Leben und Forschen in Manchester (Teil 1)

Hi, ich mache zurzeit ein Forschungspraktikum am Manchester Institute of Biotechnology und möchte euch hier von meinen Eindrücken in Manchester berichten. In meinem Post schreibe ich über das Wohnen und Leben in Manchester, über die Stadt selbst, wo man etwas unternehmen kann und warum sich ein Abstecher nach Liverpool lohnt.

Zur Stadt

Die Vorurteile gegen Manchester sind meist, dass es hässlich sei, dass es überall gleich aussehen würde und dass die Stadt der englische Ruhrpott sei.

Manchester ist sicherlich nicht die schönste Stadt der Region, doch von der Industrie-Vergangenheit der Stadt habe ich bisher wenig gesehen. Die Innenstadt sieht sogar recht schick aus. Die alten Gebäude aus rotem oder grauem Sandstein sind hoch gebaut und reich verziert. Besonders gut sehen etwa das Rathaus und die Stadtbücherei, welche dem Pantheon nachempfunden ist, aus. Zudem befindet sich die Stadt im Aufschwung und viele moderne Gebäude reihen sich ins alte Stadtbild. Rund um den alten Hafen und den Kanal gibt es einige schöne Ecken. Nur Parks fehlen in der Innenstadt.

Die Wohngebiete außerhalb des Zentrums sind, vor allem durch Reihenhaussiedlungen geprägt. Das mag sich erstmal trist anhören. Wie die Wohngegend aussieht, hängt jedoch eher von dem Einkommen der Bewohner ab.

Wohnen in Manchester

Wie man das als Deutscher gewöhnt ist, habe etwa zwei Monate vor meiner Abreise angefangen nach einer Wohnung zu suchen. Viele Emails später musste ich einsehen, dass das einfach nicht die Art und Weise ist, wie die Dinge hier laufen. Der Wohnungsmarkt hier ist auf der einen Seite sehr spontan, besonders für Studenten. Die Leute kümmern sich üblicherweise sehr spät um eine Wohnung. Auf der anderen Seite verlangen die Vermieter hier i.d.R. mindestens Sechsmonatsverträge.

Wollt ihr euch dennoch vor eurer Abreise eine Bleibe suchen, ist Vorsicht gefragt. Oft wird die Bezahlung von „Holding Deposits“ verlangt. Das ist eine Art Sicherheit für den Vermieter, dass ihr auch tatsächlich, wie versprochen, einzieht. Bedenkt jedoch, dass ihr keine Möglichkeit habt, zu prüfen, ob es sich, um ein seriöses Angebot handelt. Ich hatte einen Fall, wo mir eine vermeintliche Vermieterin ihren eingescannten Pass geschickt hat, der belegen sollte, dass sie wirklich diese Person ist. Nur auf den zweiten Blick war zu sehen, dass es sich um eine Fälschung handeln muss. Egal was ihr tut, schickt kein Geld im Voraus, besonders nicht über Western Union!

Mein Rat: Wohnt die erste Woche im Hostel und nehmt euch die Zeit, ein paar Wohnungen vor Ort zu besichtigen.

Bei diesen Besichtigungen wird euch auffallen, dass ihr aus Deutschland einen hohen Anspruch an eure Wohnung mitnehmt. Die erste Wohnung, die ich mir angeguckt habe, lag weit außerhalb, hatte riesige Schimmelflecken und Tapeten, die sich bereits seit den 80ern langsam von der Wand lösen. Das karge Einzelzimmer sollte £90 pro Woche kosten. Nein, danke.

Wenn ihr fünf oder sechs Monate bleibt solltet ihr auch ein vernünftiges Zimmer für weniger Geld finden. Ein gutes Viertel dafür scheint das mehrheitlich von Studenten bewohnte Fallowfield zu sein.

