Ecuador – mi vida, mi amor

Ecuador liegt im Norden Lateinamerikas und grenzt an Kolumbien und Peru. Der Name lässt sich auf die geografische Lage zurückführen, denn Ecuador liegt auf dem Äquator, jedoch befindet sich der größte Teil des Landes in der südlichen Hemisphäre.

Mit einer Einwohnerzahl von 13.350.000 Einwohnern liegt Ecuador auf Rang sieben der meistbewohntesten Ländern in Südamerika. Das Land ist mit vier komplett verschiedenen geographischen Zonen auf nur 284.000 Quadratkilometern (das entspricht etwa der Größe Großbritanniens) eines der vielfältigsten Länder der Welt. Unterteilt wird dabei in die Gebiete Costa (Küste), Sierra (zentrale Andenregion), Oriente (Amazonas Tiefland) und die Galápagos-Inseln. Diese vier Zonen unterscheiden sich sowohl topografisch als auch klimatisch völlig voneinander.

Die Costa beherbergt auf etwa einem Viertel der Landesfläche die Hälfte aller Ecuadorianer. Der größte natürliche Hafen liegt im natürlichen Delta des Rio Guayas. Das Klima dieses Gebietes lässt sich in zwei Bereiche unterteilen, der tropisch feuchte Norden und der semiaride Süden.

Die Andenregion Sierra ist wohl am meisten für ihre zahlreichen Vulkane bekannt. Außerdem liegt hier die Hauptstadt Quito auf 2700m Höhe in einem Talkessel und ist damit die höchste Hauptstadt der Welt. Und das in unmittelbarer Nähe zum aktiven Vulkan Cotopaxi (5900m), der nur noch durch den höchsten Berg Ecuadors Chimborazo (6310m) überragt wird.

Volcán Cotopaxi

Die Region Oriente beherbergt das Amazonas Tiefland und somit einen Teil des Regenwaldes. Hier herrscht feucht-heißes, tropisches Klima, alle Flüsse sind Zuläufer zum Amazonas, dessen Zugang Ecuador jedoch im Zuge eines Krieges mit Peru verlor. Hier findet sich die Artenvielfalt des Urwalds, wer hierher reisen möchte, muss sich jedoch gut gegen Malaria schützen.

Die Galápagos-Inseln liegen etwa 1000km vom Festland entfernt und sind wie Hawaii vulkanischen Ursprungs. Bekannt gemacht wurde das Archipel durch Charles Darwin, der mit seinen Entdeckungen auf den Inseln, die niemals Kontakt zum Festland hatten, die Evolutionstheorie belegte. Auf den weitverstreuten Inseln findet man die auf der Welt einzigartigen Riesenschildkröten und die Blaufußtölpel. Die Hälfte der Fläche nimmt die Insel Isabela ein, auf der auch der mit 1707m Höhe größte Vulkan des Gebietes steht.

Seelöwe auf San Cristóbal

Bereits letztes Jahr habe ich einige Zeit in Ecuador verbracht und, wer hätte es gedacht, ein Jahr später sitze ich schon wieder im Flugzeug zurück in dieses vielfältige Land. Zwei Monate lang werde ich ein Forschungsprojekt in Cotacachi unterstützen, einer Kleinstadt zwei Stunden nördlich von Quito. Die Stadt liegt auf 2400m Höhe, hat nur 20.000 Einwohner und wird eingerahmt von dem gleichnamigen Vulkan Cotacachi und dem Vulkan Imbabura. Von meiner Dachterasse aus, kann man den Imbabura sehen, wenn er nicht gerade von Wolken verdeckt ist. Jeden Tag aufs Neue bin ich beeindruckt von der Gewaltigkeit, die dieser Vulkan ausstrahlt.

Volcán Imbabura

In Cotacachi leben viele Indigenas, Nachfahren der Ureinwohner Südamerikas. Die Frauen tragen die traditionalle Kleidung, bestehend aus einem langen, dunklen Wickelrock, der mit einem bunten Stoffgürtel gehalten wird. Dazu eine weiße und mit Blumen oder Mustern bestickten Bluse. Die Haare tragen sowohl die Frauen als auch die Männer lang, entweder im Pferdeschwanz oder geflochten. Männer mit kurzen Haaren sind hier sehr selten. Ich steche dadurch natürlich besonders heraus, noch mehr als in Quito, wo man öfter auch andere Touristen trifft. Besonders für mich als Frau ist das nicht unbedingt ein Vorteil. Männer pfeifen und rufen mir hinter, wann immer ich die Straße entlanggehe, manche verfolgen mich sogar für eine Weile. Die meisten hier wollen mir nichts Böses, sie sind einfach gelangweilt, denn Arbeit auf dem Land ist rar.

