Rückblick auf 3 Monate an der Norwich School

Tja, meine Zeit in Norwich ist vorbei und ich habe natürlich schon längst mein sehr persönliches Fazit gezogen, mit dem ich euch Leser jetzt allerdings nicht langweilen werde. Ich versuche mich in diesem letzten Eintrag kurz zu halten und die interessanten Dinge auf den Punkt zu bringen, ohne zu sehr in persönliche Gefühlsduselei zu verfallen, was zugegebenermaßen leichter gesagt als getan ist.

Ihr merkt, ich trauere meiner Zeit in Norwich etwas nach…

Arbeiten wir einfach die Punkte, die mir noch wichtig sind loszuwerden, ganz systematisch ab. Ich denke, ich sollte zunächst mal auf das Sprachliche eingehen, das ja letztendlich neben den Unterrichtserfahrungen Sinn und Zweck dieses Aufenthalts war.

Viele versprechen sich sprachlich immer sehr viel von einem Auslandssemester und ich wage es jetzt einfach mal, diesen Enthusiasmus etwas zu dämpfen. Ich weiß nicht, wie es nach einem ganzen Jahr im Ausland aussieht und ich kann hier auch nur für mich sprechen, aber viel hat sich, nach drei Monaten, an meinem Englisch definitiv nicht geändert. Heißt nicht, dass ich vorher schon brilliant war. Heißt auch nicht, dass ich immer noch schlecht bin. Ich beherrsche die englische Sprache bereits seit einigen Jahren auf einem bestimmten Level und das ändert sich nicht so schnell. Zwischendurch, nach etwa zwei Monaten, hatte ich sogar das Gefühl, dass ich stagniert bin und sich absolut nichts gebessert hat. Mittlerweile kann ich aber sagen, dass das nicht stimmt. Mein Hörverständnis ist definitiv besser geworden, mein Wortschatz etwas erweitert und auch das Sprechen läuft jetzt flüssiger (wobei sich das nach einiger Zeit in Deutschland sicherlich wieder verschlechtern wird). Aber ich mache immer noch grammatische Fehler, verhaspel mich oder kann mich nicht so ausdrücken wie ich es gerne täte, weil mir gerade die verdammten Wörter nicht in den Sinn kommen.

Man ist allerdings jeden Tag gezwungen, sehr viel Englisch zu reden und das hält schon fit, muss ich sagen. Vor allem morgens nach dem Aufstehen ist ein entspanntes Plaudern allerdings eine Herausforderung –  und wenn ich es versuche, hält sich der sprachliche Erfolg meist in Grenzen. Besser läuft es, wenn man sich nachmittags mit Kollegen im Pub trifft – das ist in der Tat die beste Möglichkeit, an seinem Englisch zu arbeiten.

Die gute Gesellschaft nimmt einen großen Teil dessen ein, was ich besonders vermissen werde. Ich hatte ein tolles Arbeitsumfeld mit wirklich netten Menschen – dementsprechend war das Arbeitsklima super angenehm und es gab nie Probleme. Die Lehrer im German Department waren sehr kooperativ und entgegenkommend, haben mir viele Freiheiten gelassen und mich trotzdem immer unterstützt und beraten und mich vielfältig eingesetzt. Ich wurde von der Deutschfachschaft sogar mit lobenden Worten, kleinen Geschenken und einer lieben Karte verabschiedet, was mich super gefreut hat!

Auch mit den anderen Assistentinnen habe ich mich super verstanden – zwei sind im Laufe der Zeit wirklich gute Freundinnen geworden. Wir alle haben in unserer Freizeit viel miteinander unternommen, sowohl in Norwich als auch in der Umgebung, sodass für Heimweh kein Platz mehr geblieben ist.

Küstenwanderung bei Cromer

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass es sich durchaus lohnt, mal an die Küste zu fahren. Die Orte Cromer und Sheringham sind ganz gute Ziele, wobei Sheringham idyllischer ist. Cromer ist mittlerweile recht heruntergekommen, hat dafür aber einen schönen Pier. In den Städtchen selbst kann man sich nicht allzu lange aufhalten, man kann aber von beiden Orten aus Küstenwanderungen starten, die sich, je nach Wetter, wirklich sehr lohnen.
Wenn man in Norwich selbst mal ins Grüne will, kann ich einen Rundgang um den Whitlingham Broad Lake sehr empfehlen, der allerdings etwas außerhalb in der Nähe von Trowse gelegen ist.

Whitlingham Broad Lake

Übrigens, und das schiebe ich hier mal eben ein, kauft euch unbedingt die Railcard wenn ihr für längere Zeit in Großbritannien seid!  Damit bekommt ihr sämtliche Zugtickets 33% billiger, was sich bei den recht happigen Bahnpreisen hier definitiv lohnt. Die Railcard kostet 30 Pfund und die waren bei mir recht schnell abbezahlt, weil man allein bei der Strecke Stansted-Norwich mit der Railcard 10 Pfund spart. Ihr könnt sie übrigens sowohl online als auch am Schalter erwerben, müsst allerdings ein Passfoto von euch mitbringen, das dann auf die Railcard geklebt wird.

Zum Schluss: ich habe mich hier wirklich super wohl gefühlt! Sowohl auf menschlicher Ebene als auch beim Unterrichten und Arbeiten mit den Schülern. Die Schüler waren alle sehr nett und mir meistens auch sehr respektvoll gegenüber, was ja nicht selbstverständlich ist, wenn man „nur“ Praktikant ist. Leider waren viele sehr distanziert und unnahbar und haben mich außerhalb des Unterrichts oft wie Luft behandelt, sodass mein freundlich grüßender Blick meistens ins Leere ging. Das fand ich etwas schade, aber naja… das allgemeine Klima war jedenfalls sehr angenehm.
Meine Aufgaben, die ich bereits im zweiten Eintrag geschildert habe, haben mir auch sehr gut gefallen und ich kann nicht behaupten, überfordert gewesen zu sein. Der Arbeitsaufwand war wirklich recht entspannt zu bewältigen und falls es Probleme gab, hatte ich immer Ansprechpartner.

Man muss übrigens kein Germanist sein, um hier zu unterrichten. Klar, die Basics der deutschen Grammatik sollte man schon drauf haben, aber man kann auch immer zwischendurch Fortbildungen bei Google machen…
Wichtiger ist die Vermittlung, und die ist in England anders, als wir das aus dem Deutschunterricht kennen. Wen oder was? = Akkusativ hilft den Schülern herzlich wenig. Sich damit auseinanderzusetzen fand ich aber ziemlich spannend und hat mir gezeigt, wo die Schwierigkeiten liegen, wenn man Deutsch als Fremdsprache lernt – ich denke, das kann durchaus nützlich sein.

Ergo, mein Appell an euch: Bewerbt euch, es lohnt sich! Es ist eine großartige Möglichkeit großartige Erfahrungen zu machen, das englische Privatschulsystem kennenzulernen (und zu hinterfragen) und neue Leute kennenzulernen. Und englischen Smalltalk lernt man nebenbei auch noch. Ich in meinem Fall sogar noch ein bisschen Schweizerdeutsch 🙂

Danke fürs Lesen und es grüßt

Euer Felix

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