Krieg oder Frieden – Das Leben in Israel

Shalom, Salaam, Peace… beginnt ein bekannter Song einer israelischen Hip-Hop-Gruppe. Häufig ist allerdings die Vorstellung vieler Menschen, mit denen ich über meinen Praktikumsaufenthalt in Israel gesprochen habe, eine andere. Ich kann mit großer Sicherheit versprechen, dass die Erwartungen bei einer Reise nach Israel zum Positiven übertroffen werden, bei den vielen negativen Erwartungen, die im Umlauf sind.

Israel lebt von der Mischung an sich. Ein Land der Vielfalt.

Ein bekanntes Sprichwort hier sagt: Jerusalem ist zum Beten, Haifa zum Arbeiten und Tel Aviv zum Leben. So wie sich diese drei unterscheiden, ist Israel bestimmt von den Kulturen seiner Zuwanderer. Diese zeigen sich besonders in einem, dem Essen. Jemenitische Küche, ethiopische Gerichte, marokkanisches und iranisches Street Food. Für jeden Foodie ist Tel Aviv eine Goldgrube und bietet neben zu erwartendem Hummus vieles mehr. Die israelische Gesellschaft ist historisch bedingt vielfältig. Die Mischung vieler verschiedener Gruppen, die sich in der israelischen Knesset, dem nationalen Parlament, widerspiegelt, macht politisches Navigieren unter Mehrparteienkoalitionen schwierig, die Gesellschaft aber so faszinierend. In keinem anderen Land der Welt liegen polnische Blinschikis, Falafel und Würstchen mit Sauerkraut so nah beieinander.

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Es gibt mehr als nur ein Israel. Es gibt ein Israel der Medien, ein Bild Israels, das nur seine Schattenseiten zeigt. Es gibt ein Israel der israelischen Öffentlichkeitsarbeit, das die Startup-Nation in hohe Lüfte hebt. Und es gibt das Israel der „echten kleinen Menschen“, die sich für die Bildung ihrer Kinder, steigende Mieten und Steuern interessieren. Leben in Israel heißt daher definitiv nicht nur Leben mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt oder in ständiger Angst vor einer Attacke.

Die schöne Weiße

In Tel Aviv meint man manchmal, es gäbe keine Sorgen. Das Leben findet wie in so vielen Mittelmeerstädten draußen auf den Boulevards und in den Cafés statt. Viele Tel Aviver nutzen jeden Tag, um nach der Arbeit am Strand zu liegen oder mit ihren Hunden durch die unzähligen Parkanlagen zu spazieren. Vielleicht ist es eben nicht, was viele Menschen von einer Reise nach Israel erwarten – das pure Leben. Tel Aviv ist geprägt von seinem weißen Bauhaus-Stil, Museen und Galerien und den vielen Cafés, die einen Geheimtipp an jeder Ecke versprechen. Auf den vielen Kunstmärkten findet man jegliches handwerkliches Geschick und wer nach Vintage-Kleidung sucht, wird hier fündig. Nicht ohne Grund wird Tel Aviv auch vielerorts das New York des Nahen Ostens genannt.

Während der Konflikt uns hier immer mal wieder näher kommt, fühle ich mich jedes Mal sicher, wenn ich dem Sicherheitsbeamten am Bahnhof oder beim Betreten des Shopping Centers meine Tasche öffne. Nicht nur ich, sondern jeder hier wird kontrolliert und es gibt mir ein Gefühl von Kontrolle. Dennoch, was Menschen hier alltäglich bewegt, sind Dinge abseits dessen. Die sogenannten „Milky-Proteste“ über irrational hohe Lebensmittelpreise in Israel, die ihren Ursprung in Berlin fanden, sowie eine Bewegung, die für lange Zeit eine der bekanntesten Tel Aviver Ausgehmeilen mit Zelten „occupied“ hielt im Protest gegen steigende Mieten, zeigten Höhepunkte des Unmuts der Bevölkerung. Kurz nach den Protesten, alles wieder normal: das Tel Aviver Kurzzeitgedächtnis, mit Kaffee und Street Food und Nightlife betäubt.

Tatsächlich darf man eines nicht tun, die Tel-Aviver-Preise mit daheim vergleichen. Dann kann der Aufenthalt eine genussvolle und vielfältige Erfahrung werden. Nicht zuletzt sind Israelis an sich offene und warmherzige Menschen und Freundschaften bilden sich schnell und halten lang. Wen also die Furcht, geschürt durch die mediale Berichterstattung, überkommt, kann ein in sich einzigartiges Land und seine vielfältigen Bewohner kennenlernen. Es lohnt sich.

 

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