In drei Städten gleichzeitig leben – Willkommen in der Dreistadt

Wer einmal im Ruhrgebiet gelebt hat, möchte die Nähe zu anderen Städten gar nicht mehr missen. Gleiches gilt auch, wenn man einmal im polnischen Trójmiasto gewohnt hat. Trójmiasto, zu Deutsch Dreistadt, international als Tricity bekannt, besteht aus den Städten Danzig, Zoppot und Gdingen.

Insgesamt leben hier etwa 767.000 Menschen, doch im Sommer platzen vor allem Danzig und Zoppot aus allen Nähten. Kein Wunder, die Region hat wahnsinnig viel zu bieten. Geschichte, Kunst, Kultur, Konzerte, alle möglichen Wassersportarten, Partys direkt am Strand, hervorragende Küche, wunderschöne Natur… Hier wird es nie langweilig. Genau deshalb habe ich mich für ein PJ-Tertial in Danzig entschieden. Und mir war bisher noch nie langweilig 🙂 In diesem Beitrag möchte ich Euch zeigen, warum wenigstens ein kurzer Trip in die Dreistadt lohnenswert ist, auch wenn ich Euch einen ganzen Sommer an der Polnischen Ostsee ans Herz legen möchte.

Geschichte

Danzig hat eine sehr bewegte Geschichte. Wenn ihr also Geschichts-Fans seid und noch nie in Danzig wart, sollte die Dreistadt unbedingt auf eurer Bucket-List landen.

Um mehr über Danzigs Vergangenheit zu erfahren, habt ihr vielfältige Möglichkeiten. Um euch eine grobe Übersicht zu verschaffen, könnt ihr bei einer „Free Walking Tour“ mitgehen. Ihr könntet euch natürlich auch ein Fahrrad leihen oder ihr seid ganz sportlich und nutzt meine persönliche Lieblingsvariante – eine Kanutour. Keine Sorge, auch wenn ihr sonst keinen Marathon mitlauft, jeder halbwegs fitte Mensch kann hier die Paddel schwingen. Während ihr also zu Wasser die Innenstadt erkundigt, erfahrt ihr nicht nur etwas über die Stadt, sondern schafft auch Platz für eine Portion Pierogi im Anschluss. Und habt dabei eine Menge Spaß (bitte vergesst nicht die Sonnencreme mitzunehmen) – aber auch ein bisschen Angst, wenn die ganz großen Schiffe an euch vorbeisegeln.  

Wer sich für den zweiten Weltkrieg interessiert, bekommt auf der Westerplatte einen guten Eindruck, wie sich eine Belagerung angefühlt haben muss.

Wenn das Wetter einmal nicht mitspielt, könnt ihr ins Museum des zweiten Weltkriegs ausweichen. Auch bei gutem Wetter lohnt sich ein Besuch. Das Museum ist eines der besten, das ich jemals besucht habe. Hier könnt ihr locker ein paar Stunden verbringen.

Auch ein Spaziergang durch Danzigs wunderschöne Altstadt lässt mein Herz immer ein bisschen höher schlagen. Besonders gerne sitze ich im Drukarnia Café in der Bernsteinstraße (ul. Mariacka) und beobachte die Touristen und Einheimischen während ich einen Matcha Latte (den können die hier!) trinke. In dieser Gegend gibt es eine Menge guter Cafés und Restaurants, falls ihr eine Pause vom vielen Besichtigen braucht.

Ich könnte noch einige Seiten darüber füllen, wie man Danzig am besten besichtigt und was es zu sehen gibt. Diese Stadt hat aber noch mehr zu bieten…

Kunst, Kultur und Konzerte

Kunst und Kultur werden in der Dreistadt großgeschrieben.

Theater, Oper, Ballett, Kunstaustellungen, Filmaufführungen und Konzerte. Jedes Wochenende ist etwas los.

Ich schreibe euch kurz, was mir besonders gut gefallen hat.

