Was macht man als Teaching Assistant eigentlich?

Hier in Oxford absolviere ich momentan ein Praktikum als Teaching Assistant an einer Comprehensive School, die eine kulturell sehr gemischte Schülerschaft aufweist. Im Folgenden werde ich versuchen, euch meinen Alltag ein wenig näher zu bringen.

Exemplarisch zeige ich euch daher meinen kommenden Montag in Ausschnitten.

Der britische Schulalltag eines Teaching Assistants (TA), hier auch „Learning Support Assistant“ (LSA) genannt, unterscheidet sich stark von dem einer Lehrkraft. Generell arbeite ich an vier Tagen in der Woche. Ein Schultag beginnt üblicherweise um 8:40 und endet um 15:05 Uhr.

Am Montagmorgen geht mein Wecker um 6:45 Uhr, bis 8 Uhr mache ich mich fertig für die Arbeit. Dann gehe ich den circa 20 Minuten langen und hügeligen Fußweg zu meiner Schule. Auf dem Weg dorthin begegnen mir oft schon die ersten Schülergruppen, die mir freundlich zulächeln (meistens jedenfalls ;)). Im Lehrerzimmer angekommen treffe ich meine LSA-Kollegen und plaudere ein wenig, bis die erste Stunde beginnt. Da die Schule ein sehr hektischer Ort ist, an dem sich Dinge schnell verändern, gibt es meist spontane Planänderungen bezüglich der Klassen, die ich begleite. Nichtsdestotrotz beginnt pünktlich um 8:40 die erste Stunde. Eine Schulstunde an meiner Praktikumsschule dauert 60 Minuten. Im Klassenraum bespreche ich mich zunächst mit der zuständigen Lehrperson über die Lerninhalte der Stunde und darüber, wie ich die Lehrkraft entlasten kann. Ebenso klären wir kurz ab, ob es vereinzelte Schülerinnen und Schüler (SuS) gibt, die eine Einzelbetreuung oder besondere Beaufsichtigung benötigen.

Heute ist die erste Stunde Science in einer achten Klasse, die Tieraugen sezieren soll. Dies kostet mich Einiges an Überwindung. Die SuS hingegen haben viel Spaß und finden es toll, praktisch arbeiten und Dinge selbst entdecken zu können. Generell ist mein Eindruck, dass hier in England mehr Fokus auf die praktische Komponente des Unterrichtens gelegt wird. In den meisten Fächern, in denen ich hospitiert habe, ist der Lehransatz spielerischer und praktischer orientiert als in Deutschland. Dies äußert sich häufig in wettbewerbsorientierten Aktivitäten wie z.B. Quizfragen zur Ergebnissicherung.

Zum Ende der Stunde eile ich zu dem nächsten Klassenraum, wo ich sodann die zweite Stunde begleite: English in einer siebten Klasse. Hier bin ich mehr in meinem Element und kann die Lehrkraft besser unterstützen. Oftmals besteht meine Aufgabe darin, im Klassenraum den SuS über die Schulter zu schauen und Fehler zu verbessern, Hilfestellungen zu geben oder Gruppenarbeiten zu betreuen.

Daraufhin folgt eine kurze 20-minütige Pause, die ich im Lehrerzimmer verbringe. Ab 11:00 beginnt die dritte Stunde, wieder English. Die vierte Stunde (Maths) endet um 13:00 Uhr. Die SuS haben nun eine lange Mittagspause (lunch break).

Da ich als Aushilfskraft hier eine Art „Feuerwehrfrau-Position“ bekleide und dort einspringe, wo es gerade nötig ist, verbringe ich meine Mittagspause meist als Vertretung für andere LSAs im Games Club, wo ich Kinder beim Spielen beaufsichtige. Um 13.45 beginnt die sogenannte Tutoring Time von 20 Minuten, in der die LSAs sich an vier Tagen in der Woche in der schuleigenen Bibliothek mit schwächeren SuS treffen, um deren Lese- und Verständnisfähigkeiten zu verbessern. Danach geht es in die fünfte Unterrichtsstunde, die um 15.05 Uhr endet.

Meine letzte Stunde des Tages ist Food Technology. Dieses Fach ist zum Einen ein Mix aus theoretischen Elementen, die die SuS mit Geschichte, Chemie und Kultur bezogen auf Nahrungsmittel vertraut macht.  Zum Anderen besteht es aus praktischen Elementen, in denen feinmotorische Fähigkeiten sowie Teamfähigkeit beim Kochen und Backen trainiert werden. Heute plant man gemeinsam, was mit den im Kühlschrank vorhandenen Lebensmitteln zubereitet werden könnte. Das Arbeitsklima in diesem Kurs ist sehr angenehm. Alle SuS versuchen sich einzubringen und helfen tatkräftig mit. Letztendlich fällt die Wahl auf Apple Crumble, das zum Ende der Stunde von allen genüsslich verzehrt wird.

Nach einem kurzen Treffen mit den anderen LSAs gehe ich nach Hause.

Ab circa 15:15 beginnt mein Feierabend. In der Regel bereite ich nun mein Mittagessen vor und entspanne eine Stunde. Erholt und gestärkt erledige ich einige Aufgaben in meiner Wohnung, arbeite an Essays für die Universität oder skype mit meiner Familie und meinen Freunden.