Ihr könnt natürlich versuchen ein Zimmer im Studentenwohnheim zu bekommen. Ich habe die erste Nacht in einem verbracht und war ehrlich gesagt froh, da wieder raus zu sein. Das hatte nichts mit meiner gemütlichen WG in Deutschland zu tun. Die Gänge waren sehr eng, die mintgrün gestrichenen Wände waren nicht verputzt und die Matratze bestand aus ein paar in ein Lacken gewickelten Stahlfedern. Zur perfekten Gefängnis-Atmosphäre fehlen eigentlich nur noch Gitter vorm Fenster und das Klo im eigenen Zimmer. £110 pro Woche bezahlen die Studenten dafür.

Ich habe meine Wohnung am zweiten Tag gefunden. Sie ist relativ zentral. D.h. ich brauche 20 min zu Fuß bis ins Stadtzentrum. Das Zimmer ist nicht groß, aber es ist sauber  und mit einem Kingsize-Bett ausgestattet. Für diesen „Luxus“ bezahle ich £125 pro Woche. Das sind etwa 720 € im Monat. Mehr als doppelt so viel, wie ich in Münster zahle.

Dort lebe ich aktuell mit sechs weiteren Personen. Ein Pärchen mit asiatischen Wurzeln, ein Engländer mit indischen Eltern, einer jungen Inderin mit ihrer Mutter und einem Türken. Alle Akademiker.

Essen und Einkaufen

Als sich die erste Aufregung nach meiner Ankunft gelegt hatte, wurde mir langsam bewusst, dass ich seit 12 Stunden nichts mehr gegessen hatte. Etwas zu essen findet man eigentlich an jeder Ecke. Besonders beliebt scheint Subway zu sein. McDonalds, Dominos und andere Ketten, die man von zu Hause kennt, gibt es ebenfalls zu genüge. Zu den Preisen kann ich nicht sagen. Ich war nicht dort. Stattdessen hatte ich mich mit Croissants und Keksen aus dem Supermarkt eingedeckt. Nicht gerade meine erste Wahl, aber wenn man kein Besteck hat, kauft man sich eben keine Marmelade…

Günstige arabische, indische oder pakistanische Kost bekommt ihr auf der „Curry Mile“. Dies ist der Name für einen Abschnitt der Oxford Road. Dort befinden sich viele von Immigranten geführte Imbisse, Restaurants, Kioske, Shisha-Bars und einige andere Geschäfte. Ich habe dort in einem Restaurant für etwa £13 gegessen. Das ist ein recht normaler Preis in Manchester.

Für meinen täglichen Bedarf gehe ich in der Regel zum Lidl. Zum einen sind Sortiment und Preise hier sehr ähnlich, wie in Deutschland. Ich gebe also für Lebensmittel hier nicht viel mehr aus als gewöhnlich. Zum anderen ist es aber auch der einzige größere Laden in der Nähe.  Eine Alternative ist eigentlich nur der ebenfalls günstige und gut sortierte Aldi, welcher mir allerdings zu weit weg ist. Die zahlreichen Sainsbury Locals, Morrison Locals oder Tesco Express, sind leider nicht so günstig (etwa 20-40% teurer als in Deutschland) und oft nur so groß wie bessere Tankstellen-Shops (manche Tesco Express-Fialen SIND Tankstellen-Shops). Größere Märkte (etwa Marktkauf-Größe) findet man nur weit außerhalb. Definitiv zu weit weg für mich.

Während Lebensmittel also am besten am Rand der Stadt zu kaufen sind, findet man alles andere besser im Zentrum. Dort gibt es ein großes Shopping-Center (Arndale) und zahlreiche Läden drum herum. Etwa einen Primark oder ein größeres Geschäft für Musikinstrumente, indem ich mal ein paar Gitarren probegespielt habe.

Öffis und Verkehr

Von A nach B komme ich meistens zu Fuß. Manchester verfügt zwar über eine Straßenbahn, doch deckt diese nicht die ganze Stadt ab und ist für mich nur selten lohnenswert.

