Was sind die großen Herausforderungen in der Städte- und Regionalplanung in Frankreich? Wie kann man in der Städteplanung Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel und den Klimawandel erreichen? Wie sieht der Arbeitsalltag von Regional- und Städteplaner*innen aus? Wer sind die wichtigsten Stakeholder in dieser Branche in Frankreich? All diese Fragen und viele weitere Themen haben mich motiviert, mich für ein dreimonatiges Praktikum bei einem Stadt- und Regionalplanungsbüro in der nordfranzösischen Stadt Lille zu bewerben.

Ich hatte nun also das Glück, dass die Firma mich als Praktikanten angenommen hat, sodass ich im Mai 2024 mein Praktikum dort gestartet habe. Der Standort der Firma war allein schon ein echtes Highlight. Dieser befindet sich nämlich in einem ehemaligen Güterbahnhof, der über Jahrzehnte lang leer stand und eine große Brachfläche in Lille gebildet hat. Vor einigen Jahren hat die Stadt Lille über eine stadteigene Firma den alten Bahnhof jedoch umbauen lassen und heute beherbergt dieser einen sogenannten Dritten Ort. Es gibt einen Bereich für Kunstschaffende, eine Bar, Co-Working-Plätze, regelmäßige kulturelle Veranstaltungen und auch einen Bereich für Firmen, die sich insbesondere der nachhaltigen Wirtschaft widmen.

Während meines Praktikums hatte ich ein Hauptprojekt, nämlich die Arbeit am Programme Local de l’Habitat (PLH). Es handelt sich hierbei um ein Dokument, welches die Wohnraumstrategie für einen Zusammenschluss von Städten oder Kommunen definiert. Diese kommunalen Zusammenschlüsse werden in Frankreich als Établissement public de coopération intercommunale (EPCI) (dt.: Öffentliche Einrichtung für interkommunale Zusammenarbeit) bezeichnet.

Das PLH ist nur ein Projekt unter vielen weiteren laufenden Projekten meines Praktikumsgebers, jedoch war dies das Projekt, wo mein politikwissenschaftliches Profil am besten genutzt werden konnte. Dies war auch ein wichtiger Punkt während meines gesamten Praktikums, da natürlich der Großteil der Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, auch Regional- und Stadtplanung oder ähnliche Studiengänge studiert haben. Dadurch verfügte ich über keine Kompetenzen in der konkreten bzw. angewandten Stadtplanung, jedoch betonten meine Kollegen, dass mein politikwissenschaftliches Profil auch eine Stärke sei und andere hilfreiche Kompetenzen mitbringen würde. Dies war sehr ermutigend, da ich zu Beginn des Praktikums schnell bemerkt habe, dass ich mit meinem Wissen im Bereich der Regional- und Stadtplanung besonders in einem französischen Kontext schnell an meine Grenzen geraten bin. Es gab viele Abkürzungen, Begriffe und Dinge, die ich nicht verstanden habe. Dies wurde jedoch im Verlaufe des Praktikums immer besser, und ich habe am Ende des Praktikums über ein gutes Grundwissen im Bereich der Regional- und Stadtplanung verfügt. Dies ist auch der Geduld meiner Kolleg*innen geschuldet, die mir immer viele Sachen erklärt haben.

Dieses Beispiel zeigt meiner Meinung nach auch ganz gut, dass man sich auch bei Praktikumsstellen bewerben kann, wo man vielleicht noch kein Profi auf dem Gebiet ist. Erstens hat man meistens tolle Kolleg*innen, die einem helfen können, und zweitens lernt man viele Dinge auch einfach erst im Laufe der Zeit. Gerade im Ausland haben die Menschen wahrscheinlich auch nicht die Erwartung, dass man die Arbeitsthemen perfekt beherrscht – und helfen einem dann auch nochmal mehr.
Wie Ihr sehen könnt, war mein Arbeitsumfeld außerordentlich gut und ich habe mich auf beruflicher und persönlicher Ebene sehr gut mit den anderen Mitarbeitenden verstanden. So haben wir regelmäßig auch gemeinsame Mittagspausen verbracht und besonders schön war auch ein Teambuilding-Tag, der während meines Praktikums in der Firma durchgeführt worden ist. Hier sind wir am Vormittag zu einem solidarisch betriebenen Landwirtschaftsbetrieb gefahren und haben neben dem Anbau von Gemüse insbesondere gelernt, auf welche Schwierigkeiten solche kleinen Landwirtschaftsbetriebe bezüglich der Pachtflächen/Anbauflächen stoßen. Der Nachmittag wurde dann für gemeinsame Teambuilding-Aktivitäten genutzt. Diese Erlebnisse und viele kleine Momente während eines normalen Arbeitstages im Büro waren auch wichtige Faktoren, die mich bei meiner Arbeit motiviert haben und auch für eine gute Stimmung im Team gesorgt haben.

Insgesamt kann ich also sagen, dass mir das Praktikum arbeitstechnisch sehr gut gefallen hat und ich viele neue Dinge gelernt habe. Vor dem Hintergrund, dass das Praktikum in Frankreich stattgefunden hat, war besonders am Anfang alles sehr aufregend, doch durch meine netten Kolleg*innen und die Übung im Laufe der Zeit wurde es immer leichter – und war schlichtweg eine tolle und spannende Erfahrung. Zudem ist es einfach sehr spannend auch das Arbeitsumfeld im (europäischen) Ausland kennenzulernen, da man so auch gleichzeitig besser die Eigenheiten des deutschen Systems besser verstehen kann.
Im nächsten Artikel werde ich das Leben in der Stadt Lille abgesehen vom Praktikum behandeln.
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