Famulatur in Brisbane, Australien

Die Australier sind wirklich locker im Umgang miteinander. Das merke ich  auch jeden Tag auf der Arbeit – es gefällt mir sehr.

Gescherzt und miteinander gelacht wird wohl überall, aber der größte Unterschied zu Deutschland ist wahrscheinlich die gegenseitige Anrede. Dies gilt nicht nur für Kollegen aller Hierarchiestufen (und davon gibt es in Krankenhäusern viele), sondern auch für alle Pflegekräfte, andere Mitarbeiter, Patienten, sowie deren Angehörigen oder für z.B. das Ende einer Email. Da es im Englischen kein „Sie“ als Höflichkeitsform gibt, wird einfach kurzerhand jeder mit du bzw. Vor- oder Spitznamen angesprochen. Ja, auch alle Patienten! Das lässt gleich eine viel persönlichere Atmosphäre entstehen und man fühlt sich willkommen. Ich denke, dass es gerade auf Patientenebene einen großen Unterschied macht. Bei bevorstehenden Eingriffen, gibt eine solche Atmosphäre z.B. ein Gefühl von Sicherheit, bei Arztgesprächen das Gefühl von Menschlichkeit und bedingungsloser Akzeptanz.

Trotz alledem war ich zu Beginn der Famulatur (Medizinerdeutsch für „Praktikum“) etwas verwirrt. Das beruhte vermutlich auf dem fehlenden Wissen über das Australische Gesundheitssystm. Ich versuche es mal zu erklären… Ich habe also eine Praktikumsstelle an einem privaten,  australischen Krankenhaus erhalten und einen für mich zuständigen Arzt, der an diesem Krankenhaus arbeitet. Jedoch bin ich nicht wie in Deutschland, jeden Tag in eben diesem Krankenhaus, sondern ungefähr alle zwei Tage an einem anderen Krankenhaus. Also quasi montags und dienstags in Krankenhaus A, mittwochs und donnerstag in Krankenhaus B und freitags manchmal dann in Krankenhaus C, kann aber auch mal A oder B sein. Wieso ist das so? Ein selbstständig arbeitender Arzt („private practice“) kann seine Privatpatienten in verschiedenen privaten Krankenhäusern unterbringen und auch in verschiedenen Häusern Untersuchungsräume anmieten. Wie z.B. mein Arzt, der als Gastroenterologe sehr viele Endoskopien und Coloskopien durchführt. Ich verbringe also den ganzen Tag mit meinem Betreuer, was ich auch wirklich gut finde, aber wechsel halt sehr oft meinen Arbeitsplatz. Das ist aber meiner Meinung nach nicht so schlimm, da man so viel sieht und eben nicht von einem Arzt zum Nächsten weitergereicht wird, sondern eine wirkliche Beziehung zueinander aufbauen kann.

Trotz des unerwarteten Arbeitsalltages, macht die Arbeit sehr viel Spaß. Wir besprechen die verschiedenen Krankheitsbilder der Patienten und betrachten Krankheit im Allgemeinen auch einmal aus anderen Blickwinkeln. Die Art und Weise wie er mir sein Wissen vermittelt, ist anders als ich es gewohnt bin und gerade deshalb finde ich es klasse. Nebenbei gibt’s vom anwesenden Anästhesisten immer wieder kurze Ausflüge in sein Fachgebiet und Zeit für das ein oder andere persönliche Patientengespräch gibt es ebenfalls. Im Endeffekt kann ich also sagen, dass mein Praktikum hier zwar anders als in Deutschland und anders als erwartet ist, ich aber nicht enttäuscht, sondern sehr zufrieden damit bin!

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