Erste Eindrücke aus Zagreb

Hallo zusammen oder Dobar dan, wie der Kroate sagt,

ich verbringe zurzeit zwei Monate meines Chemie-Masterstudiums bei einem Praktikum an einem Forschungsinstitut in Zagreb, Kroatien. Nach fast zwei Wochen, die wie im Flug vergingen, wird es Zeit, meine ersten Eindrücke aufzuschreiben.

Zagreb ist die Hauptstadt und gleichzeitig mit fast einer Million Einwohnern auch die größte Stadt des jüngsten EU-Landes Kroatien.  Doch obwohl Kroatien ein sehr beliebtes Urlaubsland ist, trifft man hier auf erstaunlich wenige Touristen, was den einfachen Grund hat, dass Zagreb, im Gegensatz zum gefühlten Rest des Landes, nicht am Mittelmeer liegt, sondern mehr oder weniger in den Bergen, naja zumindest Hügeln. Dabei muss sich die Hauptstadt in Sachen Attraktivität überhaupt nicht vor den klassischen Urlaubsorten verstecken. Und um das kroatische Lebensgefühl kennenzulernen, bietet sie sich ohnehin viel besser an, als die von Touristen überlaufenen Städte an der Adria. Dieses Lebensgefühl und die Atmosphäre zeichnen sich vor allem durch die augenscheinliche Tiefenentspanntheit und die grenzenlose Herzlichkeit der Kroaten aus, sodass ich mich nach einer kurzen Eingewöhnungsphase hier pudelwohl fühle. Die Entspanntheit lässt sich vor allem beim Spaziergang durch die Stadt spüren, wo zu jeder Tages- und Nachtzeit die Terrassen der Cafés und Bars mit Zagrebern gefüllt sind und niemand den Eindruck macht, als sei er wirklich gestresst (man vergleiche das mal mit einer deutschen Großstadt mitten in der Woche). In der Straßenbahn kann es schon mal passieren, dass man, wenn man das Ticket mit einem zu großen Schein bezahlen will, einfach durchgewunken wird. Überhaupt macht es den Eindruck, als seien alle Kroaten sehr freundlich und respektvoll, was den Einstieg in das alltägliche Leben sehr einfach macht.

Nichtsdestotrotz ist es natürlich erst einmal ungewohnt, in ein fremdes Land zu kommen, dessen Sprache man nicht beherrscht. Dies führt dazu, dass Dinge, die einem im Alltag selbstverständlich vorkommen, zur echten Herausforderung werden. Wie komme ich zum Beispiel an ein Monatsticket für den Nahverkehr, wenn möglich zum Studententarif (der hier wirklich erheblich günstiger ist)? Oder was kaufe ich im Supermarkt ein, wenn mir die meisten Sachen nichts sagen? Bei Ersterem waren mir die angesprochenen Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft (in diesem Fall meiner Praktikumsbetreuerin) von Vorteil, außerdem kommt man hier in der Regel mit Englisch sehr gut weiter, manchmal sogar mit Deutsch aufgrund der geographischen (für mich im ersten Moment überraschenden) Nähe zu Österreich. Diese hilft dann wiederrum auch beim Einkaufen, da es im Supermarkt einige von dort importierte Produkte zu kaufen gibt.

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Trg bana Josipa Jelačića, der Hauptplatz Zagrebs, auf dem immer etwas los ist.

Die kroatische Sprache an sich ist zwar nicht sonderlich schwierig, jedoch als slawische Sprache für deutsche Zungen höchst ungewohnt. Beispiele: „Trg“ heißt Platz, „hvala“ danke  und „srpanj“ ist der Monat Juli. Wer gut das „r“ rollen kann ist hier klar im Vorteil, da es im Prinzip wie ein Vokal benutzt wird. Zum Glück sind aber nicht alle Wörter so schwer auszusprechen, sodass ein paar Ausdrücke schnell gelernt sind, was in der Regel gerne gesehen wird. Man sollte nur nicht zu gut in der Aussprache werden, ansonsten kann es schnell mal vorkommen, dass jemand ein Gespräch auf kroatisch anfängt und du dich nur noch mit einem verwirrten „Sorry, I don’t speak croatian“ retten kannst.

