Mein Auslandspraktikum an der Farlingaye High School

Ich studiere die Fächer Englisch und Erziehungswissenschaften für das Gymnasiallehramt in Münster. Im Rahmen meines Englischstudiums ist ein dreimonatiger Auslandsaufenthalt in einem englischsprachigen Land verpflichtend.

Da der Aufenthalt zeitlich für das fünfte Semester vorgesehen ist, habe ich bereits in meinem dritten Semester begonnen nach geeigneten Institutionen im englischsprachigen Ausland zu recherchieren. Dies hat sich schon während der Suche als herausfordernd dargestellt, da unsere Universität nur wenige Partnerschulen und Universitäten in England und in Irland hat und schließlich die Student*innen eines ganzen Semesters nach Plätzen für den Auslandsaufenthalt suchten. Uns war es freigestellt, ob wir unsere Auslandserfahrungen lieber durch ein Studium an einer Partneruniversität oder durch die praktische Arbeit in einer anderen Einrichtung sammeln. Ich habe mich für die praktische Arbeit entschieden, da ich gerne eine Abwechslung von dem Semesteralltag erleben wollte und so im Ausland nur wenige Veranstaltungen für mein Studium belegt habe. Dies sollte man sich allerdings im Vorfeld gut überlegen, da ich nun nach meinem dreimonatigen Aufenthalt die Inhalte der Univeranstaltungen selbstständig nacharbeiten muss, um am Ende des Semesters die entsprechende Leistung zu erbringen.

Nach der Entscheidung für eine Praxisphase habe ich mich für drei Partnerschulen der Uni Münster beworben und einen Praktikumsplatz an der Farlingaye High School, einer Sekundarschule in Woodbridge erhalten. Woodbridge ist ein kleines Dorf in Suffolk, im Osten Englands.

Aufgrund des Brexits war mit diesem Praktikum in England ein hoher organisatorischer und finanzieller Aufwand verbunden. Mit der Unterstützung durch den Career Service in Münster habe ich zuerst das sogenannte Certificate of Sponsorship (CoS) beim British Council beantragt. Der Sponsor dieses Zertifikates war die Erasmusorganisation, sodass ich mich parallel auf ein Erasmusstipendium bewerben musste. Nach der Zusage durch das Stipendium konnte auch das CoS beantragt werden. Dieses Dokument ist eine essenzielle Voraussetzung, um später das sogenannte Tier5 worker visa für die Einreise in das Vereinigte Königreich zu erhalten. Für das CoS wurden außerdem weitere formale Dokumente, wie ein Scan des Reisepasses, des Personalausweises und weiterer identifizierender Dokumente gefordert. Leider hat es bei mir drei Monate gedauert, bis ich das CoS erhielt und das Visum beantragen konnte. Da die Zeit bis zu meiner geplanten Abreise nun knapp wurde, muss ich für eine Expressbearbeitung meines Visaantrags einen enormen Aufpreis zahlen. Daher rate ich das CoS direkt nach der Zusage einer Praktikums- oder Studienstelle im Vereinigten Königreich zu beantragen. Dies war bei mir leider nicht möglich, da ich die Zusage erst sehr spät erhielt. Alle persönlichen Daten, die für die Visabeantragung erforderlich waren, wurden nun über die Seite des British Government erfragt. Nachdem die Formalitäten abgefragt worden sind, macht man einen persönlichen Termin beim sogenannten UK visa application centre. Dieses war bei mir in Düsseldorf, aber es gibt noch einige weitere Stellen innerhalb Deutschlands. Dort mussten erneut einige Unterlagen, wie das CoS oder der DBS check eingereicht werden. Der DBS (disclosure and barring service) check wird für die Arbeit in sozialen Einrichtungen benötigt und erfüllt die Funktion eines polizeilichen Führungszeugnisses. Der DBS check muss auch im Vorfeld beantragt werden. Gegen einen weiteren Aufpreis wurde der Reisepass mit dem Visum nun innerhalb von 14 Tagen zugesandt, sodass ich nach England fliegen konnte.

