Ein bisschen Hogwarts – Als Language Assistant in England

Heya –

Mein Praktikum mache ich hier in Cheshire an einer secondary school, die von außen doch stark an Hogwarts erinnert. In diesem Post möchte ich daher die Schule und das Schulsystem etwas vorstellen, von den Besonderheiten erzählen und meinen Alltag beschreiben.

Die Schule ist eine secondary school, was in etwa einer deutschen Gesamtschule entspricht und wird als boys school von ca. 1.000 Schülern und wenigen Schülerinnen (nur in der Oberstufe!) besucht. Das englische Schulsystem kennt eigentlich keine leistungsdifferenzierte Trennung nach der Grundschule, sodass man hier Schüler mit unterschiedlichsten Leistungsniveaus in den Klassenverbänden unterrichtet. Die Schüler machen hier in der 11. Klasse ihre GCSEs, was etwa einem Realschulabschluss entspricht, aber meiner Meinung nach einen weitaus höheren Schwierigkeitsgrad entspricht, da die Schüler Stoff behandeln der in Deutschland nicht unbedingt vor der Oberstufe unterrichtet wird. Nach den GCSEs können die Schülerinnen und Schüler dann ihre A-Levels dort machen, was dem Abitur entspricht. Auch hier muss ich sagen, dass der Stoff doch anspruchsvoller ist und teilweise dem Universitätswissen vorgreift.

Die erste Woche war erstmal eine komplette Umgewöhnung von dem, was ich schultechnisch so gewohnt war, was Verhalten der Schüler aber auch den (Fremdsprachen-)Unterricht betrifft. Man konnte es sich vielleicht denken, aber der Umgangston an der Schule war rauer als ich es von meinen Erfahrungen an gemischt geschlechtlichen deutschen Schulen kenne. Die Schüler sind doch etwas härter im Umgang untereinander, die Körpersprache ist viel körperbetonter, was auch vielen anderen Lehrkräften aufgefallen ist. Interessant fand ich auch das Konzept der Combined Cadet Forces, einer Art Militär-AG für die Schüler. Jeden Dienstag kommen die Schüler, die darin teilnehmen, in der jeweiligen Uniform (Army, Navy, Airforce) zur Schule und haben dann nachmittags gemeinsame Aktivitäten. Ich fand die Idee am Anfang doch recht befremdlich, weil es mich stark an Kindersoldaten erinnert hat. Jedoch muss man auch sagen, dass die Schüler so wenigstens eine soziale Aktivität am Nachmittag haben und nicht, wie sie selber zu mir sagten, an der Konsole sitzen würden.

Was mir jedoch auch besonders aufgefallen ist, ist die Form des Unterrichts. Jeder Klassenraum ist mit einem Smartboard oder großem Flachbildschirm ausgestattet und der Unterricht wird mit Hilfe von Folien über Powerpoint strukturiert. Schulbücher gehören so gut wie der Vergangenheit an. Man kann das durchaus positiv sehen – die Schulen gehen mit dem digitalen Zeitgeist und den Lehrkräften stehen viele Möglichkeiten offen die Geräte in den Unterricht einzubinden. Man spart eine Menge von Arbeit und Resourcen – statt des Bedruckens einer Folie mit einem Bild packt man es einfach in eine Powerpoint! Sowieso spart man Unmengen an Papier, wenn nicht jede Aufgabe auf Papier gedruckt werden muss. Jedoch bringt dies meiner Meinung nach auch mindestens einen Nachteil mit sich: Der Unterricht wird manchmal zu sehr auf das Smartboard und damit auf den Lehrer fokussiert und anders als man es kennt steht nicht der Schüler und Kommunikation im Vordergrund… Nichtsdestotrotz hoffe ich für meine eigene Zukunft als Lehrer, dass diese Geräte öfter Einzug in die deutschen Klassenräume halten, denn richtig eingesetzt bereichern sie den Unterricht mehr als es eine Tafel kann.

Was hab ich denn nun eigentlich gemacht an der Schule? Nun, ich habe als German Language Assitant gearbeitet. Dabei hatte ich vorrangig zwei Aufgaben: Die GCSE Schüler in Interventionsessions auf ihre mündlichen Deutschprüfungen vorzubereiten und im Unterricht als „Kulturbeauftragter“ immer wieder meinen Senf über Deutschland dazuzugeben. Ja, die Schüler waren doch allesamt sehr fasziniert als ich von der Spargelzeit in Deutschland erzählt habe… vermutlich halten sie uns jetzt alle für spargelverrückt. In den Interventions konnte ich mit kleinen Schülergruppen zielgerichtet Aussprache und Grammatik trainieren, wobei ich auch versucht habe die Schüler allgemein auf die Prüfung vorzubereiten. Der Umgang mit den Schülern war meistens sehr gut, leider konnten nicht alle Schüler überzeugt werden 20 Minuten in der Woche für die Interventions zu opfern, auch das gehört zur Wahrheit. Besonders hat es mir Freude bereitet, als ich auch selber Unterricht gestalten konnte – besonders zur Weihnachtszeit als ich gefühlt fünf Stunden lang am Tag über Weihnachten in Deutschland erzählt habe! Da Chemie mein zweites Fach ist, konnte ich auch in einigen science-Stunden teilnehmen. Da im englischen Schulsystem erst spät zwischen Physik, Chemie und Biologie entschieden wird, hab ich so alle drei Fächer auf Englisch erleben dürfen. Das fand ich unglaublich spannend und interessant, da bilingualer Unterricht meiner Meinung nach ein extrem spannendes Forschungsfeld ist. So habe ich natürlich viel Erfahrung in dem Bereich sammeln können – zum einen im Sprachlichenm, da ich die Begriffe und Umgangsformen generell erleben konnte, und zum anderen da ich selber quasi neue Dinge gelernt habe, und das auf Englisch! So habe ich beide Sichtweisen kennenlernen dürfen, was mir in meinem zukünftigen Lehren nur von Vorteil sein kann.

Alles in allem kann ich jetzt, da ich nur noch eine Woche in der Schule habe, sagen, dass mir die Tätigkeit an der Schule sehr viel gebracht hat – sei es der Umgang mit Schülern, Vertreten von Unterricht oder der allgemeine Tagesablauf an einer Schule. Ich möchte einem Fazit jedoch nicht zu weit vorgreifen, welches dann im nächsten Post kommt.

– Bye

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