Das Alltagsleben in Nîmes

Bonjour tout le monde!

Wahnsinn, als ich mich entschieden habe, den pädagogischen Austauschsdienst zu absolvieren, habe ich schon gedacht: 6 Monate sind eine lange Zeit. Jetzt denke ich: Wo ist diese Zeit? Die Zeit geht so wahnsinnig schnell um. Ich habe nur noch knapp 3 Monate und meine Freunde und ich haben schon Planungsprobleme, weil wir noch so viel sehen wollen. Aber das ist natürlich ein gutes Zeichen, mir gehts super hier!

Als ich nach Weihnachten aus Deutschland kam, musste ich blöderweise erst noch umziehen. Sowas kann man nicht gebrauchen, das war stressig und ätzend. Aber für die Französischkenntnisse perfekt, ich fühlte mich richtig einheimisch, weil ich Gas und Strom und Internet und alles regeln musste. Leider wohne ich jetzt alleine, meine Mitbewohnerin musste leider Nîmes verlassen und ich somit aus der Wohnung raus. Das war sehr traurig. Auf der Suche nach einer neuen WG ist mir dann bewusst geworden: Das wird nichts. Frankreich und WG ist nicht das gleiche wie in Deutschland. Es sind viel mehr Zweck-WGs und während der Castings fingen die dortigen Bewohner dann an, Gras zu rauchen. Da hab ich gedacht, dass ich eine solche WG wie meine alte eh nicht mehr wiederfinden werde und mir lieber etwas alleine suche. Meine Befürchtung, weniger französisch zu sprechen, ist zum Glück nicht wehrgeworden. Das ist wirklich cool, wenn man für einen so langen Zeitraum da ist, weil man dann wirklich viel praktizieren kann. Ich rede mit den Lehrern auf französisch, mit den Schülern ebenso, im Alltagsleben auch und mit den anderen Assistenten auch.

Ich werde in diesem Bericht etwas über meinen Alltag hier im südfranzösischen Nîmes berichten. Ich arbeite an insgesamt drei Schulen gleichzeitig, habe aber nach den Winterferien eine Schule komplett gewechselt, weil es so wenige Deutschassistenten gibt und wir uns deshalb aufteilen müssen. Das ist super schade, weil es blöd ist, sich wieder neu einzugewöhnen, ebenso für die Schüler etc. Aber was will man machen.

Mein Alltag läuft so ab, dass ich außer mittwochs jeden Tag für ein paar Stunden in die Schule gehe. Da es nur 12h pro Woche sind, habe ich häufig nur 2-3 Stunden am Tag, außer dienstags, da habe ich den ganzen Tag Schule. Bei der Tatsache, dass ich an drei Schulen unterrichte, bleibt es natürlich nicht aus, dass ich die unterschiedlichsten Niveaus habe. In zwei Schulen rede ich nur Französisch, weil mich sonst niemand verstehen würde. In einer Schule wird aber das abibac gemacht. Dort habe ich das Gefühl, die Schüler haben die Grammatik besser drauf als ich. Diese Schule beeindruckt mich sehr. Falls ihr das französische Schulsystem ein bisschen kennt: Es geht immer nur ums Lernen. Der Druck ist enorm hoch, die Schüler lernen, lernen und lernen. Und macht man dann auch noch das abibac, dann wird es noch härter. Ich bereite einige Schüler noch auf den concours an der Sciences-Po vor, der auch super hart sein soll. Dafür lernen die Schüler dann auch noch. Manchmal frage ich mich, wann sie das eigentlich noch machen. Da ich auch noch Politik studiere, habe ich in dieser Schule die Seite der Bundeszentrale vorgestellt. Das hat zwei Stunden gedauert. Die Klasse war super interessiert und begeistert. Nach diesen Stunden sind sie dann aber auf die Lehrerin zugegangen und haben gefragt, ob sie denn mit dem Lernprogramm bis zum Abitur nun durchkommen. Das hat mich wirklich schockiert. Es waren lediglich zwei Stunden und natürlich hat die Lehrerin im Blick, wann was gemacht wird. Ich wäre in Deutschland nie zur Lehrkraft gegangen und hätte das gefragt, wenn ich doch eigentlich weiß, dass alle hart arbeiten. Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich möchte weder in Frankreich als Lehrerin arbeiten noch hier zur Schule gehen. Es ist ein sehr hartes System, in dem wenig Rücksicht auf das Privatleben genommen wird. Das ist auch für mich ein sehr großer Unterschied zu Deutschland. Die Pädagogik ist hier ausgelagert auf andere Teile in der Schule (Vie scolaire etc.). Die Lehrer sind Wissensvermittler und keine Bezugspersonen, wie es in Deutschland der Fall ist (oder sein kann). Das liegt natürlich an dem Ausbildungssystem der Lehrer. Meine Mentoren sind alle super nett, aber was außerhalb der Schule im Leben der Schüler passiert, ist eigentlich nicht wichtig für sie. Zudem sind alle meine Lehrerinnen, mit denen ich arbeite, suuuuper gestresst. Sie arbeiten teilweise auch an zwei Schulen, haben alle Niveaus und müssen so viel arbeiten.

