Einmal durch Estland und wieder zurück…

Wie schon in der letzten Woche angekündigt, hat Estland auch noch weit über die Mauern der Tallinner Altstadt hinaus viele interessante Orte und Geschichten zu bieten. Für alle Ziele innerhalb und am Rand Tallinns reicht meistens die Fahrt mit dem Trolleybus oder der Tram. Alle Hauptstadtbewohner können damit kostenlos fahren und für Besucher kostet ein 5-Tages-Ticket nur 6€, also wirklich günstig!

In der Stadt findet ihr gleich hinter dem Hauptbahnhof den bekannten Balti jaama turg. Ein bisschen abseits der Touristen in der Altstadt versteckt sich hinter den Eingängen des Balti jaama turgs ein Wochenmarkt, der an die Zeit der Sowjetunion zurückerinnert. Neben Obst und Gemüse, Fleisch-, Käse- und Backwaren gibt es auf dem Markt außerdem eine Vielzahl von günstigen Kleidungsstücken, Schuhen und Haushaltsartikeln, dazu noch eine große Menge an ’Ramsch’, also meistens Dinge, die zu Hause nur noch auf dem Sperrmüll landen. Bei meinem ersten Besuch habe ich mich hier nicht so richtig wohlgefühlt, denn im Gegensatz zur schicken Altstadt sind auf dem Markt auch viele der ärmeren Menschen aus Tallinn zu finden, und arm sein hat hier definitiv eine andere Bedeutung als in Deutschland. Das Durchschnittseinkommen in Estland liegt bei nur rund 960€ und die Spanne zwischen Arm und Reich ist wirklich besonders groß, wodurch die Armen noch ärmer werden, als sie sowieso schon sind… Trotz alledem und vielleicht gerade deswegen solltet ihr euch unbedingt ein bisschen Obst und Gemüse auf dem Markt kaufen! Denn neben unglaublich günstigen Preisen und frischen Produkten aus Estland habt ihr an wenigen Stellen der Stadt die Möglichkeit, der Kultur und Vergangenheit der Sowjetzeit und dem heutigen Leben in so kurzer Zeit so nah zu sein wie auf dem Markt!

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Jaama turg hinterm Hauptbahnhof

Denn nach nur 10-minütiger Fahrt mit der Tram seid ihr schon im Kadriorg Park, in dem nichts mehr an die Vergangenheit der Sowjetzeit erinnert. Der Park hat seinen Namen durch Katharina, die Ehefrau von Zar Peter I, für die er den Park und das Schloss ab 1718 errichten ließ. Der Kadriorg Park ist der größte und schönste der Stadt. Neben vielen Museen und Kunstausstellungen gibt es hier auch den botanischen Garten und viele süße Cafés für einen gemütlichen Nachmittag. Außerdem liegt der Park direkt neben der Promenade, die am Meer entlang bis zum Pirita Strand führt. Also perfekt für einen langen Spaziergang im Sommer! (Im Winter bevorzugt man eher eine kurze Runde, denn besonders am Meer kann es durch den Wind noch kälter werden, als es sowieso schon ist…).

Schloss Kadriorg
Schloss Kadriorg im Park

Der wichtigste Ort für alle Fischliebhaber in Tallinn ist als letztes Ziel der Hauptstadt der Fischmarkt ’Kalaturg’. Es gibt eine riesige Auswahl an frischem Fisch, die meisten könnt ihr natürlich auch geräuchert bekommen. Ihr solltet euch nur die verschiedenen Fischsorten schon vorher aus dem Estnischen übersetzen, denn nicht alle am Stand können euch ihre Auswahl in Englisch präsentieren… Von Frühjahr bis Herbst gibt es außerdem noch frisches Brot, Krautsalat, eingelegte Gurken und andere hausgemachte Spezialitäten. Die solltet ihr auch unbedingt probieren!

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Kalaturg

Für die Ziele im restlichen Estland solltet ihr entweder einen Fernbus/Zug oder ein Auto nehmen. Für Stadtbesuche in Tartu oder Riga (Lettland) eignet sich am besten der Fernbus. Wenn ihr jedoch ein bisschen flexibler sein wollt und an der Küste oder im Nationalpark unterwegs seid, mietet euch auf jeden Fall ein Auto! Das kostet bei vielen der Anbieter nicht mehr als 25€ am Tag, außerdem sind die Autos neu und haben einen so geringen Verbrauch, dass man bei einem Benzinpreis von 0,95€ pro Liter nicht mehr viel für den Sprit zahlt.

