Meine Zeit an der Alpha School of English in Malta

Bongu 🙂

Kaum zu glauben aber wahr, geht für mich diese Woche das zweite Drittel meines gesamten Aufenthaltes hier auf Malta zu Ende und immer noch komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Obwohl die Arbeit an meinem Praktikumsort einen grossen Teil meines Aufenthaltes hier ausmacht, möchte ich mich nicht exklusiv über die Arbeit auslassen, sondern auch erneut von Land und Leuten berichten.

Natürlich gewöhnt man sich in 8 Wochen Aufenthalt schnell an die sowohl positiven als auch negativen Dinge, in denen Malta sich von anderen Ländern Europas unterscheidet. Vor allem die Architektur und die einzigartige Kultur und Küche, die durch die vielen internationalen Einflüsse wirklich kaum zu vergleichen ist, erscheinen einem nach knapp 9 Wochen zwar immer noch spannend und eindrucksvoll, ich ertappe mich jedoch immer mehr dabei, dass ich eher einige Eigenschaften der Malteser annehme, anstatt sie weiterhin als Aussenseiter zu betrachten.

Plastikflaschen, die in der Natur "entsorgt" wurden...
Plastikflaschen, die in der Natur „entsorgt“ wurden…

Dennoch, ein paar Phänomene brennen sich einem regelrecht ins Gedächtnis ein, vor allem, weil sie kontroverser nicht sein könnten. Da wäre zum Beispiel der grundlegende Wille, das Meer und seine (Arten-) Vielfalt zu erhalten und zu schützen. Ein Grossteil der Malteser arbeitet entweder im Fischerei- oder Tourismus-Sektor, sodass ein „gesundes“ und schönes Mittelmeer notwendig ist, um die Lebensgrundlage der Menschen zu sichern. Umso mehr erschreckt es mich dann, den maltesischen Umgang mit Müll zu beobachten. Malta hat kein Pfandsystem, kaputte Plastikflaschen sind also an jeder Ecke zu finden und stören vor allem das Landschaftsbild wahnsinnig. Hausmüll wird einfach abends auf die Strasse gestellt, Mülltrennung gibt es nur bedingt. Vor allem im Sommer stellt dies ein Festmahl für Ratten, Katzen und wilde Hunde dar. Bemerkenswert ist, dass auf mutwilliges Verschmutzen horrende Strafen von bis zu 1.200€ plus den Verlust des Führerscheins für mehrere Monate ausstehen.  Die geplante Abschreckung scheint allerdings nicht sonderlich gut zu funktionieren.

Man darf mich hier auf keinen Fall falsch verstehen und die gesamte Insel über einen Kamm scheren. Malta ist ein wunderschönes Land und wie bereits erwähnt hat besonders Saint Paul’s Bay mit den durch Touristen verursachten Müllmengen zu kämpfen. Des Weiteren läuft seit kurzem ein Pilot-Projekt in mehreren Gemeinden, dass die Sensibilität für den Umgang mit Abfall steigern soll. Beinhaltet ist der Prototyp eines zukünftigen Pfandsystems, sowie verstärkte Mülltrennung.

Ein weiterer Aspekt ist die allgemeine Gelassenheit auf der einen und die damit einhergehende Unorganisiertheit auf der anderen Seite. Dabei durchziehen beide Charakterzüge das gesellschaftliche Leben komplett, sie sind also nicht auf gewisse Örtlichkeiten beschränkt. Das beste Beispiel bilden dabei die verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten. So kann es in den kleineren, privaten Supermärkten schonmal vorkommen, dass Kinder an der Kasse sitzen, die sich, wenn gerade kein Kunde kommt, mit mitgebrachtem Spielzeug die Zeit vertreiben, während man die Mutter im Hinterzimmer rumwuseln sieht, wie sie in einem riesigen Topf rührt, dessen warme Dämpfe den gesamten Laden erfüllen.

