Erste Eindrücke nach 4 Wochen San Pawl il-Baħar, Malta

So. Nach vier Wochen voller neuer Eindrücke, Erlebnissen und auch einer gehörigen Portion Stress komme ich nun endlich dazu, mich diesem Blog zu widmen.

Mein Name ist Tim und ich studiere Anglistik und Politikwissenschaften auf Lehramt an der WWU in Münster. Im Rahmen meines Studiums bin ich dazu verpflichtet, wahlweise mindestens 3 Monate lang ein Auslandsstudium oder -praktikum zu absolvieren. Da man meiner Meinung nach in 3 Monaten nicht wirklich effektiv studieren kann und ich mir im Winter schöneres vorstellen konnte, als im verregneten Deutschland festzusitzen, habe ich mich mehr oder weniger spontan dazu entschieden, mich für ein Praktikum an der Alpha School of English in San Pawl il-Baħar, zu Englisch Saint Paul’s Bay, auf Malta zu bewerben. Nach einigen Startschwierigkeiten ( die Malteser haben ein deutlich anderes Verhältnis zu Bürokratie als wir Deutschen ), bekam ich meine Zusage und dann ging auf einmal alles ganz schnell. Kaum hatte ich mich von allen Freunden und Verwandten verabschiedet, saß ich auch schon im Flugzeug Richtung Sonne. Ja, Sonne! Als ich am Flughafen in Malta angekommen bin, ist mir fast die Luft weggeblieben. Am Morgen war ich in Deutschland noch bei schnuckeligen 4 Grad losgefahren, nun stand ich bei 27 Grad im Schatten in einem fremden Land und schwitzte mir die Seele aus dem Leib. Zum Glück sind alle öffentlichen Verkehrsmittel in Malta hervorragend klimatisiert, sodass die anderthalbstündige Busfahrt, die jetzt noch vor mir lag, mehr von meinem vor Staunen offen stehenden Mund, als von meinem verzweifelten Verlangen nach einem Schluck Wasser dominiert wurde. In St. Paul’s Bay angekommen musste ich erst einmal auf meinen Vermieter warten. Diesen hatte ich über Maltas Online-Wohnungsmarkt gefunden und war mit ihm in Kontakt getreten. Die Wohnung sah auf den Fotos vielversprechend aus, es gab eine Dachterasse mit Meerblick, das Schlafzimmer war groß und die Wohnung schön hell. Der Vermieter schien ein freundlicher Mann in Rente zu sein, der auch auf meine Weigerung, ihn im Vorraus zu bezahlen, gelassen reagierte. So lümmelte ich also am zentralen Busbahnhof in meiner neuen Heimat herum und freute mich auf eine kalte Dusche und eine Möglichkeit, meine lange Jeans und meinen Pulli gegen Shorts und ein leichtes Hemd zu tauschen. Nach 30 Minuten, zu deren Ende ich schon neidisch auf die Gäste der anliegenden Cafés gestarrt hatte, gabelte mich Herr L. dann schließlich auf. Nach einer kurzen Spritztour durch die Stadt, in der er mir alle grundlegenden Orte und Plätze gezeigt hatte, ging es dann auch direkt in die Wohnung. Leider war ich zu diesem Zeitpunkt so neben der Spur, dass mir das Loch, in das ich da geführt wurde und nur im entferntesten etwas mit der Wohnung auf den Fotos gemein hatte, wie ein Palast erschien. Als ich abends frisch geduscht und gesättigt allerdings einmal einen genaueren Blick auf mein Reich warf, wurde mir fast übel.

Um die ganze Sache mal ein wenig zu beschleunigen: Ich war blauäugig in eine Wohnung eingezogen, die an Baufälligkeit und Verdrecktheit kaum zu überbieten ist. Zum Glück habe ich den Mund aufgemacht und meinen Arbeitskollegen davon berichtet. Diese haben alles daran gesetzt, mich in einer neuen Bleibe unterzubringen und nun sitze ich in meiner zweiten Wohnung, trinke gemütlich einen Tee und schreibe diesen Beitrag. An dieser Stelle kann ich eines schonmal vorwegnehmen: So erschreckend mein erster Eindruck von Malta war, durch ihre aufmerksame, freundliche und hilfsbereite Art haben meine Kollegen dafür gesorgt, dass ich mich jetzt hier wohlfühle und die Zeit hier genießen kann.