Wenn ihr also länger als nur ein paar Tage in Estland seid, solltet ihr unbedingt in den Nationalpark ’Lahemaa’ fahren. Er liegt ungefähr eine Stunde von Tallinn entfernt und ist mit 72.500 Hektar der größte in Estland. Durch die Naturpfade des Parks könnt ihr eure Wanderung starten, ohne Angst zu haben euch so richtig zu verlaufen oder im Hochmoor stecken zu bleiben, denn sie führen normalerweise immer zurück zum Parkplatz oder der Straße. Auf der Tour durch den Nationalpark habt ihr außerdem die Möglichkeit die schönen Herrenhäuser zu besichtigen und einen Spaziergang entlang der Strände der Fischerdörfer zu machen. Dabei müsst ihr jedoch ein wenig aufpassen, nicht versehentlich über einen Findling zu stolpern, die liegen hier in Lahemaa nämlich an jeder Ecke. Findlinge sind die Steine, die während der letzten Eiszeit vor gut 11.000 Jahren vom Eis aus Skandinavien und Finnland nach Estland transportiert wurden. Und glaubt man verschiedenen Sagen, so soll es sich bei einigen um versteinerte Teufel handeln, andere hat der Riese Kalevipoeg – Held des estnischen Nationalepos – dort hingeworfen. Deshalb gilt auch heute noch: Findlinge verrücken bringt Unglück! Um jedoch noch mehr über die Sagen und Geschichten der Dörfer zu erfahren und auch wirklich alle schönen Orte in Lahemaa zu sehen, bietet das Touristikzentrum des Parks besonders im Sommer Touren mit Übernachtungen an. Wir waren leider nur einen Tag dort und haben deswegen nur ein paar der Orte gesehen, die den Nationalpark so besonders machen!

Lahemaa
Steg durchs Hochmoor
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Küste am Fischerdorf

Tartu ist ein weiteres Ziel in Estland, dass ihr außerhalb der Hauptstadt besuchen könnt. Es ist die zweitgrößte Stadt Estlands und Hochburg der Studenten. In den Semesterferien im Winter kann es dort durchaus ein bisschen verlassen auf der Straße sein, aber im Frühjahr und Sommer sind in der Stadt und im Park auf dem Domberg zwischen den Gebäuden der Universität unzählige Studenten unterwegs. Ihr solltet dort auch unbedingt ’Crepp’ besuchen. Wie der Name schon erahnen lässt, gibt es hier die leckersten Crepes in ganz Estland und nicht ohne Grund spricht man hier vom ’ Pancake heaven’!

Tartu
Tartu und die küssenden Studenten (Pärchen auf dem Brunnen des Rathausplatzes)

Im Sommer werde ich auf jeden Fall noch einmal nach Estland fliegen, um ein paar Tage in Pärnu zu verbringen. Ein Besuch dort ist scheinbar ein absolutes Muss, da es die Sommerstadt des Landes ist und an heißen Tagen perfekt für den Strandurlaub!

Von Estland aus könnt ihr außerdem superleicht viele andere Länder und Städte erkunden. Die Fernbusse starten mehrmals täglich in Tallinn und fahren in vier Stunden nach Riga, der Hauptstadt Lettlands, und von da aus weiter nach Vilnius in Litauen. Wer lieber ein bisschen Skandinavien erkunden möchte, kann von Tallinn aus mit der Fähre in nur zwei Stunden nach Helsinki (Finnland) fahren, das lohnt sich also auch für einen Tagesausflug. Über Nacht fahren außerdem noch Fähren nach Stockholm (Schweden) und nach St. Petersburg in Russland (hierfür braucht ihr allerdings ein Visum), was natürlich richtig interessante Ziele für neue Städtetrips sind!

Riga
Riga
Helsinki
Helsinki

Ihr seht, dass Estland zwar selbst sehr klein ist, aber unzählige Möglichkeiten bietet, eine wunderbare Zeit hier zu verbringen! Ich selbst habe jetzt leider nur noch drei Wochen, um noch ein paar letzte Erkundungstouren zu starten. Aber ihr wisst wahrscheinlich selbst, dass es in einem halben Jahr sowieso unmöglich ist, ein ganzes Land zu entdecken. Aber ich bin ja auch nach Estland gekommen, um neue Erfahrungen während meines Praktikums zu sammeln! Das habe ich natürlich von montags bis freitags meistens auch getan, und darüber werde ich euch dann in meinem nächsten Eintrag erzählen…

Liebe Grüße aus Estland, Kirsten 🙂

 

Über Kirsten

Hallo ihr Lieben! Ich bin Kirsten und seit Ende September für ein halbes Jahr im süßen Estland in der Hauptstadt Tallinn! Eigentlich studiere ich in Münster BWL, mache aber erst mal ein Semester Pause und freue mich riesig auf mein Praktikum bei der Deutsch-Baltischen Handelskammer. Natürlich kann nicht wirklich Estnisch sprechen (das spricht man nämlich hier! Jaaaaa das kleine Land hat eine eigene Sprache!), aber in der Handelskammer ist das kein Problem. Mit Deutsch kommt man da super zurecht und sonst versteht mich hier auch jeder in Englisch (hier sind nämlich auch richtig viele nette Erasmusstudenten während ihres Auslandssemesters). Ich freue mich schon riesig, euch von all meinen Erfahrungen und Begegnungen hier „live“ zu berichten. Natürlich werdet ihr nun auch öfter von mir hören und vielleicht schließt ja auch ihr das kleine Estland nach diesem halben Jahr noch in euer Herz! Head aega und bis bald, eure Kirsten

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