welt unter Vertrag. Es sind also nicht nur die Cafés, die hier etwas teurer sind. Ich bin mir sicher, dass ich noch viele Seiten von Paris und Frankreich kennenlernen werde und was die Sprachbarriere anbetrifft, weiß ich ja immerhin jetzt, dass man auf „Ça va?“ einfach mit „Ça va!“ antwortet.

Cordialement

Nico

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