Die LSAs sind vor allem an integrativen Schulen von großer Bedeutung, an denen Inklusion praktiziert wird. Vor meiner Reise nach Oxford wusste ich gar nicht wirklich, was der Aufgabenbereich der LSAs genau umfasst. Vielleicht zieht der ein oder andere von euch ja auch in Erwägung in naher Zukunft ein Auslandspraktikum in einem englischsprachigen Land zu machen und spielt noch mit dem Gedanken sich um eine Position als Teaching Assistant (TA) zu bewerben.

Da wir in Deutschland meines Wissens keine vergleichbaren Personen und Positionen in der Schule haben, ist es wohl angebracht, die Rolle der britischen Teaching Assistants näher zu beschreiben.

Generell ist bei allen folgenden Aussagen zu bedenken, dass ich hier nur für die Schule in Oxford sprechen kann, an der ich derzeit arbeite. Sicherlich kann es selbst innerhalb des Landes zu Abweichungen kommen.

Die Damen und Herren, die derzeit Learning Support Assistants (LSA) heißen, entlasten die Lehrkräfte in Unterrichtsstunden und unterstützen ausgewählte Schülerinnen und Schüler übergreifend auch zwischen den Unterrichtsstunden. Sie werden in Klassen aktiv, in denen entweder einzelne SuS zusätzliche Betreuung benötigen oder in denen das Arbeitsklima nicht lernförderlich ist, aufgrund zahlreicher Unterrichtsstörungen. Die meisten SuS, die von den TAs begleitet werden, haben so genannte „Special educational needs“. Darunter fallen Dyslexie, Dyskalkulie, kognitive Lernschwächen, soziale-emotionale Schwächen, Autismus und weitere. In Klausuren ist es sogar möglich, dass die LSAs den SuS vorlesen oder sogar die Schreibarbeit für sie übernehmen. An einem Beispiel betrachtet wird ihre Arbeit noch deutlicher:

In einer typischen Unterrichtsstunde gibt es eine Stillarbeitsphase, bei der die Lehrperson in Deutschland üblicherweise bei der Erfüllung der Aufgabenstellungen hilft. Aufgrund eines höheren Organisations- und Verwaltungsaufwands der Lehrperson hier in Großbritannien übernimmt dies jedoch zumeist der LSA zu Beginn einer solchen Phase und entlastet so die Lehrkraft. Der LSA versucht, die Arbeitsatmosphäre im Klassenraum lernförderlich zu halten und ermahnt oftmals zu konzentriertem Arbeiten, sofern die SuS den Unterricht durch private Unterhaltungen stören. Weiterhin hilft er/sie lernschwächeren SuS mit Hilfestellungen und verweilt oft längere Zeit bei den Kindern mit Special Educational Needs. Ich habe schon oft Stunden begleitet, in denen ein LSA nur für eine einzige Person mit Special Educational Needs zuständig war und die komplette Unterrichtszeit bei dieser Schülerin oder diesem Schüler verbracht hat. Sofern es praktische Dinge vorzubereiten gibt, ist der LSA meist zur Stelle und verteilt Arbeitsmaterialien und ermöglicht so mehr aktive Lernzeit. Weiterhin betreuen sie in einzelnen Fächern wie beispielsweise Englisch teilweise die SuS in einer Einzelbetreuung. In diesem Falle separiert man schwächere oder störende SuS von der Lerngruppe und arbeitet in einem Nebenraum mit besagten Kindern, um bessere Hilfe zu ermöglichen und so das Unterrichtsgeschehen nicht aufzuhalten.

Die Aufgaben der Teaching Assistants / Learning Support Assistants sind sehr vielseitig und erfordern oftmals ein Höchstmaß an Fingerspitzengefühl. Für mich als angehende Lehrkraft für die Sekundarstufen ist es teilweise schwierig, mit autistischen Kindern umzugehen, da ich im Studium diesbezüglich keine Schwerpunkte gesetzt habe und nicht für diese Arbeit ausgebildet bin. Meist übernehmen die anderen LSAs solche Einzelbetreuungen und ich kann mich mehr dem Classroom Management widmen.

Alles in Allem ist ein solches Praktikum eine sehr gute Gelegenheit, um einen Einblick in das britische Schulsystem zu gewinnen und andere Unterrichtspraktiken kennenzulernen. Ich bin dankbar für die Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich hier tagtäglich gewinne und werde viele Dinge auch für mein späteres Unterrichten mitnehmen.

Wer gerne mit Kindern und Jugendlichen arbeitet oder sowieso eine Karriere im Lehramt für sich in Betracht zieht, wird mit einem Praktikum als Teaching Assistant zahlreiche Erfahrungen sammeln können und eine schöne und vor allem lehrreiche Zeit im Ausland verbringen.

Ein Gedanke zu „Was macht man als Teaching Assistant eigentlich?

  1. Hallo Katharina! Ich habe gerade deinen Blog Eintrag gelesen und finde es mega spannend, was du schreibst. Ich selbst studiere auch Englisch im Lehramt und wäre somit ebenfalls sehr an solch einem Praktikum als teaching assistant interessiert. Wie genau kann man sich denn für solch ein Praktikum bewerben? Gibt es Organisationen, die dabei vermitteln? Vielen Dank für deine Hilfe!

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