Des Weiteren regt Maltas Verkehrssystem immer wieder zum Kopfschütteln an. Gefühlt sind mehr als die Hälfte aller befahrbaren Wege Einbahnstrassen und ohne einen ausgezeichneten Orientierungssinn sollte man besser auf seine Füsse vertrauen, wenn man verlässlich von A nach B kommen möchte. Auch der Zustand der Strassen ist skuril. Während die Strassen um Valletta und Victoria einer deutschen Haupstrasse gleichen wie ein Ei dem anderen, säumen, je weiter man sich von der Hauptstadt entfernt, Schlaglöcher und unbefestigte Wege das Bild. Die Malteser nehmen das ganze Wirrwarr jedoch sehr gelassen. Solange die Hupe funktioniert, welche auch häufig wie eine Klingel benutzt wird („kannst rauskommen, ich bin jetzt da.“), ist hier scheinbar alles im grünen Bereich. Auch findet man überraschend oft Autos, die in der Vergangenheit den ein oder anderen kleineren Zusammenstoss hatten und deren Besitzer eine Reparatur für unangebracht hielten. Gerade diese Gelassenheit im Alltag macht die maltesische Atmosphäre aber so sympathisch. Man hat nie wirklich das Gefühl, dass die Einheimischen wirklich gestresst sind. Im Supermarkt wird geschwatzt und gescherzt, bei einem Engpass wird per Handzeichen ausgemacht, wer zuerst fahren kann und anschliessend wird zum Abschied (licht-)gehupt.

Wo die Gelassenheit jedoch aufhört, ist in Sicherheitsfragen. Natürlich sind die Anschläge von Paris auch an Malta nicht vorbeigegangen. Da zur selben Zeit die europäische Versammlung für zukünftige Migration hier auf Malta stattfand, fürchteten viele der Einheimische, dass auch hier Anschläge auf einen der über 40 Präsidenten, Kanzler oder Premierminister stattfinden würde. Die Versammlung von 53 Staatsoberhäuptern der ehemaligen Commonwealth-Mitglieder, kurz CHOGM, die letzte Woche ebenfalls auf Malta stattfand, ließ diese Angst wieder aufleben. In diesen Tagen verwandelt sich die gesamte Insel in eine Festung. Militärische Hubschrauber drehen von Zeit zu Zeit Kreise über Hotels und grösseren Orten, Kriegsschiffe liegen im Hafen von Valletta und schwerbewaffnete Soldaten bzw. Polizisten bewachen öffentliche Gebäude.

Von dem ganzen Chaos ist an meinem Arbeitsplatz jedoch nicht viel zu bemerken. Hier regiert wie eh und je die bereits erwähnte Gelassenheit und meine Mitarbeiter lassen sich nur schwer aus der Fassung bringen. Die Alpha School of English ist eine von vielen Sprachschulen, für die Malta so bekannt ist. Die Variation an Schülern ist umwerfend. Von Säuglingen über Teenager bis hin zu Rentnern versammeln sich hier Menschen aus aller Welt um ihr Englisch zu verbessern. Dabei ist es neben Intensivkursen, Einzelunterricht und Anfängerkursen sogar möglich, Vorbereitungen für international anerkannte Prüfungen wie TOEFL oder Cambridge zu treffen. Das Arbeitsklima ist sehr angenehm. Durch die bereits im letzten Eintrag erwähnte Hassliebe zur Bürokratie, herrscht ein riesiges Gewusel, bei dem sich trotzdem immer Platz für den ein oder anderen Plausch findet.  Was mich am meisten beeindruckt hat, ist die schiere Fülle an Verantwortungen, die den Praktikanten relativ früh auferlegt wird. Auf der einen Seite ist das für mich der Wahnsinn, da ich dadurch viele interessante Dinge des Arbeitslebens kennenlerne, auf der anderen Seite hält es einen aber auch ganz schön auf Trab. Die Exkursionen, die ich hier beaufsichtigt habe, hätten in Deutschland ohne einen Rettungsschwimmer beispielsweise so nicht stattfinden können. Auch meine vollkommene Ortsfremdheit in den meisten Ecken des Landes taugen nicht wirklich als Fremdenführer, was sowohl meinem Arbeitgeber als auch der Mehrheit unserer Schüler deutlich egal zu sein scheint.

