Melbourne Montessori School – Praktikumsbericht

Hallo an alle Praktikumssuchende,

erst einmal: Gebt nicht auf! Ein Praktikum in Australien zu finden ist harte Arbeit – egal in welchem Bereich. Ich kann in diesem Beitrag jedoch nur von meiner eigenen Erfahrung im Bereich des Schulpraktikums sprechen.

Da ich Grundschullehramt mit dem Drittfach Englisch studiere, ist das Praktikum Teil meines Bachelor-Abschlusses. Ich versuchte also das Notwendige mit dem Schönen zu verbinden und Australien von meiner Reiseziele-Liste zu streichen. Über Monate hinweg kontaktierte ich alle Grundschulen in Melbourne. Von über 40 Bewerbungen bekam ich genau zwei Antworten. Ihr könnt euch vorstellen, dass dieser Vorgang etwas frustrierend war. Die erste Rückmeldung erhielt ich ziemlich früh im Prozess, sie enthielt jedoch eine Absage. Nach zwei weiteren Monaten ohne jegliche Regung, wurde ich nervös. Eine Vermittlungsagentur schien eine mögliche, aber teure Lösung. Kurz bevor ich aufgeben wollte und nach einem Plan B zu suchen begann, schrieb ich noch zwei weiteren Schulen. Eine davon war die Melbourne Montessori School. Tatsächlich hatte ich dieses mal Glück und erhielt eine positive Antwort. Im Folgenden werde ich meine Eindrücke und Erfahrungen während meines Praktikums beschreiben.

Melbourne Montessori School

Seit dem Beginn meines Praktikums im Oktober sind nun schon unfassbare sieben Wochen vergangen. Time is a thief! Ich denke diesem Sprichwort können alle Reiselustigen nur zustimmen. Wie schon erwähnt, absolviere ich mein Praktikum an der Melbourne Montessori School. In Deutschland hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nur theoretischen Kontakt mit der Montessori Pädagogik. Damit es dir nicht genauso geht und du weißt wovon ich hier eigentlich spreche, gibt es eine kurze Einführung in das Thema:

Maria Montessori (1870 – 1952) war eine italienische Ärztin und Reformpädagogin sowie Philosophin. Sie war eine der ersten Frauen in Italien, welche Medizin studieren durfte und sich in der von Männern dominierten Welt der Medizin behauptete. Während ihrer Arbeit in einer psychiatrischen Klinik, beobachtete sie Kinder und ihr Lernverhalten. Sie empfand, dass Kinder besser lernten, wenn es auf eine spielerische Art und Weise geschieht. Diese Erkenntnis bezog sich zunächst auf Kinder mit Lernbehinderungen, jedoch bekam Maria Montessori auch die Chance ihre entwickelten Materialien an „gesunden“ Kindern zu testen. Sie eröffnete das Casa dei Bambini (Children’s house). Dort entwickelte sie weitere Aktivitäten und Materialien, welche die natürliche und selbstständige Entwicklung des Kindes fördern sollten. Bald fand M. Montessori Anhänger in der ganzen Welt und sie lehrte ihre Methode vielen Studierenden.

M. Montessoris reformpädagogischer Bildungsansatz hat sich bis heute gehalten und weiter entwickelt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bedürfnisse des Kindes. Dessen sensible Phase bestimmt dabei den eigenen Lernrhythmus. Die Lehrperson unterstützt dabei im Hintergrund und begleitend. Montessori Klassenräume sind so gestaltet, dass sich jedes Kind frei bewegen kann und frei vom bereitgestellten Material wählen kann. (Freedom within Limits) Alles ist dabei auf das Alter und den Lernstand der Kinder abgestimmt. Kinder lernen in alters-übergreifenden Lerngruppen miteinander, voneinander, aber vor allem für sich.

Montessori Classroom
Shelf with Materials for Cultural Studies

Na? Neugierig, wie dieses pädagogische Konzept in der Praxis funktioniert? So habe ich mich gefühlt, als ich vor sieben Wochen das erste mal meine Praktikumsschule betrat. Meine Erfahrungen seitdem sind extrem vielfältig. Ich wurde sehr herzlich im Kollegium aufgenommen, jedoch ermöglicht der große Anteil an Freiarbeit und die sensible Atmosphäre im Klassenraum nicht viele Möglichkeiten mich einzubringen. Die Kinder arbeiten größtenteils ohne Anleitung und brauchen nur bedingt Hilfe. Input darf nur von einer geschulten Lehrkraft gegeben werden, da viele der Materialien für reguläre Lehrkräfte zuerst unbekannt sind. Observationen waren und sind also der größte Teil meines Alltags und nach sieben Wochen kann dies manchmal etwas langweilig sein. Am Nachmittag sind die Arbeitsaufträge meistens etwas offener und ich als Praktikantin kann mehr mit den Kindern interagieren und unterstützen. So durfte ich schon einmal eine kleine Einheit über Insekten halten und mit den Kindern backen. Trotz meines eher inaktiven Parts konnte ich viel lernen. Ich dufte eine andere Sichtweise auf Unterricht erfahren, welche mich definitiv für ein mehr selbst geleitetes Arbeitsklima sensibilisiert hat. Ich musste meine eher laute und kommunikative Persönlichkeit etwas zurücknehmen, um den Kindern mehr Raum zu lassen und das war eine sehr positive Erfahrung für mich. Andererseits durfte ich als außenstehende Beobachterin auch die Grenzen einer Pädagogik sehen, welche sich trotz allem am nationalen Curriculum orientieren muss. Auch Montessori Schulen stoßen dort auf Grenzen und müssen trotz aller Freiräume den Kindern Vorschriften machen und Lerneinheiten bestimmen.

Zum Abschluss möchte ich also festhalten, dass das Praktikum an einer Montessori Schule nicht für jeden gemacht ist. Wenn du viel praktische Erfahrungen machen und unterrichten möchtest, ist eine Montessori Schule nicht der richtige Ort. Möchtest du jedoch ein anderes Verständnis von Schule und Unterricht kennenlernen und deine eigene Persönlichkeit besser kennenlernen, ist es genau richtig. Außerdem sind viele der Materialen wundervoll und ich würde mir wünschen, dass sie auch an regulären Schulen genutzt werden würden. Sie bieten viele Möglichkeiten für enaktive und ikonische Einstiege, welche das Verständnis von Kindern für Zahlen und Wörter fördern. Diese Erkenntnis und das Treffen von vielen inspirierenden Lehrkräften haben meine Erfahrung an der Melbourne Montessori School positiv werden lassen.

Ich wünsche euch eine schöne Vorweihnachtszeit!

Sarah

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