Cotacachi
Ausblick aus meinem Zimmer mit dem Volcán Cotacachi

Arbeitslosigkeit ist nur eines der Probleme der indigenen Landbevölkerung. In meinem Projekt spreche ich viel mit Müttern, die mir von ihrem alltäglichen Leben erzählen. Viele wurden bereits mit 16 verheiratet und das nicht immer freiwillig. Lesen und Schreiben können längst nicht alle, unter den Männern ist der Analphabetismus sogar noch weiter verbreitet. Eine Frau erzählte mir, sie würde wahnsinnig gerne Englisch lernen, doch sie hat kein Geld, um einen Kurs zu besuchen. „Abends gehen wir früh schlafen“, sagt sie, „wir haben kein elektrisches Licht. Und ohne Licht kann man dann abends nichts mehr machen.“

Bei einer Ratsversammlung einer Communidad, erfahre ich, dass die meisten indigenen Comunidades wenig vom Geld des Tourismus abbekommen. Während die Stadt Cotacachi durchaus zeigt, dass hier Geld in die Kassen fließt, gibt es in den Comunidades nicht einmal befestigte Straßen. Trotzdem will die Regierung, dass sich die Bewohner der Comunidad am Erhalt und der Verbesserung touristischer Infrastruktur beteiligen. Ein Vertreter spricht vor der Versammlung und löst damit eine hitzige Diskussion aus. Viele in der Comunidad sehen es nicht ein, sich an Projekten zu beteiligen, von denen sie nichts abbekommen. Einige waren noch nicht einmal am See Cuicocha, um den es in dem Regierungsprojekt geht.

Typische Häuser in den Comunidades

Neue Probleme tauchen auf, doch alte scheinen auch nicht zu verschwinden. Noch immer ist die indigene Identität ein Punkt, für den viele Indigenas kämpfen müssen, und das viele hundert Jahre, nach dem die Kolonialherrschaft der Spaniern durch Simón Bolívar beendet wurde. „Wir sind Indigenas von Anrabí, aber wir werden genannt unter den Indigenas von Otavalo. Das ist nicht fair“, ruft eine alte Frau in traditioneller Kleidung in die Versammlung und die anderen stimmen zu. Auch im Jahr 2019 hat die Unterdrückung einer Kultur vor vielen Jahrhunderten noch Auswirkungen auf die Bevölkerung.

Doch eins zeichnet die Bewohner Ecuadors aus. Sie sind meiner Meinung nach eines der gastfreundlichsten und höflichsten Völker und machen unglaublich leckeres Essen. Ecuador ist eines der fruchtbarsten Länder, auf seinen Böden wächst fast alles, was das Herz begeehrt. Auf den Märkten gibt es eine unzählbare Menge an verschieden Früchten und Gemüsesorten, zu Preisen, bei denen mir das Herz aufgeht. 50ct. für eine Ananas, 1$ für 20 Mandarinen, 3$ für einen Wochenvorrat an Gemüse. Besonders typisch sind auch die Comedores auf den Märkten. Hier treffen sich die Bewohner der Stadt und Essen gemeinsam landestypische Gerichte, die an kleinen Ständen um den Comedor herum verkauft werden. Diese bestehen meist aus Reis mit Platane, verschiedensten Sorten Mais und einer Fleischbeilage. Dazu gibt es einen frisch gepressten Saft. Das alles für sage und schreibe 2,50$.

Comedor

Ich freue mich, dass ich in den nächsten zwei Monaten diese Kultur durch mein Praktikum noch besser kennen lernen und das vielfältige Land Ecuador bereisen kann. Ob auf dem Land von den Anden umgeben oder mitten im geschäftigen Treiben der höchsten Hauptstadt der Welt, zwischen indigener Kultur und spanischem Einfluss, diese Land heißt mich ein weiteres Mal mit offenen Armen willkommen und ich kann es kaum erwarten, mich in das südamerikanische Lebensgefühl zu stürzen.

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