Als Münsteraner hatte ich natürlich überlegt, mir ein Fahrrad zu besorgen. Ein vielversprechendes Gebrauchtrad findet man auf Gumtree schon ab £40 und gegen Ende des Aufenthaltes könnte man es ja verkaufen… Nun, nachdem ich den Verkehr hier gesehen habe, habe ich das anders überlegt. Nach zwei Monaten zu Fuß erwische ich mich immer noch dabei, dass ich beim Überqueren der Straße in die falsche Richtung gucke und wenn ich sehe wie wenig Platz den Fahrradfahrern hier eingeräumt wird, wird mir ganz unwohl. Die Fahrradwege in der Stadt werden langsam ausgebaut, doch bis zu münsteraner Verhältnissen ist es noch ein langer Weg.

Busse gibt es natürlich überall und eine Fahrt kostet meist nur £1-2. Das wird auch daran liegen, dass der öffentliche Verkehr hier ein stark umkämpfter Markt ist. Statt eines zentralen Verkehrsbunds gibt es zahlreiche Mitbewerber, die größtenteils auf denselben Strecken parallel unterwegs sind. Es kann schon mal vorkommen, dass zwei Busse derselben Linie gleichzeitig ankommen.

Was für mich einfach keinen Sinn ergeben will ist, dass es in den Bussen weder Anzeigen für die Haltestellen, noch Ansagen gibt… Dafür kostenloses WLAN. Merkwürdige Prioritäten.

Aktivitäten

Egal ob man wie ich, lieber in gemütlicher Runde ein wenig trinken gehen oder sich die Nächte in Clubs um die Ohren schlagen möchte; Manchester hat eigentlich alles zu bieten. Deansgate und das Nothern-Quarter sind hierbei die Haupt-Party-Locations. Es gibt Clubs und Bars für jeden Musikgeschmack und Pubs für jede Alterstufe (18+).

Vortrinken ist hier genauso üblich, wie in Deutschland. Verständlich, besonders im Zentrum kostet das Pint (568 ml) £4 oder mehr. Alkohol kaufen kann man ab 18, aber – und ich denke das ist sinnvoll – kontrolliert wird jeder der unter 25 aussieht.

Es gibt zwei große Kinos in Manchester. Das Odeon in den Printworks (so eine überdachte Straße) und das AMC. Beide haben mehr Säle als man das in Münster kennt (und das Cineplex ist ja nicht gerade klein). An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass mein WWU-Studentenausweis bisher überall akzeptiert wurde.

Für ruige Tage gibt es viele Museen zu erkunden. Besonders attraktiv wird der Besuch durch die Preise. Bis auf wenige Ausnahmen (wie etwa das Football Museum) sind die Museen und Galerien in der Stadt nämlich kostenlos.

Am besten hat mir bisher das Manchester Museum direkt im Hauptgebäude der Uni gefallen. Der Schwerpunkt des Museums liegt auf Naturkunde. Die Sammlung beinhaltet Fossilien (inkl. nachgebildeten T-Rex-Skelett), Skelette, ausgestopfte Tiere, Insekten und auch lebende Tiere in einer Aufzuchtstation für Frösche und Echsen. Ebenfalls zu bestaunen gibt es eine kleine Ägypten-Abteilung samt Mumie und, für mich als Bogenschützen besonders interessant, eine kleine Sammlung antiker Bögen.

Abstecher nach Liverpool

Zum Abschluss möchte ich von meinem Ausflug nach Liverpool berichten. Um es kurz zu fassen: Liverpool ist einfach eine schöne Stadt. Damit habe ich ehrlich gesagt gar nicht gerechnet. Die Stadt liegt an einer Bucht und hat einen wunderschönen historischen Hafen, eine große Fußgängerzone die zum Bummeln einlädt und ein paar eindrucksvolle Gebäude. Darunter eine erst in den 1970er Jahren vollendete Kathedrale (quasi nagelneu).

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Ich war mit meiner Freundin (die mich über meinen Geburtstag besucht hat) in der Stadt. Bis auf Anschauen haben wir nicht viel gemacht, aber es war definitiv die Reise wert. Hin- und Rückfahrt dauern nur eine Stunde und sind mit insgesamt £17 noch günstig. Liverpool hat sicher noch viel mehr zu bieten.

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