La Farmacia hospitalaria – Mein Alltag in der Krankenhausapotheke

Im Rahmen des deutschen Pharmaziestudiums muss man ein praktisches Jahr ableisten, was eine Voraussetzung ist, ein Apotheker – oder in meinem Fall eine Apothekerin – zu werden.

Zu meinem Glück kann die zweite Hälfte auch im Ausland abgeleistet werden, in einer Apotheke, einer Krankenhausapotheke oder auch in der pharmazeutischen Industrie. Diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen, da das Pharmaziestudium in Deutschland nicht wirklich international ausgerichtet ist, ich aber gerne noch einmal eine Auslandserfahrung machen wollte. Spanien hat sich angeboten, da die Pharmaziestudenten hier ein halbjähriges Praktikum im Rahmen des Studiums machen. Die Strukturen bestehen somit schon und Spanien ist das einzige spanischsprachige Land, das EU-Mitglied ist, wodurch die Anrechnung einfacher wird.

So kam es, dass ich jetzt ein sechsmonatiges Praktikum in der Krankenhausapotheke des Parc Taulí – Hospital de Sabadell in der Nähe von Barcelona mache. Es ist ein öffentliches Krankenhaus und unterliegt so dem „CatSalut“ – dem katalanischen Service der Gesundheit, welcher zum Gesundheitsministerium gehört – denn Gesundheit ist in Spanien hauptsächlich Ländersache, wie in Deutschland zum Beispiel Bildung Ländersache ist. Somit werde ich hier den Krankenhausapothekenalltag in Katalonien beschreiben. Ein entscheidender Unterschied ist, dass es hier das elektronische Rezept schon gibt, das in Deutschland noch auf seine Einführung wartet und viele Informationen über den Patienten in offiziellen Portalen online einsehbar sind.

Mit dem August ist mein vierter Monat hier angebrochen und so langsam habe ich einen guten Überblick über den Alltag hier bekommen. Die „practiques tutelades“ sind hier Teil des Studiums, anders als in Deutschland, wo man als Angestellter in Ausbildung gilt. Hierzu muss man auch anmerken, dass man in Deutschland ca. 900€ brutto pro Monat bekommt, die Spanier hingegen zahlen für ihre Credits der Uni, insgesamt für das halbe Jahr ca. 1000€ (Die muss ich nicht zahlen, aber ein Gehalt bekomme ich außer die Erasmus+-Förderung auch nicht.) Das Ganze erklärt vielleicht auch, warum ich hier mehr die Funktion einer Person habe, die beim Zuschauen lernen soll und ich nicht  die Angestellte bin, die ins kalte Wasser geschmissen wird. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Einer der Vorteile hier: ich rotiere durch viele Abteilungen und bekomme einen breiten Überblick.

Parc Taulí, Sabadell

Aber wie genau sieht so eine Krankenhausapotheke aus? Angefangen habe ich damit, zu sehen wie das Medikament vom Lieferanden zum Patienten gelangt. Das Medikament wird zuerst geliefert, dann verbucht, und anschließend wird ein spezielles System verwendet – „Unidosis“. Das bedeutet, das jedes der ca. 700 Betten eine eigene Schublade hat, wo die Medikation für die nächsten 24h patientenspezifisch einsortiert wird. Dafür muss der Arzt eine Verschreibung vornehmen, die dann durch die Apotheker überprüft und verbucht wird, so dass die „Técnicos“ (sind vergleichbar mit PTAs – pharmazeutisch technische Assistenten) die Medikation in die Schubladen einsortieren können. Danach werden die Schubladenblöcke auf die Station gebracht und die Krankenschwestern verabreichen dem Patienten die Medikation. Ein ganz schöner Aufwand, der aber einen Sinn hat: er soll verhindern, dass dem Patienten zu viel oder das falsche Medikament gegeben wird. Ich bin mit auf die Stationen gegangen, um die Schubladenblöcke auszutauschen, habe selber Schubladen gefüllt, Sonderanforderungen bearbeitet, Ware verbucht und auch Lagerbestand aufgefüllt. Da kommen am Tag schon mal 6km zusammen, die man durchs Krankenhaus rennt.

Die nächsten Stationen meiner „rotación“ waren mehr etwas fürs Gehirn statt für die Beine: Jeder Apotheker hat einen Bereich bzw. eine Station („planta“) um die er sich kümmert. Und nach und nach verbringe ich jeweils ein paar Wochen mit einem anderen Apotheker. Als erstes ging es zu den liebevoll genannten Omis und Opis, wo ich Medikationspläne anhand der elektronischen Rezepteauf Interaktionen analysiert und auf die altersgerechte Anwendung von Medikamenten geschaut habe. Denn wenn meine Kolleginnen (wir sind hier fast nur Frauen) von einem „jóven“ – einem jungen Menschen gesprochen habe, dann war der 70 Jahre alt.

Als nächstes ging es zu „urgencias“ – der Notfallambulanz – und „UCI“ – der Intensivstation. Dort bin ich mitgelaufen, habe in Patientenakten geschaut, die Anwendung von Antibiotika immer wieder hinterfragt, Dosisangleichungen auf Grund von Nierenfunktionen vorgenommen und die Medikation der Patienten überprüft. Während ich auf der Intensivstation war, habe ich immer mal wieder festgestellt, dass es einen Grund gibt, warum ich nicht Medizin studiert habe – wenn es plötzlich anfängt wie wild zu piepen, werde ich so nervös wie ein aufgeschrecktes Eichhörnchen, während die Ärzte und Schwestern völlig entspannt bleiben.