Zu meiner Arbeit werde ich an anderer Stelle weiter berichten, nun erstmal zu Malta:
Das Land ist der trotz seiner geringen Größe unglaublich vielseitig. Der Ort Saint Paul’s Bay, vor allem der Stadtteil Bugibba, meine neue Heimat, ist durch seine Lage eher touristisch veranlagt. Kein Wunder also, dass es z.B. statt ordentlicher Supermärkte eine Menge von kleinen Läden gibt, die Schnorchel, Handtücher, Sonnencreme etc. anbieten. Die vielen Touristen, die die unzähligen Hotels bevölkern, lassen ( mehr zu meiner Enttäuschung ) schon fast ein bisschen Mallorca-Feeling aufkommen. Allerdings ist der Ort für Praktikanten wie geschaffen. Es gibt viel, womit man sich nach der Arbeit beschäftigen kann, sei es Schwimmen zu gehen, Billard zu spielen oder mit seinen Kollegen ein Feierabendbierchen an der Strandpromenade zu geniessen. Mit dem eigentlichen Malta hat Saint Paul’s Bay dagegen weniger zu tun, wie ich nach meinen Ausflügen nach Mdina, der ehemaligen Hauptstadt,  zu den Dingli Cliffs, dem zweithöchsten Punkt der maltesischen Inseln, oder dem il-Majjistral Nationalpark feststellen durfte. Die „silent city“, wie Mdina von den Einheimischen auch genannt wird, macht ihrem Namen alle Ehre. Durch ein Autoverbot, dass nur von ein paar wenigen Ausnahmen umgangen wird, kann man hier in aller Ruhe maltesische Architektur genießen. Diese lässt sich kaum beschreiben. Natürlich erkennt man den arabischen und italienischen Einfluss. Allerdings wird dieses mediterane Idyll von den roten Telefonzellen „gestört“, die in einer ehemals britischen Kolonie nicht  fehlen dürfen. Auch die Saint Paul’s Cathedral im Herzen der Stadt ist zwar deutlich kleiner als das britische Pendant, muss sich aber in Sachen Charme nicht hinter ihrer Namensvetterin verstecken. Wer es sich richtig gut gehen lassen möchte, ergattert sich im Cafe und Restaurant „Fontanella“ einen Platz im Freien und geniesst den Ausblick, der durch Mdinas erhöhte Lage bis zu den Küsten reicht und einfach atemberaubend ist! Dabei kann ich nur den Kaffee und den Schokoladenkuchen empfehlen! Wer einen herzhaften Snack vorzieht, sollte hingegen die Gelegenheit nutzen und die maltesische Spezialität „Pastizzi“ probieren, ein traditionell mit Erbsen und Panna Cotta gefülltes Blätterteiggebäck. Vor allem für den erstaunlich niedrigen Preis schlage ich immer wieder gerne zu.
Die Dingli Cliffs, genau wie der il-Majjistral Nationalpark spiegeln Maltas Natur besonders gut wieder. Beide Orte sind im Vergleich zu den grösseren Strandorten nur wenig von Touristen besucht und ziehen in der Regel mehr Malteser an, die sich hier eine Auszeit vom lärmenden Alltag in der Stadt nehmen. Dominiert wird die Landschaft von rauem Sandstein, gepaart mit wilden Olivenbäumen und Kakteen. Grössere Bäume gibt es in der Regel weniger und wenn, dann meistens in Form von Palmen, die nahe am Wasser wachsen. Volkssagen zufolge stellen die Dingli Cliffs den Ort dar, an dem Malta vor Jahrtausenden vom afrikanischen Festland „abgebrochen ist“. Hier ist ausser dem leichten Wind und ein paar wenigen Vögeln nichts zu hören und nach 4 Wochen Trubel habe ich diese plötzliche Ruhe ausführlich genossen. Beide, sowohl die Dingli Cliffs als auch der Park, sind durch ihre westliche Lage perfekt geeignet, um bei einem Picknick oder einem Bier ( lasst euch nicht erwischen, öffentliches Trinken wird mit bis zu 150€ Bussgeld bestraft! ) den Sonnenuntergang zu verfolgen und die Aussicht, die scheinbar bis nach Libyen und Tunesien reicht, auf sich wirken zu lassen.

Abgesehen von meinem ehemaligen Vermieter habe ich bisher nur freundliche und hilfsbereite Malteser kennengelernt. Allerdings bedarf es meist ein bisschen Eigeninitiative, damit diese Seite zum Vorschein kommt. Dabei ist die Messlatte allerdings nicht sehr hoch und eine einfache Begrüßung entlockt den meisten Menschen schon ein Lächeln und bricht das Eis. Ich für meinen Teil schiebe die anfängliche Kühle mir gegenüber in der Regel auch auf mein absolut nicht-maltesisches Aussehen, das bei den meisten Einheimischen zunächst ein Bild des typischen Touristen hervorrufen muss, der Nachmittags um 3 betrunken am Strand liegt und durch die Gegend pöbelt. Von dieser Sorte gibt es nämlich gerade in Saint Paul’s Bay mehr als genug. Besonders, wenn man zum Vorschein bringt, dass man zum Arbeiten und Reisen hier ist, ist den meisten Maltesern umgehend daran gelegen, ihren Teil zu einer unvergesslichen Zeit beizutragen und man erfährt auf die Schnelle den ein oder anderen Geheimtipp, wo es das beste Essen, das klarste Wasser oder die interessantesten Geschichten zu finden gibt. Dank eines dieser Geheimtipps verfolge ich also auch nun meinen Plan, solange das Wasser noch warm genug ist, die Vielzahl an Stränden, Buchten und Höhlen abzuklappern. Wandern, so hat man mir gesagt, kann man nämlich am besten im Winter, wenn die Sonne tagsüber die Luft erwärmt. Durch die allgemein kühleren Temperaturen und den damit verbundenen Regen sei die Insel nämlich im Winter deutlich grüner als im Sommer. Es ist schon verrückt, wie sich nur knapp 2.000 Kilometer entfernt von der Heimat allgemeine „Naturgesetze“ wie die Fruchtbarkeit und die Vielzahl der Pflanzen und der Erde umkehren.

Alles in allem kann ich nach dem ersten Drittel meines Aufenthaltes im Allgemeinen nur positiv von Malta berichten. Ich hoffe, dass meine Eindrücke nicht zu umfangreich geworden sind, ehe man es sich versieht kommt ja doch ganz schön was zusammen! Bleibt nur zu hoffen, dass nicht wieder ein Monat vergehen muss, bis ich Zeit finde, hier meinen Senf dazu zu geben 😉

Mit besten Grüßen aus Malta,

Tim

Typische Straße in Mdina
Typische Straße in Mdina
"The silent City"
„The silent City“
Aussicht von den Dingli Cliffs
Aussicht von den Dingli Cliffs

Über Tim

Hi, mein Name ist Tim und ich absolviere seit dem 1.10.2015 mein Auslandspraktikum an der Alpha School of English in St. Paul's Bay, Malta. Ich studiere Anglistik und Politikwissenschaften an der WWU in Münster mit dem Ziel, Lehrer zu werden.

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