Umeå – Ein Abenteuer nimmt seinen Lauf …

Eine beschwerliche Reise

Schon von Anfang an hat mich Umeå herausgefordert. Die Reise in diese Stadt, die fast den Polarkreis schrammt, hat mir vor allem Geduld abverlangt. So wurde mein erster Flug nach Stockholm Arlanda, von wo aus es dann eigentlich nach Umeå weiter gehen sollte, kurzerhand gestrichen. Dies erfuhr ich aber erst auf dem halben Weg nach Düsseldorf. Blöd gelaufen!

Neuer Tag neues Glück; SAS hatte mich auf einen Finnair-Flug umgebucht und so flog ich nun zuerst nach Helsinki und darauffolgend nach Umeå. Es lief alles reibungslos … naja fast. Am Flughafen in Umeå wartete ich vergebens auf meine heißgeliebte Gitarre, die sich einfach nicht auf dem Gepäckband hat blicken lassen, hatte sie etwa Lampenfieber? Schließlich erfuhr ich, dass es Probleme mit dem Gepäck gab und meine Gitarre wahrscheinlich noch in Helsinki festhängt. „Das fängt ja echt super an“, dachte ich mir insgeheim. Schließlich kam ich dann doch noch unbeschadet in meiner kleinen Einzimmerwohnung im Historiegränd im Stadtteil Ålidhem an. Völlig ausgelaugt stellte ich fest, dass mein Körper nach Nahrung verlangte. Zu meinem Glück fand ich in der Fremde etwas sehr Vertrautes in Form des Lidls am Ålidhems Centrum. Das Ålidhem Centrum ist ein Konglomerat aus verschiedenen Supermärkten (Lidl , Coop, ICA), Restaurants, einer Apotheke und einem Frisör. Alles, was man zum Leben braucht, ist also praktischerweise in einem Gebäudekomplex zentralisiert. Nachdem ich also eingekauft und gegessen hatte (natürlich Knäckebrot) blieb für mich eigentlich nicht mehr viel übrig als zu schlafen. Die erste Nacht war vor allem eines: heiß. Schwedische Häuser sind anscheinend eher für den Winter, aber nicht an den anhaltend heißen Sommer gebaut worden. Nichtsdestotrotz überstand ich die erste Nacht und dann ging es auch schon los, mein erster Tag im Umeå Plant Science Centre (UPSC).

Das Umeå Plant Science Centre (UPSC)

Das Umeå Plant Science Centre (UPSC) ist mit seinem prägnanten und in der Nacht beleuchteten Gewächshaus im dritten Obergeschoss eigentlich kaum zu übersehen. Es wurde in seiner jetzigen Form im Jahre 1999 gegründet. Es handelt sich um einen Zusammenschluss des Department of Plant Physiology der Umeå University und des Department of Forest Genetics and Plant Physiology der Swedish University of Agricultural Sciences. Natürlich wird auch hier mit der Modell-Pflanze Arabidopsis thaliana gearbeitet, um bestimmte Fragen der pflanzlichen Biologie zu beantworten. Mit der einjährigen Pflanze A.thaliana lassen sich aber sicherlich nicht alle Fragestellungen der pflanzlichen Biologie beantworten, gerade nicht die Fragen, die sich um die Biologie mehrjähriger Bäume drehen, wie zum Beispiel: „Welche molekularen Mechanismen bewirken, dass Bäume als Antwort auf verschiedene Umwelteinflüsse ihr Wachstum einstellen und sich an den kommenden Winter durch Knospenbildung anpassen ?“ Aus diesem Grund arbeitet man am UPSC unter anderem mit transgenen Hybrid-Espen, die aus der Kreuzung von Populus tremula x tremuloides hervorgingen.

Die Schweden verstehen, wie man ein fruchtbares Arbeitsumfeld schafft, in dem es auch viele Kontakte zwischen den Mitgliedern verschiedener Gruppen gibt. Die Labore sind sehr offen und mindestens 30 Meter lang. In ihnen arbeiten die Mitglieder verschiedener Arbeitsgruppen nebeneinander und so kommt man auch ins Gespräch und lernt sich allmählich kennen. Allgemein werden viele Gerätschaften und auch Chemikalien unter den Arbeitsgruppen geteilt, das vermeidet, dass jede Arbeitsgruppe ihre eigenen Geräte stellen muss, was am Ende auch Ressourcen (vor allem Geld) spart. Dieses Vorgehen macht vor allem dann Sinn, wenn man einen Blick auf die Arbeitsgruppengröße wirft; die Arbeitsgruppen sind nämlich oft viel kleiner als in Deutschland. Im Vergleich zur WWU fällt vor allen Dingen die hohe Dichte an Post-Docs auf. Während an der WWU ein Großteil der Laborarbeit von Masterstudenten und Doktoranden durchgeführt wird, sind es hier vor allem die Post-Docs, die aktiv im Labor arbeiten. Insgesamt ist die Arbeitsatmosphäre hier sehr international, schließlich arbeiten im UPSC Menschen aus 47 verschiedenen Nationen, wobei die Deutschen, neben den Schweden, am stärksten vertreten sind. Diese Internationalität ist sehr bereichernd, vor allem dann, wenn man sich abends auf ein Bier trifft und sich zusammen die „Musikausrutscher“ des jeweiligen Landes anschaut (an dieser Stelle möchte ich euch „Frans Bauer – Luchtballon“ wärmstens ans Herz legen, niederländischer Schlager vom Feinsten).

Umeå

Das an der Mündung des Flusses Ume älv gelegene Umeå betitelt sich oft als „das Zentrum im Norden“, dabei wohnen hier gerade mal 115.000 Menschen. In der Stadt wird allerdings viel gebaut und in die Wege geleitet, da die Stadt bis zum Jahre 2050 auf sage und schreibe 200.000 Einwohner anwachsen möchte. In Umeå kann man sich eigentlich fast nicht verlaufen, da die Stadt nach dem Großbrand 1888 sehr übersichtlich wieder aufgebaut wurde und man sich eigentlich immer an den Landmarken wie zum Beispiel dem Krankenhaus, dem Bildmuseet (dem Kunstmuseum) oder dem alten Bahnhof (siehe Bild) in der Innenstadt orientieren kann. Wer nach Umeå kommt sollte sich allerdings ein Rad zulegen, da die Wege von zum Beispiel Ålidhem ins Zentrum doch schon etwas länger dauern können. Ich würde euch ans Herz legen mal bei der Facebook-Gruppe „Umeå International Bike Market“ vorbeizuschauen, dort gibt es funktionierende Fahrräder für einen annehmbaren Preis. Natürlich kann man in Umeå auch Abends ausgehen; es gibt mehrere Bars (Allstar, The Pipes of Scotland, …) und einige Clubs (Rex, Hundra, …). Allerdings verliert man schnell den Spaß am Ausgehen, wenn man plötzlich merkt, dass ein Bier umgerechnet 8 Euro kostet. Deswegen meine Empfehlung an euch: bei Systembolaget, dem staatlich kontrolliertem Alkoholgeschäft, einkaufen und mit Freunden vorglühen. Das ist der einzige Weg, Schweden nicht als verarmter Student zu verlassen.

In meinem nächsten Blog-Eintrag werde ich dann mehr auf die Natur von und um Umeå eingehen.

Hej då,

Tobias

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