Fazit: Praktika in Montpellier und Norwich – was bleibt?

Nach 14-wöchigem Praktikum in Montpellier und 11-wöchigem Praktikum in Norwich bin ich nun wieder seit geraumer Zeit zurück in Deutschland. Anfang September 2017 bis Ende März 2018, sieben Monate, mit kurzer Weihnachtspause, unterwegs. 180 von 200 Tagen im Ausland. Mein Fazit? Jederzeit wieder!

An beiden Orten, die in Hinblick auf Wetter und Schulsystem nicht verschiedener hätten sein können (naja, vielleicht schon, aber man weiß ja bestimmt, was ich meine 😉 ), habe ich tolle Erfahrungen gemacht, sehr nette Leute kennengelernt, Freunde gefunden, die Regionen erkundet und die Kulturen besser und intensiver kennengelernt. Beides möchte ich jetzt absolut nicht missen. Aber was bleibt von beiden Aufenthalten, nun, dass sie vorbei sind?

Viele Eindrücke konnte ich mit Fotos festhalten – Städte und Landschaften, die Orte an denen ich war, die Schulen, die Personen oder auch den ein oder anderen besonderen, lustigen, abenteuerlichen, geselligen oder emotionalen Moment. Aber man kann mit Fotos oder Videos auch nicht alles festhalten. Zum Beispiel, wie eigenartig es mir nun erscheint, im Rahmen meiner Masterarbeit, „einfach so“ in eine deutsche Schule hineinzuspazieren, ohne ansatzweise dabei kontrolliert zu werden oder mich gar wie ein Eindringling zu fühlen. In Frankreich kommt man in den „Schulbunker“ schon einmal gar nicht unbeobachtet hinein – und in England wird man direkt als Nicht-Schüler (fehlende Schuluniform) oder Nicht-Lehrkraft bzw. Nicht-Mitarbeiter (fehlendes lanyard mit Ausweis) identifiziert. Verrückt, wie ein paar Monate in anderen Ländern etwas in Deutschland vollkommen Selbstverständliches zu etwas Besonderem werden lassen.

Das gilt natürlich auch für Familie und Freunde zu Hause. Es ist wie mit allem, was man plötzlich nicht mehr hat: man lernt es (mehr) zu schätzen, wenn man darauf verzichten muss. Klar, in Frankreich und England war ich nicht aus der Welt und Heimweh hatte ich auch nicht. Und es ist natürlich machbar, Familie und Freunde für eine relativ lange Zeit nicht zu sehen, aber manchmal ist es doch etwas anderes, ob man vor Ort ist und auch einmal persönlich mit den Personen reden kann, oder ob man „nur“ telefoniert. Familie und Freunde sind auch stets das gewesen, worauf ich mich zu Hause gefreut habe – auch wenn der Abschied aus Frankreich und aus England alles andere als einfach war. Denn wenn man eine gewisse Zeit an einem Ort lebt, wird er schon (ein bisschen) wie ein zu Hause – zumindest, wenn man sich wohl fühlt. Und das habe ich in beiden Fällen, wobei ich da natürlich auch mit meinen Mitbewohnerinnen bzw. meiner Vermieterin sehr großes Glück hatte! Aber es gibt auch viele andere, kleinere Dinge, die ich während meiner Auslandsaufenthalte vermisst habe bzw. auf die ich mich zu Hause gefreut habe, wie z.B. das deutsche Brot nach ein paar Monaten Baguette- oder Toast-, Crumpet– und Scones-„Diät“. Sogar einen Fliesen- oder Laminatboden lernt man nach ein paar Monaten Teppichboden in der ganzen Wohnung zu schätzen.

 

Streets of Montpellier (links) & Norwich (rechts)

Während ich ein paar Sachen vermisst habe, bin ich aber genauso dankbar für all die neuen Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse durch meine Auslandspraktika. Um zurückzukommen zu der Frage, was denn nun bleibt: Besonders die kulturellen Erfahrungen und Unterschiede zwischen den drei Ländern, die ich bereits in meinen vorherigen Blog-Einträgen versucht habe, darzustellen, bleiben natürlich im Gedächtnis. Tatsächlich ist es gar keine schlechte Idee gewesen, so kurz hintereinander mit einer nur recht kurzen Pause in beiden Ländern zu leben. Denn so habe ich die Vorzüge und „Schwierigkeiten“ in beiden Ländern vielleicht noch ein bisschen intensiver wahrgenommen. Der schicke, englische Schulalltag im Gegensatz zum „normalen“, französischen Schulalltag und beide wiederum im Gegensatz zum deutschen System. Die unterschiedlichen Lebensweisen in beiden Ländern bzw. Regionen, die selbstverständlich auch durch das warme bzw. eher kalte Wetter geprägt werden. Sachen, wie Administration in Frankreich oder Schneeschippen in England, die völlig anders sind als in Deutschland. Diese Liste könnte ich jetzt noch wesentlich weiter ausführen…

… aber – im Versuch, mich ausnahmsweise etwas kürzer zu fassen 😀 – frage ich lieber: was bleibt noch? Freunde, Bekanntschaften, soziale Kontakte in verschiedene Länder und Ecken Deutschlands. Und auch wenn es manchmal zuerst schwierig erscheinen mag: wenn man den Kontakt halten möchte, ist dies immer zu schaffen. Ich habe das Gefühl, dass man gerade im Ausland viel schneller Menschen kennenlernt und sich daraus auch viel schneller Freundschaften entwickeln, die auch auf Dauer halten können. Und wenn man in Kontakt bleibt, bleiben natürlich auch die Erinnerungen ans Ausland und die gemeinsame Zeit lebendig: die gemütlichen Abende, an denen man gemeinsam gekocht, gespielt oder einfach nur gemütlich zusammen gesessen und gequatscht hat; aber auch das Weggehen, die Feiern, die Ausflüge und alle anderen, kleineren Erlebnisse. Während alle nach meinen bzw. ihren Auslandsaufenthalten natürlich ihren eigenen Weg weiter gehen – egal ob an der Uni, in der Schule, im Doktorat, im Referendariat, im Freiwilligen Ökologischen Jahr, als Sprachassistenten oder in einem neuen Job – kann man dadurch auch seinen eigenen Horizont erweitern, da man immer wieder von etwas Neuem hört, was bei ihnen gerade ansteht und passiert.