Blick aus der Schule. Riesige Anlagen!

In der „guten“ Schule mache ich lediglich mündliche Prüfungen mit den Schülern. Ich bereite dementsprechend nichts vor, sondern simuliere nur für das Abitur. Das ist für mich weniger spannend, aber auch schwer, weil ich alle Fehler korrigieren soll und es sich manchmal um winzige Fehler handelt, die 90% der Deutschen ebenfalls falsch machen. In den anderen Schulen sieht das schon wieder anders aus. Dort bereite ich wirklich meinen eigenen Unterricht vor und mache coole Sachen mit den Schülern. Das macht immer allen Spaß. Man muss aber dazu sagen, dass der Stand als Assistentin echt nicht schwer ist. Man ist jung, spricht „etwas lustig“, wie der deutsche Akzent oft beschrieben wird, macht anregende, spielerische Sachen und ist einfach von Beginn an beliebt bei den Schülern. So macht das Unterrichten natürlich auch super viel Spaß. Mit den Kleinen mache ich so Themen wie „St. Martin, Nikolaus, Karneval,…“ und bei den Großen helfe ich bei der Abiturvorbereitung. Da sind Themen wie Reisen, Idee des Fortschritts und Raum und Austausch dabei, die man echt cool aufarbeiten kann. Ich habe beispielsweise zum Thema Reisen Erasmus behandelt und mein Motivationsschreiben mit den Schülern analysiert. Das ist natürlich motivierender, wenn die Schüler wissen, dass ich das geschrieben habe und sie jemanden kennen, der von Erasmus profitiert etc.

So bereite ich also jede Woche meinen Unterricht vor, spreche es dann mit den jeweiligen Lehrern ab und habe dann entweder die ganze Klasse mit Lehrerin oder die halbe Klasse ohne Lehrerin. Die Lehrer finden beide Konzepte gut. Bei großen Gruppen macht das Teilen natürlich Sinn, sonst sind zwei Lehrkräfte natürlich immer von Vorteil.

Ich warte auf die Schüler!

Was etwas schade ist, dass ich durch die Aufteilung an keiner Schule so richtig bin. Zwar hat man eine Stammschule, aber dort arbeite ich auch nur 5h und da die Schule riesig ist, ist es relativ anonym. Im Vergleich zu den anderen Sprachassistenten ist das ein Nachteil. Sie arbeiten meist an nur einer Schule und wir Deutschen teilen uns mehrfach auf. Aber daran ist nichts zu ändern, es gibt einfach zu wenige Bewerbungen. Wir sind in der ganzen Académie 10 Deutsche, bestimmt 90 Hispanophonen und noch mehr Anglophone, also definitiv in der Unterzahl.

Es gefällt mir aber super, die Arbeit macht Spaß und es ist abwechslungsreich und es bleibt genügend Zeit für viele andere Sachen. Mittlerweile hat man echt gute Freunde gefunden, aus aller Welt und wir unternehmen super viel zusammen. Südfrankreich zu erkunden macht richtig Spaß und es ist schön, so viele Kontakte zu haben.

Die Sonne scheint, wie immer 🙂
Nîmes 🙂

In diesem Sinne: Viele Grüße aus dem bereits 20 Grad warmen Nîmes und bis bald!

Eva

 

 

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