 

Situation vor Ort:

Vor Ort lebte ich in der Stadt Ipswich, die im Osten von England liegt. Ich lebte mit einer anderen Studentin von der Uni Münster zusammen in einer Gastfamilie und wir freundeten uns während unseres Auslandspraktikums sehr gut an. An der Schule arbeitete ich als teaching assistant und unterrichtete teilweise ganze Schulklassen, aber hauptsächlich Kleingruppen oder individuelle Schüler*innen. Ich unterrichtete die Klassen acht bis dreizehn. Die dreizehnte Klasse bereitete ich auf ihr A level speaking exam im folgenden Halbjahr vor. Die Schüler*innen waren sehr zuvorkommend und dankbar für die Arbeit mit ihnen. Da die Lehrkräfte in England unter einem enormen Druck stehen, waren auch sie um jede Hilfe dankbar. So hatte ich nie das Gefühl, nicht gebraucht zu werden oder überflüssig zu sein. Daher konnte ich neue Unterrichtserfahrungen sammeln und mich in der pädagogischen Praxis weiterbilden. Da ich an einer Sekundarschule arbeitete, wurden dort alle Kinder unterschiedlicher Fähigkeiten inklusiv beschult. So konnte ich auch mein Bild von Schule, das sich bisher nur auf Gymnasialschulklassen beschränkte, um neue Erfahrungen ergänzen. Der Unterricht an dieser Schule war teilweise mit einigen pädagogischen Herausforderungen verbunden, die jedoch jederzeit von den Lehrkräften beeindruckend gemeistert worden sind. So habe ich gelernt, wie beispielsweise Unterrichtsstörungen gut bewältigt werden. Ich fühlte mich außerdem jederzeit als gleichwertiger Teil in das Kollegium integriert. Sowohl die anderen Lehrkräfte als auch die Schüler*innen nahmen mich gut auf, sodass mir das Einleben an der Schule gar nicht schwer fiel.

Im Vergleich zu einer deutschen Schule ist der Unterricht in England weniger flexibel und unterliegt überwiegend der Steuerung durch die Lehrkraft. Es gibt wenige offene Unterrichtsmethoden und die Schüler*innen werden hauptsächlich frontal unterrichtet. Außerdem gibt es ein Bestrafungssystem, das beispielsweise bei Unterrichtsstörungen und fehlender Anwesenheit greift. Zudem werden die Schüler*innen und Lehrkräfte in England auf verschiedenen Wegen ständig kontrolliert. Es gibt in allen allgemeinen Bereichen Überwachungskameras und alle tragen ständig ein Band um den Hals, mit dem sie identifiziert werden. Außerdem gibt es strengere safeguarding Regeln in England, sodass der Schutz der Kinder jederzeit gewährleistet wird. Ich durfte mich beispielsweise nicht frei in der Schule bewegen, bis ich meinen Reisepass und den DBS check, also das polizeiliche Führungszeugnis, beim Sekretariat zum Scannen abgegeben habe.

Von Ipswich aus gab es sehr viele Möglichkeiten, Städtetrips oder auch längere Ausflüge zu machen. Mit dem Zug nach London dauerte es eine gute Stunde und auch bekannte Städte wie Oxford oder Cambridge waren schnell zu erreichen. Es gab außerdem eine gute Anbindung, um nach Edinburgh in Schottland zu kommen. Dort verbrachten wir unsere Termholidays und machten eine Tour durch die schottischen Highlands. Diese Reise ist wirklich sehr empfehlenswert. Des Weiteren sahen wir uns die umliegenden Städte, wie Norwich, Colchester oder Felixstowe an der Küste an. Bis zur Küste brauchten wir mit dem Bus ca. eine halbe Stunde.

Situation nach dem Aufenthalt:

Bevor wir wieder zurück nach Deutschland reisten, wartete wieder ein großer bürokratischer Aufwand auf uns. Wir mussten die sogenannte Einreiseanmeldung ausfüllen und unseren Impfnachweis hochladen. Zudem wurden einige Unterlagen, wie das Traineeship Certificate, Teil des Learning Agreements, von dem Career Service nach der Rückkehr gefordert. Diese lässt man am besten noch während der Anwesenheit im Zielland ausfüllen, sodass sie nach der Rückkehr direkt eingereicht werden können. Auch das British Council fordert einen Nachweis, dass man wieder in Deutschland eingereist ist. Dies kann entweder ein gestempeltes Visum oder die Bordkarte sein.

Nach dem Aufenthalt gehen für mich ab Januar wieder die Kurse in der Uni los und ich freue mich schon, wieder in den Unialltag eintauchen zu können. Des Weiteren bin ich gespannt, inwiefern ich eine Entwicklung meiner Englischkenntnisse in meinen englischsprachigen Veranstaltungen verzeichnen kann. Meiner Meinung nach hat mir der Aufenthalt in England hinsichtlich meiner englischen Sprache sehr geholfen.

Ich persönlich bewerte meinen Auslandsaufenthalt als bereichernd und bin froh, dass ich das britische Schulsystem kennenlernen, ein Teil davon sein und viele interkulturelle Erfahrungen machen durfte.

Ich bin dankbar für die Möglichkeit, eine so lehrreiche und abwechslungsreiche Zeit in meinem Studium erleben zu dürfen.

 

Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Liebe Grüße!

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