Leben in Stockholm, ein erster Bericht

Nach einem nun bisher vierwöchigen Aufenthalt in der Hauptstadt Schwedens, schaffe ich es nun auch mal von meinen ersten Eindrücken zu berichten.  Stockholm, jeder scheint schon im Vorraus eine Meinung zu der Stadt zu haben.

Überwiegend geht es dann darum wie schön die Stadt ist (was ich bisher sehr bestätigen kann), aber auch die Tatorte, die zahlreich in Stockholm spielen, waren ein Thema. Davon habe ich bisher zum Glück noch nicht so viel mitbekommen.

Eins ist aber ganz sicher, die Deutschen lieben Schweden. Das fällt vor allem durch die wirklich sehr hohe Dichte an Deutschen auf. In einer Stadt von der Größe wie Stockholm ist das Englisch natürlich sehr verbreitet auf den Straßen, aber auch so viel Deutsch zu hören, war dann doch eine Überraschung. Die Schweden selber können sich nicht wirklich erklären, weshalb die Deutschen so gerne in Schweden sind. Vielleicht ist es gerade einfach hip und ich liege voll im Trend.

Doch was sind nun die Unterschiede zwischen dem Leben in einer deutschen Großstadt und in einer schwedischen? Naja zunächst muss ich einmal auf die Definition von Großstadt verweisen. Klar, auch Deutschland besitzt nicht die bevölkerungsreichsten Städte, aber in Schweden, mit keinen 10 Mio Einwohnern und einer Hauptstadt, die bereits ein fünftel dieser Zahl deckt, zählt Uppsala, als viertgrößte Stadt und traditionelle Studentenstadt, als Großstadt. Deren Einwohnerzahl? Etwa 150.000. Trotzdem einen Besuch wert, nur ungefähr 70 km von Stockholm entfernt und gut mit dem Zug zu erreichen. Vor allem am 30. April lohnt es sich dorthin zu fahren. Später dazu mehr.

Also um zum eigentlichen Thema zurückzukehren: die Unterschiede. Wirklich viel ist mir da noch nicht aufgefallen, muss ich gestehen. Was einen verwundert ist die Liebe der Schweden zu ihrem snus. Das ist der hier sehr verbreitete Kautabak. Die meisten kaufen den in Portionen, der Tabak ist dann in kleine Zellulosebeutel verpackt, die werden dann hinter die Oberlippe geklemmt. Nicht nur, dass diese Angewohnheit echt unschön aussieht (die laufen dann mit leicht herauswölbenden Mündern herum), dazu riecht es auch nicht so als würde es angenehm sein. Sehr stark aromatisiert, also mein erster Tipp: Lasst die Finger vom snus! Wenn ihr freundlich auf schwedisch ablehnen wollt: Nej tack, ja tycker inte om snus. Wo wir grade schon so schön bei dem Thema Rauschgiften sind, gibt es ja noch die andere Lieblingsdroge der Schweden: der Alkohol. Immens teuer und nur in bestimmten Läden, sogenannten Systembolageten, zu bekommen. Zumindest alles, was mehr als 3,5% hat (was in Deutschland gerade so als Radler zählen würde). Der Verkauf ist an über 20jährige beschränkt, Leichtbier bekommt man aber schon ab 18. Aber wie gesagt, nur gegen echt viel Geld. Wenn man eine Bar findet, wo ein 0.4 Bier ’nur‘ 6€ kostet, kann man sich äußerst glücklich schätzen. Das schafft man eher selten. Doch trotz dieser sehr kontrollierten Abgabe haben die meisten Schweden ein sehr zwiespältiges Verhältnis zum Alkohol. Es wird nicht unbedingt oft getrunken, doch wenn, dann aber richtig! Da kennen die wenigsten ihre Grenzen und schießen sich so schnell wie möglich komplett ab.

Was mich zum letzten Samstag bringt, der 30. April, Valporg. Bekanntlich ist es der Geburtstag des schwedischen Königs, für alle Schweden selbstverständlich ein Grund zum feiern. Und das wird von den meisten Studenten in Uppsala gemacht. Dort kommen anscheinend traditionell alle zusammen (ganze Züge voller Menschen pendeln von Stockholm nach Uppsala, vergleichbar, wie wenn in Deutschland Weihnachtsmarkt ist und die Massen aus den Niederlanden kommen) und verbringen den Tag zusammen. Oberflächlich könnte man es mit dem ersten Mai bei uns vergleichen, Freunde sitzen zusammen, picknicken und trinken. Doch es ist alles etwas größer. Zum Beispiel gab es sogar einige organisierte Veranstaltungen (ein Rennen den städtischen Fluss entlang mit selbstgebauten Booten zwischen Studentennations, viele Partys am Abend). Und es floss noch mehr Alkohol (ja das ist möglich). Wenn in einer ‚Großstadt‘ wie Uppsala tausende Menschen von überall her kommen, wird es voll. Und voll war es (sowohl Stadt als auch Menschen). Aber trotzdem lief alles sehr friedlich ab, alle waren gut drauf und hatten offensichtlich einen guten Tag. Das super Wetter hatte wohl auch seinen Anteil. Wie gesagt, an dem Tag lohnt es sich auf jeden Fall Uppsala zu besuchen! Der erste Mai als darauffolgender Tag läuft dann verständlicherweise etwas ruhiger ab.