Zagreb selbst ist, wie gesagt, eine wunderschöne Stadt, die trotz ihrer Größe einen gewissen Kleinstadt-Charme ausstrahlt. So ist die Innenstadt etwa sehr kompakt und größtenteils zu Fuß zu erkunden. Alle anderen Ziele lassen sich in der Regel über das hervorragend ausgebaute Straßenbahn-Netz (Tram) erreichen. Im Unterschied zu Münster ist hier allerdings das Fahrradfahren weder weit verbreitet noch wirklich empfehlenswert. Gründe dafür sind fehlende Radwege, volle Straßen und die bereits angesprochenen Hügel.

Betrachtet man die Stadt genauer, scheinen in ihr die Epochen zu verschmelzen, so trifft die schmucke Altstadt auf graue Betonbauten aus der Jugoslawien-Ära und wiederrum auf moderne verglaste Hochhäuser, die hier seit der Unabhängigkeit aus dem Boden schießen. Überhaupt haben die Kroaten ein sehr mitteleuropäisches Selbstverständnis und legen sehr viel Wert darauf, nicht mit den anderen Balkanländern in einen Topf geworfen zu werden. Die Währung in Kroatien ist die Kuna (kn), wobei 1 Euro in etwa 7,50 kn entspricht. Den Einkauf mit einem 200er zu bezahlen ist also nichts Ungewöhnliches, wenn auch zunächst ungewohnt. Generell ist der Lebensunterhalt hier allerdings deutlich günstiger, was sich nach zwei Wochen und einigen Restaurantbesuchen auch deutlich bemerkbar macht.

Markuskirche in der Obersadt.
Markuskirche in der Oberstadt.

Meine Wohnung habe ich über ein Internetportal von einer Privatperson ergattert, die ihre Unterkunft an Leute vermietet, die (wie ich) eine etwas längere Zeit in Zagreb verbringen. Auf diese Weise konnte ich für einen fairen Preis eine möblierte Wohnung in guter Lage (10 Minuten mit der Tram in die Stadt) bekommen, ohne mit den Unannehmlichkeiten eines Studentenwohnheims leben zu müssen. Was speziell in Wohngebieten, wie meinem, auffällt, ist die Tatsache, dass viele Häuser zwar von außen den Charme eines Betonklotzes besitzen, die Wohnungen von innen jedoch renoviert und modern sind, was mir am Ende doch deutlich lieber ist, als andersrum.

Zum Schluss will ich noch ein paar Eindrücke von Ausflügen und Spaziergängen zeigen und da Bilder bekanntlich mehr sagen, als 1000 Worte, will ich auch gar nicht mehr viel dazu schreiben.  Das Titelbild zeigt übrigens den Blick vom Hügel der Oberstadt auf die Kathedrale. Entlang des Hügel führt eine Promenade mit traumhaftem Blick über die Stadt, einer meiner Lieblingsorte hier.

Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Eindruck vermitteln, wohin es mich verschlagen hat und werde demnächst ein bisschen was aus meinem Arbeitsalltag berichten. Bis dahin, doviđenja (sprich: dowidjenja)!

Nationalpark Plitvicer Seen ca. zwei Autostunden südwestlich von Zagreb und sehr empfehlenswert.
Nationalpark Plitvicer Seen ca. zwei Autostunden südwestlich von Zagreb.
Altstadt von Rovinj in Istrien, etwa drei Autostunden westlich von Zagreb.
Altstadt von Rovinj in Istrien, etwa drei Autostunden westlich von Zagreb.
Blick vom Kirchturm in Rovinj auf das Adriatische Meer.
Blick vom Kirchturm in Rovinj auf das Adriatische Meer.
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Ungewöhnliche Form der Straßenmusik, trägt zur speziellen angenehmen Atmosphäre auf der Zagreber Flaniermeile bei, wo sich abends die halbe Stadt rumtreibt.

 

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