Im Nationalmuseum von Danzig gibt es eine tolle Kunstausstellung mit teils wirklich beeindruckenden Bildern. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Malerei und trotzdem bin ich an manchen Bildern für einige Minuten hängen geblieben. Auch das Gebäude hat mich beeindruckt. Früher war es eine renommierte Akademie und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie Studenten aus dem 19. Jahrhundert sowie altehrwürdige Professoren durch die Gänge eilen.

In Zoppot werden den ganzen Sommer lang Filme auf dem berühmten Steg („Molo“) gezeigt. Man muss nur etwa 2 € Eintritt zahlen, um auf den Steg zu gelangen. Die Filme selbst waren sehr aktuell und häufig mit Preisen dotiert.

Was Konzerte angeht, ist die Dreistadt sehr vielfältig. Ich habe mich für eine Veranstaltung der baltischen Oper und der Philharmonie entschieden. Die Mozartiana findet jedes Jahr im Park von Oliwa statt. Allein dieser wunderschöne Park ist einen Besuch wert. Aber auch das Konzert selbst war sehr ungewöhnlich. Draußen im Park, unter freiem Himmel wurden Operngesang, klassische Musik von Mozart und eine Theateraufführung zu einer spannenden Geschichte verbunden. Der Eintritt war frei.

Wer zeitgenössische Musik bevorzugt, wird auch nicht enttäuscht. Rock-, Pop- und Hiphop-Konzerte werden in Polens Norden sehr geschätzt. Ein großes Festival ist das Heineken-Festival, bei dem internationale Stars auftreten (Jay-Z, Interpol…)

Und wer Lust hat drei Tage und Nächte lang „Plötzlich am Meer“ zu sein, der steigt in den Zug und ist in vier Stunden in Kolberg, um das Leben, den Strand und die Musik zu feiern 🙂

Party

Wo wir schon bei Party sind. Holla die Waldfee und na zdrowie. Die Polen können einiges und die Touristen offensichtlich auch.

Wollt ihr am Strand tanzen? Auf nach Zoppot. Der Club Atelier liegt direkt am Strand. Das Publikum ist anständig, kann aber gut feiern. Die Musik ist bunt gemischt, hier ist für jeden etwas dabei. Wenn es mal doch zu heiß wird, kann man die Füße kurz ins Meer tauchen und den beleuchteten Steg zur Rechten bewundern. Ein bisschen Luft schnappen und weiter tanzen, der DJ hat mich echt überzeugt. Hier ein Bild vom Strand in Zoppot:

Wer einen Mix der neuesten Charts sucht, sollte sich im Zentrum von Zoppot (ul. Bohaterów Montecassino) orientieren. Dazu kann ich nicht ganz so viele Tipps geben, denn da ging es zu wild her für meinen Geschmack. Vielleicht bin ich aber auch schon zu alt 😉

Seid ihr Freunde der gepflegten elektronischen Musik, solltet ihr die Elektriker-Straße (ul. Elektryków) austesten. Eine Straße mitten im Industriegebiet nahe den Werften mit beleuchteten Imbissbuden, Foodtrucks, Bars und Sitzgelegenheiten beschallt von guten DJs. Klingt in einer warmen Sommernacht nicht schlecht, oder? Falls es mal nicht so warm sein sollte, keine Sorge, der Club B90 bietet zu späterer Stunde Ausweichmöglichkeiten.

Eine Alternative zur klassischen Party-Kultur bieten die Camping-Plätze auf der Halbinsel Hel…

Sport und Natur

… und damit wären wir auch schon an meinem Lieblingsort außerhalb der City. Es klingt vielleicht nicht so, aber für mich ist Hel himmlisch. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich viele Sommer in meiner Jugend hier verbracht habe. Von Juli bis August ist der Name jedoch Programm: es ist höllisch voll. Wer also nur die Natur genießen möchte, kommt besser im Juni oder ab September vorbei oder weicht auf die kaschubische Schweiz aus. Oder geht in Gdingen segeln.

