Indonesien für 6 Wochen – Unterrichten in Yogyakarta

Private, katholische Jungenschule in Yogyakarta

Nur Jungs an der Schule und das für sechs Wochen? Am Anfang war mir da schon etwas mulmig zumute, nach einiger Zeit aber war es für mich gar nicht mehr ungewohnt, an einer reinen Jungenschule zu unterrichten. Die Jungs sind sehr nett und zuvorkommend – kein Wunder, sind besonders die Menschen in Jogyjakarta für ihre Freundlichkeit bekannt.

Anstrengend ist dagegen das Anreden gegen die Ventilatoren, die etwas Kühle in die Klassenräume bringen sollen. Bis Mitte April ist Regenzeit in Indonesien, die Temperaturen liegen allerdings schon im Februar und März bei ca. 26 Grad, dazu noch die Luftfeuchte. Gar nicht so einfach, damit zurecht zu kommen. Genauso wie das frühe Aufstehen für mich anfangs nicht so einfach war. Um 6 Uhr klingelt der Wecker, um kurz nach halb 7 radeln meine Kommilitonin Inga und ich den kurzen Weg von unserem Homestay zur Schule. Vorbei an diversen Essenständen, kleinen Supermärkten und im Gewusel einiger Autos und vieler Mopeds sind wir die einzigen Radfahrerinnen und werden wahrscheinlich nicht nur deswegen von vielen Menschen auf dem Weg gegrüßt.

Blick ins Lehrer*innenzimmer

Früher Unterrichtsbeginn

Um 6.50 Uhr müssen die Lehrer*innen im Lehrer*innenzimmer sein (auf bahasa Indonesia heißt Lehrer*in übrigens guru-guru), dann erfolgt die Ansprache vom Direktor und es wird gemeinsam gebetet. Insgesamt drei Mal am Tag wird das Gebet vollzogen, hier ist der Faktor, dass es eine katholische Schule ist, nicht zu übersehen. Ansonsten scheint die Schule allerdings für indonesische Verhältnisse recht offen. Die Schüler* äußern oft, wenn es um die Vorteile und Besonderheiten der Schule geht, dass sie viele Freiheiten haben und z.B. lange Haare tragen dürfen und es nur montags Pflicht ist, die Schuluniform (in Form eines Hemdes) zu tragen.

Der Garten mit Blick auf die Statur zur Ehren des Namenpatrons der Schule

Eine der bekanntesten Schule Yogyakartas

Die SMA Kolese De Britto Schule ist in Yogyakarta bekannt. Wann immer wir erzählten, dass wir dort ein Praktikum machen, wurde uns „Ach, an der De Britto“ entgegnet. Da es eine Privatschule ist und zudem noch katholisch und nur für Jungen zugänglich, hat sie einen besonderen Ruf. Einerseits schneidet sie in vielen schulischen sowie sportlichen Wettbewerben gut ab und ihre Absolventen haben gute Aussichten, nachdem sie die drei Jahre bis zum Abitur dort absolviert haben, zu studieren, andererseits äußern einige Schüler auch Schwierigkeiten, wenn es z.B. darum geht, Mädels kennenzulernen und eine Freundin zu haben, da die Schüler oft wohl als Nerds mit rauen Manieren angesehen werden. Dennoch entscheiden sich viele Schüler auch von weiter her (tw. sogar von anderen Inseln wie z.B Bali oder Sulawesi), an die Schule zu gehen. Ungefähr 50 % der Schüler wohnen daher im nahegelegenen Wohnheim und müssen sich dort selbst versorgen.

Einen großen Sportplatz gibt es auf dem Gelände

Dass die Schule finanziell gut darsteht, merkt man auch an der Ausstattung. Sie hat einen Sportplatz, zusätzlich zwei Sporthallen, eine Mensa, eine Biblitothek und jeder Klassenraum verfügt über einen Beamer.

 

Architektur und Struktur der Schule

Die meisten Klassenräume sind im Übrigen offen – ein Klassenraum besteht aus drei hohen Wänden und einer halbhohen Mauer, dazu ein hoch angebrachtes Dach, aber keine Tür. Unterrichtsstunden, in denen z.B. ein Film gezeigt oder ein Spiel gespielt wird, bekommen die umliegenden Klasse genau mit. Die Schule hat insgesamt 27 Klassen, in jeder Klasse sind ungefähr 30 Schüler. Und in fast jeder Klasse wird Deutsch als Unterrichtsfach angeboten. Allerdings findet der Deutschunterricht nur 1-2 Mal pro Woche statt. Das Niveau der Schüler ist deswegen auch nach drei Jahren Deutsch als Fremdsprache zum großen Teil nicht sehr hoch – die meisten Schüler verlassen die Schule mit Niveau A2, schätze ich. Unsere Aufgaben waren es nun, durch den Kontakt mit Native Speakern die Aussprache der Schüler zu verbessern und den Vokabelschatz zu erweitern. Und ganz wichtig war und ist uns der kulturelle Austausch. Wir haben bspw. bekannte und schöne Orte in Münster, unsere Freunde und unsere Wohnung fotografiert, um das Thema Leben in der Stadt und Wohnen in Deutschland und in Indonesien zu vergleichen. Schon witzig, den Aasee und das Schloss fast 12.000 km entfernt in einem heißen Klassenraum idonesischen Schülern zu zeigen – das Interesse an uns und an Münster war auf jeden Fall vorhanden. Zum Teil kamen auch aus ganz einfachen Dingen witzige kulturelle Unterschiede zu Tage: Ein Schüler fragte z.B. besorgt, als wir erzählten, dass wir zweimal pro Woche den Wochenmarkt am Dom haben, wie wir denn die anderen Tage der Woche an unsere Lebensmittel kämen – in Jogja ist nämlich täglich an vielen Orten in der Stadt Markt und dort wird fast ausschließlich eingekauft.