Danach ging es in den Bereich der klinischen Studien, wo ich gelernt habe, wie die Protokolle einer Studie aufgebaut sind, wo man alle Informationen findet, die man benötigt; nach welchen Kriterien man sich für neue Studien entscheidet, wenn ein Vertreter sie vorschlägt; die Lagerung dieser neuen Medikamente; wie entscheidend der Bestand ist; wie man eine Studie verblindet, damit der Patient und der Arzt nicht wissen, ob es Placebo oder der echte Wirkstoff ist und natürlich habe ich auch einen Einblick in ein paar dieser neuen Studien mit den neuen Wirkstoffen bekommen. Ein sehr interessantes Themenfeld, dass sich hier gar nicht so gut beschreiben lässt, wie ich es gerne würde.

Jetzt bin ich gerade in der „Farmacia Ambulatoria“, etwas, dass es in Deutschland in dieser Form nicht gibt. In Katalonien werden alle wirklich teuren und/oder sehr speziellen Medikamente durch die „Farmacia Ambulatoria“ und nicht durch die „Farmacia de la calle“ – öffentliche Apotheke – vertrieben. Die Menschen leisten keine Zuzahlung, das Medikament wird ihnen monatlich gegeben, sie kommen allerdings wie bei einem Arztbesuch mit einem Termin. Normalerweise geben die „Técinicos“ die Medikation aus, es sei denn, es ist eine neue Therapie, die vom Patienten begonnen wird. Dann gibt es einen ausführlicheren Gespräch in einem Büro mit einer Apothekerin, wodurch die Patienten mehr erzählen, die Therapie besser kontrolliert wird und ein größeres Vertrauen dem Apotheker gegenüber entsteht. Und bei diesen Gesprächen sitze ich bei und lerne viel über die verschiedenen Therapieregime und über auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen, von denen die Patienten erzählen, sei es ein blauer Fleck in Größe einer Orange oder ein roter Ausschlag am ganzen Körper, welcher in diesem Fall durch die Einnahme von Aspirin verhindert werden kann. Hier gibt es auch wunderschöne Momente: eine Dame, die mit Hepatitis C und HIV von einem damaligen Partner vor zig Jahren angesteckt wurde, steht mit Tränen in den Augen vor einem, nachdem sie nach der Behandlung der Hepatitis C davon geheilt wurde und HIV unter der Nachweisgrenze ist und umarmt einen ganz fest.

Nun fehlen mir noch zwei Stationen: Onkologie und die Herstellung von Rezepturen. Ich bin gespannt, was ich dort noch lernen werde.

Man hört wohl raus, dass es ein sehr vielfältiges Praktikum ist, mit viel Input. Das Team ist super, ganz vielen junge Apotheker, die meisten Frauen zwischen 26 und 37. Auch die Chefin trägt unglaublich zu der guten Atmosphäre bei, in dem sie unglaublich aufmerksam ist und mich zum Beispiel jedes Mal, wenn sie mich sieht, fragt, wie es mir geht, wie es mir gefällt und ob ich richtig was lerne. (Ihr verdanke ich die Stelle, da sie einen zusätzlichen Platz für mich geschaffen hat!) Und jeder der Apotheker hier hat ein unglaubliches Wissen, denn nur die besten bestehen den „FIR“ um dann die vierjährige „Residencia“ hier zu beginnen. Jede Frage, die ich stelle (und das sind viele, da ich von Haus aus sehr neugierig bin), egal zu welchem Thema, wird ausführlich beantwortet. Ich spreche Spanisch mit allen hier, allerdings wird mind. 50% der Zeit Katalanisch gesprochen, aber auch da kommt man rein (unter anderem mit Hilfe eines Online-Sprachkurses geht das sehr gut).

Immer wieder werden ein paar Witze gerissen und es wird viel Wert auf Weiterbildung und Wissenserweiterung gelegt. Kurzum: Ich bin froh, hier mein Praktikum zu machen.

3 Gedanken zu „La Farmacia hospitalaria – Mein Alltag in der Krankenhausapotheke

  1. Hallo Jana,
    dein Bericht klingt sehr interessant! Auch ich stehe vor der Planung meines PJs und würde in diesem Zusammenhang gerne nochmal ins Ausland. Wenn irgendwie möglich würde ich dir gerne noch ein paar Fragen stellen, also falls du Lust hättest noch ein bisschen mehr zu erzählen, antworte doch bitte kurz an meine Email-Adresse.
    Liebe Grüße, Sina

  2. Hallo.

    Ich habe auch ein paar Fragen hinsichtlich der PJ Planung – es wäre super nett, wenn du mir die auch per E-Mail beantworten könntest.

    Liebe Grüße,
    Denise

    1. Hallo Denise,

      leider ist deine E-Mail bei mir nicht angekommen und der Kommentar mir jetzt erst aufgefallen. Ich habe die E-Mail-Adresse aktualisiert und du kannst gerne noch einmal kommentieren/mich kontaktieren und dann versuche ich mein bestes deine Fragen zu beantworten.

      Viele Grüße,
      Jana

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