Wenn man über die Halbinsel fährt, erahnt man zur einen Seite das offene Meer und zur anderen die Danziger Bucht. Die Sandstrände laden zum Ausruhen ein, ein Bad in der kalten Ostsee ist obligat. Hier könnt ihr Fahrrad fahren und Wandern aber vor allem – und das ist für mich das Beste – wind- und kitesurfen!

Ich gebe zu, dass der Wind nicht ganz zuverlässig und manchmal etwas böig ist. Aber wenn er erst mal da ist, lädt dieses Stehrevier mit unendlich viel Platz zu einer fantastischen Surfsession ein! Wenn man dann ausgehungert nach Mittagessen Ausschau hält, ist die nächste Fischbude nicht weit und der Fisch ist wirklich lecker!

Essen

Heute schlage ich Brücken, wie ein Profi. Von Fisch zu anderen Polnischen Köstlichkeiten. Vegetarier kommen bis auf leckere Maultaschen, die hier Pierogi genannt werden, etwas kurz. Die gute Nachricht ist, dass die Polen sich langsam an fleischlose Alternativen gewöhnen, ihr werdet also nicht verhungern.

Was sollte man also unbedingt probiert haben?

Wie schon oben genannt, Pierogi in allen möglichen Varianten. Ein gutes Restaurant dafür ist „Mandu“ in der Innenstadt. Plant eine Wartezeit ein.

Polnische Suppen wie Zurek, Barszcz, Gurkensuppe und Sauerampfersuppe solltet ihr definitiv kosten, den Zurek (saure Mehlsuppe) unbedingt im Brot bestellen!

Als Vorspeise könnt ihr euch Heringe in Sahne oder Rindertartar gönnen.

Alles was Fleisch beinhaltet, wird euch ohnehin nicht enttäuschen, darauf gehe ich nicht näher ein 😉 Als Gemüse solltet ihr jedoch unbedingt surówka bestellen. Das sind Salate, die häufig aus Kraut und Möhren oder auch aus roter Beete zubereitet werden. Warum es die noch nicht in Deutschland gibt, ist mir ein Rätsel.

Zapiekanka solltet ihr euch für den kleinen Hunger aufheben. Hierbei handelt es sich um ein mit Käse überbackenes Baguette. Die Polen mögen ihre Zapiekanka mit Pilzen oder sauren Gurken und ein bisschen Ketchup.

Pajda ze smalcem ist einfach nur ein unheimlich gutes Schmalzbrot und eine saure Gurke gibt es oben drauf (jaja, die Polen mögen ihre Gurken, die werden auch zu Wodka verspeist).

Des Weiteren würde ich euch noch Bohnen und Bigos empfehlen.

Für die Mutigen unter euch gibt es noch Flaczki (Innereien, klingt schlimmer, als es ist) und Blutwurst (Kaszanka) vom Grill.

Als Dessert bestellt ihr noch ein Stück Käsekuchen und Tee.

Wie ihr seht, verhungern müsst ihr hier nicht. Das Essen ist zudem sehr erschwinglich, also könnt ihr euch noch ein Bier dazu bestellen (für die Damen mit einem Schuss Ingwersirup).

 

Ich hoffe sehr, dass ihr einen kleinen Einblick in die spannende Dreistadt erhalten habt und dass ihr eines Tages einen Besuch in Polen wagt – es lohnt sich!

Zum Praktikum selbst und wie ich alles organisiert habe, werde ich noch berichten.

Ich gehe mir jetzt einen Snack besorgen. Genau. Eine saure Gurke. Ich habe mich gut eingelebt.

 

 

Ein Gedanke zu „In drei Städten gleichzeitig leben – Willkommen in der Dreistadt

  1. Hallo, ich studiere Medizin und überlege gerade ein PJ Tertial in Danzig zu machen, könntest du mir vielleicht Infos zukommen lassen, wie das mit der Bewerbung genau aussah?

    Viele Grüße

    Flo

    PS: Mehr würde ich lieber privat schreiben

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