Typischer Aufbau eines Klassenraums

Vielfältige Tätigkeiten im Praktikum

Unsere Aufgaben während des Praktikums waren divers. Zum einen sollten wir den Schulalltag an einer indonesischen Schule kennenlernen zum anderen auch die deutsche Kultur / Alltag den Schülern zeigen und vor allem viel mit ihnen Sprechen. Unser Ziel war, in einen interkulturellen Austausch zu kommen. Wir nahmen mündliche Deutsch-Prüfungen von verschiedenen 12. Klassen ab, konzipierten einen Workshop zum Thema Nationalsozialismus und natürlich unterrichteten wir. Wir haben z.B. Wohnen in Deutschland und Indonesien durchgenommen und anhand vieler Fotos aus beiden Ländern einen Eindruck bekommen, wie unterschiedlich, aber auch ähnlich wir z.T. wohnen. Und wir üben auch etwas die Aussprache, dafür sind wir ja Native Speaker in Yogya. Ziemlich cool ist, dass die Schüler keine Probleme haben zu singen oder sich zu bewegen und Spiele zu spielen, vieles lief daher über gemeinsames Einüben von Songs, bspw. zum Thema Körperteile.

Bei der Gamelan-Probe

Eines meiner Highlights ist der Nachmittagsunterricht. Neben Fotografie, Sprachen lernen und Sport können die Schüler auch Gamelan üben. Gamelan ist die Musik, die das bekannte Wayang kulit, auf deutsch das Schattenspieltheater, begleitet. Es gibt verschiedenste Schlag-Instrumente dabei: Gong, Xylophon, …. Es war schön, dass wir die Gelegenheit bekamen, es auszuprobieren. Es machte mir großen Spaß, auch wenn es gar nicht so einfach für mich war, den richtigen Ton zu treffen.

 

Unterschiede zwischen Schulen in Yogya und in Deutschland

Komisch für mich ist der enge Umgang von Lehrern und Schülern. Man folgt sich bei Instagram, schreibt über Whatsapp oder trifft sich im Lehrer*innenzimmer. Auch die Lehrer*innen gehen untereinander sehr herzlich miteinander um und bleiben oft auch bis in den frühen Abend hinein an der Schule und machen z.B. im Lehrer*innenzimmer gemeinsam Musik. Schüler und Lehrer*innen sind mit der Schule stark verbunden und auch stolz, dort zu sein, das merkt man auf vielen Ebenen. Am sichtbarsten ist das in den vielen Merch-Artikeln, die die Schule, vor allen Dingen aber die Schüler selbst erstellen. Es gibt Tshirts in diversen Stilen (Rock, Metal oder Hip Hop Stil bspw.), Jacken, Stiftemappen, Rucksäcke, Sticker, Stifte…alles mit dem De Britto Logo und dem Motto „De Britto …till I die.“ Diese enge Verbindung und der starke Patriotismus mit der Institution Schule ist mir aus Deutschland nicht in dem Maße bekannt.

Anders als in Deutschland ist auch das permante Umswitchen im Stundenplan. Ein Beispiel: Dienstag, 3. Stunde. Laut dem Plan sollte ich nur eine Stunde Deutsch unterrichten. Nach dem Ende der Stunde kommt die Biolehrerin – es wird kurz diskutiert und dann gibt es einfach noch eine Stunde Deutsch. Warum diese Änderungen so kurzfristig entstehen, kann ich nicht ausmachen. Die Lehrer*innen sind dadurch zumindest geschult, flexibel zu agieren und können sich schnell auf die jeweilige Klasse und den Unterricht einstellen. Anderereseits, so mein Eindruck, könnte der Unterricht durch mehr Vorbereitung interessanter gestaltet werden.

Insgesamt fühlte ich mich an der Schule sehr wohl – das ist auch für die gemeinsamte Zeit in Indonesien das Fazit – dies erfolgt ausführlich im letzten Blogeintrag.

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