Mein Arbeitstag beginnt um 8.30 in der Regel damit, dass ich an meinem Schreibtisch überprüfe, ob Bewerbungen für neue Praktika vorliegen. Diese Bewerbungen werden dann von mir bearbeitet, ich korrespondiere mit den jeweiligen Bewerbern, erkläre ihnen Anforderungen, die sie für eine erfolgreiche Bewerbung erfüllen müssen  und gehe auf Fragen ihrerseits ein. Dies wiederhole ich mehrmals am Tag, immer mal wieder zwischen den verschiedenen Aufgaben. Um 10.15 flitze ich auf die Dachterrasse und bereite den Kiosk auf den Schüleransturm in der Pause von 10.30-11.00 vor. Nach der Pause helfe ich meist meinem Kollegen Darren dabei, die Exkursionen für den jeweiligen Tag vorzubereiten und anzukündigen. Viele der Schüler, die nach Malta zu uns an die Schule kommen, haben einen „VE“ – Vacation English – Kurs gebucht und erleben Malta nach dem Unterricht auf allen erdenklichen Wegen. So gibt es Besichtigungen der Tempel von Ħaġar Qim, der Dingli Cliffs oder der Hauptstadt Valletta, aber auch Ausflüge an den Strand oder zum Lasertag. Nach der Besprechung der Exkursionen folgt ein Zeitraum, in dem ich die Aufgaben erledige, die an dem bestimmten Tag so anfallen. Ich arrangiere Treffen zwischen Schülern und ihren zuständigen Botschaften, übersetze deutsche Texte, Mails oder Anrufe ins Englische, arrangiere die An- und Abreise der Schüler, bringe das schwarze Brett mit Ankündigungen und Events auf den neusten Stand, etc. Kurz, ich bin das Mädchen für alles.  Am Nachmittag bereite ich in der Regel die Kopien für die Lehrer vor. Da die Schüler hier in den meisten Fällen nicht lange genug bleiben, um sich ein Buch zu leisten, müssen die Materialien für den Unterricht in den meisten Fällen von den Lehrern vorbereitet werden. Selbst habe ich schon mehrere Stunden gehalten, sowohl für Kinder und Jugendliche, als auch für Erwachsene. Vor allem die Klassengröße hat mir in diesem Zusammenhang zu schaffen gemacht. Bei einer Hand voll Menschen, die einen alle erwartungsvoll anstarren, fallen einem die eigenen Fehler oder Unsicherheiten viel mehr auf. Vor allem, wenn der Unterricht in einer fremden Sprache stattfindet, zittern einem die Knie deutlich mehr als normalerweise. Auch wenn die Stunden in meinen Augen ganz gut verlaufen sind, freue ich mich doch schon auf meine Zeit an einer Regelschule. Wenn man einmal versucht hat, 5  erwachsenen Frauen, deren Englisch sich auf dem Level einer Viertklässlerin befindet, die englischen Vergangenheitsformen näher zu bringen, sehnt man sich den typischen Klassenclown, der für kurze Zeit für Ablenkung sorgt, schon fast herbei. Da auch die Urlaubssaison mittlerweile vorrüber ist, gibt es in der Schule nun weniger Schüler, sodass einige Aktivitäten weniger intensiv betrieben werden müssen. Zum Ende des Arbeitstages checke ich noch einmal schnell die zu erledigenden Besorgungen für den Kiosk, dann geht es auch schon ab nach hause in den wohlverdienten Feierabend!

Maltesischer Weihnachtsschmuck
Maltesischer Weihnachtsschmuck

Abschließend hoffe ich, dass durch diesen Beitrag kein schlechtes Bild von Malta entstanden ist. Ich habe versucht die teilweise krassen Unterschiede zu Deutschland darzustellen und hoffe, dass ich nie zu weit über die Stränge geschlagen habe. Gerade jetzt, wo die (Vor-)Weihnachtszeit beginnt, fällt mir wieder auf, wie freundlich und gut gelaunt die Malteser sind. Jeder, ob groß oder klein, freut sich auf die Feiertage, es wird viel gescherzt und die im Land herrschende Atmosphäre wird immer entspannter. Da die Temperaturen mit 17 Grad leider wenig mit Weihnachten zu tun haben, beherrschen hier aufwendig hergerichtete Lichtdekorationen das Bild um zu mindest ein wenig Stimmung aufzubringen. Die Landschaft, die sich von einem bräunlichen Grau zu einem satten Grün gewandelt hat, lädt gerade jetzt dazu ein, die täglichen Sonnenstunden im Freien zu verbringen. Die drückende Hitze der letzten Monate ist einem leichten Wind gewichen und trägt dazu bei, dass man einfach rundum zur Ruhe kommt. Jedem, der an Weihnachten noch nichts vor hat, kann ich Malta also nur wärmstens ans Herz legen!

Zu guter letzt bleibt mir nur übrig euch allen eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit zu wünschen in der auch ihr, wo immer ihr auch gerade seid, ein bisschen zur Ruhe kommt und vom stressigen Uni-/Arbeitsalltag abschalten könnt!

Beste Grüße aus Malta,

Tim 🙂

Hier kann man es sich doch gut gehen lassen!
Hier kann man es sich doch gut gehen lassen!
Aussicht auf die Calypso Cave
Aussicht auf die Calypso Cave

Über Tim

Hi, mein Name ist Tim und ich absolviere seit dem 1.10.2015 mein Auslandspraktikum an der Alpha School of English in St. Paul's Bay, Malta. Ich studiere Anglistik und Politikwissenschaften an der WWU in Münster mit dem Ziel, Lehrer zu werden.

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