Lebenserfahrung. Noch etwas, was bleibt. Und davon nicht gerade wenig. Auf eigenen Füßen im Ausland stehen und zu Beginn erst einmal auf sich alleine gestellt sein – das mag sich für den ein oder anderen zunächst als große Herausforderung anhören. Das habe ich auch gedacht, als ich das erste Mal vor bald vier Jahren ins Auslandssemester nach Frankreich gegangen bin. Aber die letzten sieben Monate haben mir abermals gezeigt: die Erlebnisse und Erfahrungen sind jeden Zweifel wert!

Strand in Le-Grau-Du-Roi (Frankreich, links) & in Cromer (England, rechts)

Und was fehlt jetzt? Auf beide Auslandsaufenthalte hatte ich mich ja tatsächlich schon lange vorher gefreut – und je länger die Vorfreude, desto trauriger ist es, wenn dieser Abschnitt vorbei ist. Es gibt einige Facetten meines Lebens in Montpellier und Norwich, die ich sicherlich vermissen werde. Viel davon steht in Verbindung mit den Menschen, mit denen ich die Zeit verbracht habe, aber auch in Verbindung mit den Kulturen und verschiedenen Aspekten des Lebens in Frankreich und England, die man nicht auf Deutschland übertragen kann. Und natürlich fehlt es auch, tagtäglich im Alltag oder auf der Straße Französisch oder Englisch zu sprechen. Komischerweise war es schwieriger für mich, im Dezember keine französischen Worte mehr zu nutzen, als jetzt im April keine englischen Worte in mein Deutsch zu mischen – das kann aber auch daran liegen, dass ich mit Englisch und Deutsch parallel aufgewachsen bin und die Mischung gewohnter bin (anders kann ich es mir nicht erklären).

Um noch einmal genauer auf England zurückzukommen: es fehlt schon auf eine gewisse Weise, dressed up und mit Ausweis in die Schule zu gehen oder als Miss angesprochen zu werden, wodurch ich mich immer etwas „wichtiger“ und mehr als Lehrkraft gefühlt habe als in Frankreich. Es ist auch komisch, im Supermarkt nicht von der großen Anzahl an self-service Kassen erschlagen zu werden (wobei ich die sowieso nie mochte) oder beim Kauf von Cider oder Bier nicht mehr nach dem Ausweis gefragt zu werden (in England werden alle, die aussehen als wären sie noch keine 25 Jahre alt, kontrolliert). Besonders schade finde ich, dass ich nicht mehr „so schnell“ und so einfach meine Familie in Nord- und Südengland besuchen kann, denn so viele meiner Verwandten wiederzusehen, war wirklich toll. Auch die Ausflüge in die Region Norfolk fehlen – denn die Nordküste sowie die Norfolk Broads sind wirklich schön und ich hätte gerne noch mehr davon gesehen. Und natürlich das englische Essen – auch wenn ich davon zugenommen habe, wie sollte es auch anders sein 😀 . Und, dass mich immer wieder jemand aus dem jungen Norwich-School-Kollegium auf meine nordenglische Aussprache der Wörter fun oder bus hinweist 😀 . Und, dass Deutsch ein bisschen eine „Geheimsprache“ geworden ist, die nicht gleich jeder verstanden hat (wobei man da auch aufpassen muss – mehr Leute als man meint verstehen Deutsch!). Und der Kinofilmbesuch von Peter Rabbit 😀 . Und die tollen Menschen, die die Zeit worthwhile gemacht haben. Und , und, und …

 

Montpellier und Norwich – das war schon eine tolle und bereichernde Zeit, die mich sicherlich geprägt hat und aus der ich Vieles mitnehmen konnte! Und auch wenn es schade ist, dass es nun vorbei ist: es kommen immer wieder neue Lebensabschnitte, neue Herausforderungen, neue Erfahrungen und neue Erlebnisse, die alle auf ihre Weise aufregend und außergewöhnlich sind. Da ich nun fast am Ende meines Studiums angekommen bin und meine Reiselust mit ziemlicher Sicherheit nicht verlieren werde, verabschiede ich mich an dieser Stelle aus diesem Blog und sage:

„Montpellier, Norwich: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben!

See you later, see you soon!“

Montpellier von oben

Über Nathalie

Hallo! Ich bin Nathalie und studiere an der WWU Münster Englisch und Französisch im Master of Education, um an Gymnasien und Gesamtschulen unterrichten zu können. Vor Ende meines Studiums mache ich noch zwei freiwillige Schulpraktika in Montpellier, Frankreich und Norwich, England. Hier erfahrt ihr mehr über meine Erfahrungen und Erlebnisse während meiner Auslandspraktika.

Ein Gedanke zu „Fazit: Praktika in Montpellier und Norwich – was bleibt?

  1. Hallo Nathalie, kann man sich mit dir in Verbindung setzen bezüglich des Praktikums in Montpellier?
    Über eine Rückmeldung wäre ich dir dankbar.
    Viele Grüße
    Lea

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