Voll war es
Voll war es
und dreckig auch
und dreckig auch

Toll ist, dass man kein Stück auf schwedisch angewiesen ist. Alle sprechen wirklich perfektes Englisch (kann man als Deutscher schon neidisch werden) und sind auch sehr schnell bereit, ins Englische zu wechseln. Das ist wirklich sehr praktisch. Ein Nachteil hat das aber, man wird zu faul um schwedisch zu lernen. Nicht nur das es einem als nicht so wichtig erscheint, auch ist es schwierig, mit Schweden wirklich schwedisch zu reden. Wenn auffällt, dass man da nicht so flüssig ist, wird der einfachkeitshalber schnell ins Englische gewechselt. Am besten also gezielt die Leute darauf ansprechen, dass man schwedisch sprechen will, auch wenn es vielleicht etwas länger dauert.

Zu der Stadt Stockholm selber, sie ist wunderschön. Auf 14 Inseln erbaut, liegt fast alles nicht weit vom Wasser entfernt, was eine ganz besondere Stadtatmosphäre bereitet, die nur wenig andere mir bekannte Städte besitzen. Die Stadt selber ist historisch gut erhalten und architektonisch äußerst interessant. Die verschiedenen Stadtviertel sind durch verschiedene Szenen geprägt. Zum Beispiel Södermalm (im Süden der Altstadt Gamla Stan): das momentan angesagte Viertel unter den Studenten. Viele Cafés, vegane Restaurants, Plattenläden und etwas alternativere Ecken. Alles in allem also das Hipster -Viertel. Empfehlen kann ich das Café Coffice, da sitzen viele zum Arbeiten mit ihren Laptops, wodurch eine ruhige Atmosphäre entsteht. Freies WLAN gibt es und der Kaffee ist echt gut. Ein anderes Café: Johan & Nyström Konceptbutik. Auch ein Studentencafé, beide zu empfehlen. Liegt übrigens direkt neben einem Sandqvist Store, was eine Marke aus Stockholm ist. Als Gegenbeispiel nenne ich mal das Viertel Östermalm, das ist die etwas gehobenere Gegend (wo man sich den einen oder anderen Luxus dann doch nicht leisten kann). Aber auch schön, da einfach mal durchzuschlendern.

Zu dem Thema „sich etwas zu leisten“ gibt es natürlich auch einiges zu sagen. Stockholm ist noch ’nen Stück teurer als das Umland und Schweden selber ist ja nicht gerade günstig. Wenn man unbedingt regelmäßig essen gehen will, würde ich empfehlen zum Lunch zu gehen. Da gibt es fast überall einen Mittagstisch und man bekommt eine Mahlzeit (oft inklusive Wasser und Salat) für etwa 11€. Wenn man die richtigen Ecken kennt, natürlich auch noch ein bisschen günstiger, aber das ist der vorherrschende Preis.  Was man sich aber unbedingt regelmäßig leisten muss: Kanelbullar! Dieses typisch schwedische Gebäck ist lecker für zwischendurch und man fühlt sich direkt so schwedisch, wenn man die ist. Was ich toll finde ist, dass viele Museen kostenlos sind und viele sind gleichzeitig auch echt interessant. Das Moderna Museet auf Skeppsholmen ist mit vielen modernen Künstlern bestückt (Dalí, Warhol, Picasso etc) und das Fotografiska ist auch echt interessant (leider nicht kostenfrei).

Bisher wirkt es so, als würde ich den lieben langen Tag Kaffee trinken, den Geburtstag des Königs feiern und Museen besuchen. Da will ich doch einmal kurz erwähnen, was ich hier mache. Ich absolviere an der Uni Stockholm (SU) ein Praktikum im Department of Biochemistry and Biophysics. Es ist echt ziemlich cool aber dazu werde ich im nächsten Eintrag noch mehr erzählen!

Beim Stortorget in Gamla Stan
Beim Stortorget in Gamla Stan
Blick auf den Strandvägen - wo die wohnen die es geschafft haben
Blick auf den Strandvägen – wo die wohnen, die es geschafft haben
Blick auf Gamla Stan von Södermalm aus
Blick auf Gamla Stan von Södermalm aus

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Kungsträdsgardsgatan
Kungsträdsgardsgatan
Blick auf das Stadshuset
Blick auf das Stadshuset

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