La Réunion – Fazit

Ich blicke jetzt auf etwas mehr als zwei Monate Inselleben in den Tropen zurück und bin immer noch beeindruckt von dieser unfassbaren Natur, dankbar für alle Menschen, die ich kennenlernen durfte und aber auch sehr glücklich, wieder nach Hause zu kommen.

La Réunion ist eine Insel der Extreme: Strandvillen neben Wellblechhütten, sengende Hitze an den Küsten, nebeldichtes sattgrünes Gebirge, wütende Zyklone, dieses Nebeneinander aber auch Miteinander verschiedener Ethnien und Kulturen,  bei dem einem als Festlandeuropäer fast schwindelig wird. Das alles ist für mich La Réunion. Und so unterschiedlich die Landschaften und Menschen dieser Insel sind, so unterschiedlich waren auch meine Gefühle und Eindrücke während der Zeit hier. Der Krankenhausalltag entsprach den französischen Standards, hier arbeitete die gute ausgebildete Mittelschicht aus meistens Festlandfranzosen. Patienten kamen aus entlegenen Bergregionen mit mehrtägiger Anreise in Situationen, in denen die meisten kurativen Ansätze schon keine Option mehr waren, nur um zu hören, dass man wenig für sie tun könne. Für jemanden, der im Sicherheitsnetz  Deutschlands aufgewachsen ist, sind solche Begegnungen schwer zu begreifen. Menschen, die sich durch das Leben in den Bergen bewusst diesem staatlichen Netz entziehen und Menschen, die in den Städten gleichzeitig irgendwie dort hindurchrutschen und nicht aufgefangen werden. Den Kontrast zwischen Armut und technischer Rückständigkeit inmitten eines europäischen Systems mit modernsten Straßen, unzähligen Solarpanels und Wasseraufbreitungsanlagen zu sehen, hat mich bis zum Ende sehr verwirrt.

Im Arbeitsalltag ist man in der Klinik gut integriert und wird als Teil des Teams verstanden. In der Freizeit ist man auf einmal wieder der Tourist ohne viel Anschluss an die einheimische Bevölkerung. Diesen Spagat habe ich als sehr anstrengend empfunden. Aber ich nehme auch viele lehrreiche Erfahrungen mit: Die Arbeit in der Unfallchirurgie, die Gespräche mit den Leitern der Wanderhütten und den Eltern meiner kreolischen Mitbewohner, der Umgang mit kleinen und größeren Pannen bei Autovermietungen, Schlafplatzsuche, schlechter Campingausrüstung, Vorbereitung auf Zyklone und noch vieles mehr. Abgesehen von den Fortschritten in meiner medizinischen Ausbildung habe ich auch einiges in puncto Konflikt- und Stressbewältigung dazugelernt, mir eine neue Kultur angeeignet und viele  beeindruckende Naturschauspiele miterleben dürfen. Obwohl ich etwas gemischte Gefühle habe, da es für mich persönlich auch eine sehr anstrengende Zeit war, möchte ich alle ermutigen, diesen Schritt zu wagen!

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