Beruf Lehrer: Sowas macht man(n) nicht!

Während unseres Praktikums hier in Georgien sind wir an einer georgischen Privatschule und unterrichten zusammen mit den georgischen Lehrerinnen Deutsch in den Jahrgangsstufen fünf bis zehn. Soweit zunächst zum organisatorischen Rahmen.

Bereits innerhalb der ersten Woche fielen mir zwei Aspekte auf: 1) im Lehrerzimmer war ich die einzige männliche Lehrkraft und 2) sowohl die Lehrerinnen als auch die Schülerinnen und Schüler (im Weiteren wird Schüler für beide Geschlechter genutzt) wandten sich im Unterricht eher an meine Kommilitonin (Pia), als an mich.

Die erste Beobachtung ist für mich als angehender Grundschullehrer erstmal keine Besonderheit. Als Grundschullehrer erstmal keine Besonderheit, denn in diesem Berufszweig ist man oft der einizige männliche Vertreter. An weiterführenden Schulen trifft man allerdings wesentlich häufiger auf männliche Lehrkräfte, von daher könnte man dies ebenso für georgische Schulen annehmen und mutmaßen, dass es sich bei unserer Praktikumsschule um einen Sonderfall handelt. An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass es kein Sonderfall ist.

Die zweite Beobachtung ist schwieriger, bezogen auf die möglichen Ursachen. Es könnte natürlich daran liegen, dass meine Kommilitonin beliebter bei den Schülern ist. Daran liegt es jedoch nicht, denn die Schüler freuen sich generell über unsere Anwesenheit.

Doch woran liegt es jetzt und was ist der Grund für die geringe Quote an männlichen Lehrern (es gibt einige wenige, die allerdings das Lehrerzimmer meiden)?

Der ausschlaggebende Grund ist die Bezahlung und das (noch weit verbreitete) gesellschaftliche Rollenverständnis eines Mannes. Der Mann gilt als der Hauptversorger der Familie, was bedeutet, dass er derjenige ist, der das meiste Geld „nach Hause bringt“. Deshalb verdienen in vielen Berufen die Männer mehr, als ihre weiblichen Kolleginnen. Im Lehrerberuf ist dies jedoch nicht der Fall, hier verdienen beide Geschlechter gleich viel. Somit kann ein Mann in diesem Berufszweig nicht mehr zum Lebensunterhalt beisteuern als eine Frau in dem Beruf. Dies wird in der Gesellschaft noch argwöhnisch betrachtet und deshalb findet man derzeit auch wenig männliche Lehrkräfte.

Als Folge davon sind die Schüler den Umgang mit männlichen Lehrkräften nicht gewöhnt und wenden sich aus Reflex an die weiblichen Lehrkräfte.

Warum in dem Lehrerzimmer der Praktikumsschule selten männliche Lehrkräfte anzutreffen sind (es gibt insgesamt drei oder vier), hat einen anderen, eher lustigen Grund: Die Lehrerinnen reden den männlichen Lehrkräften zu viel und zu laut (zudem üblicherweise über Themen, die Frauen tendenziell interessanter finden).

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