Für die ersten acht Wochen meines Praktischen Jahres (PJs) hat es mich in den Nordosten Englands verschlagen – nach Newcastle upon Tyne. Eine Stadt, die mich mit ihrem rauen Charme, ihrer Offenheit und einer Menge kleiner Überraschungen begeistert hat.
Newcastle liegt eingebettet im Tal des Flusses Tyne – die Innenstadt ist angenehm flach, doch drumherum wird es schnell hügelig. Ich wohne in einer Wohnung im Stadtteil Fenham, was zwar etwas außerhalb liegt, aber dank eines recht gut ausgebauten Busnetzes gut erreichbar ist. Man muss allerdings sagen: Die Busse kommen selten pünktlich – meist 2–5 Minuten früher oder später als auf dem Fahrplan angegeben. Ein Studierendenticket, das man ganz unkompliziert mit dem Studierendenausweis nutzen kann, hat sich schnell als sehr praktisch erwiesen.
Sprache war ein Thema – der nordenglische Akzent („Geordie“) ist definitiv stärker als das Englisch, das man aus Schulbüchern kennt. Trotzdem verstehe ich die Menschen meist gut. Und was sofort auffällt: Die britische Höflichkeit. Man hört ständig „sorry“, „thank you“ und „cheers“ – auch in ganz alltäglichen Situationen, was ich als sehr angenehm empfand.
Eine kleine Herausforderung war der Linksverkehr – nicht unbedingt beim Fahren, sondern als Fußgänger. Besonders kurios: Die Ampeln in Newcastle haben eine sehr kurze Grünphase und werden oft einfach ignoriert – selbst die Polizei winkt einen manchmal bei Rot über die Straße.
Ein Klischee, das ich bestätigen muss: Das britische Essen ist nicht gerade berühmt für seine Raffinesse. Fertiggerichte dominieren die Supermärkte, vor allem abgepackte Sandwiches sind überall zu haben – scheinbar das Standardmittagessen. Das Essen ist außerdem häufig etwas schärfer als in Deutschland. Dennoch: Newcastle überrascht mit einer großen Vielfalt an internationalen Restaurants, von indisch über koreanisch bis mexikanisch ist alles dabei. Die Stadt ist eindeutig multikulturell geprägt – was man nicht nur beim Essen merkt.
Die Lebenshaltungskosten sind im Vergleich zu Deutschland etwas höher – vor allem Miete und Lebensmittel. Dafür bietet die Stadt einiges: Die Nähe zur Küste und zu den Northumberland Nationalparks ermöglicht tolle Wochenendausflüge – ob an den Strand oder in die Natur. Was mir besonders gefallen hat, war der Sonntagsmarkt am Tyne (Quayside Market). Direkt am Flussufer gelegen, mit Blick auf die ikonischen Brücken, kann man dort durch zahlreiche Stände mit Street Food, Kunsthandwerk und regionalen Spezialitäten schlendern. Es herrscht eine kreative, entspannte Atmosphäre – ein perfekter Ort, um Newcastle von seiner bunten und offenen Seite kennenzulernen.
Vor meiner Anreise hatte ich ein sehr klischeehaftes Bild im Kopf: Regen, schlechtes Essen und zurückhaltende Briten. Einige Punkte stimmen teilweise – das Wetter ist oft wechselhaft, aber nicht so schlimm, wie befürchtet. Insgesamt war es oft sogar wärmer, als es aussieht. Und was das Essen betrifft: Ja, es gibt viele frittierte Sachen, aber eben auch Vielfalt, die ich nicht erwartet hatte.
Am meisten hat sich mein Bild von den Menschen geändert: Die Geordies – so nennt man die Bewohner Newcastles – sind unglaublich freundlich, hilfsbereit und offen. Die Stadt selbst ist geprägt von einem multikulturellen Alltag, einer jungen Bevölkerung (nicht zuletzt durch die vielen Studierenden) und einer Atmosphäre, in der man sich schnell willkommen fühlt.
Obwohl mein Aufenthalt in Newcastle noch nicht abgeschlossen ist, habe ich die Stadt bereits als offen, vielfältig und überraschend lebendig erlebt. Viele meiner Erwartungen wurden übertroffen – das Wetter ist besser als gedacht, die Menschen sind herzlich und die Stadt bietet kulinarisch und kulturell deutlich mehr, als ich vermutet hätte.
Ich freue mich darauf, noch mehr von Newcastle und seiner Umgebung zu entdecken – und kann jetzt schon sagen: Diese Stadt hat definitiv mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick erwartet.
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