Anteeksi, en puhen suomea – Fuß fassen in Helsinki

Ende Juli stand ich vor der Herausforderung, möglichst vorbereitet in mein 3-monatiges Praktikum im Goethe-Institut Finnland zu starten. Dabei war ich wohl am besten informiert über die praktikumsgebende Institution, das Goethe-Institut. Dieses ist ein weltweit agierender Verein mit Hauptsitz in München und der Hauptaufgabe, auch im Ausland Aspekte der deutschen Kultur und vor allem die deutsche Sprache zu vermitteln.

Gegründet wurde es nach dem zweiten Weltkrieg auch vor dem Hintergrund, den Ruf der Deutschen aufzubessern, heute gehören Aufgaben wie das Ausbilden von Deutsch-als-Fremdsprache-LehrerInnen zu den Aufgaben. Interessant ist dabei auch, dass die BRD in der Satzung des Vereins als ständiges Mitglied festgeschrieben ist. Vertreten wird die BRD dabei durch das Auswärtige Amt. Für das Praktikum habe ich mich deshalb entschieden, weil ich finde, dass durch das Aufgabenfeld und auch die Organisation einige spannende Fragen aufgeworfen werden: Wie kann man deutsche Kultur im Ausland vermitteln, ohne unbedingt auf Weißwürste und blau-weiße-Karos zurückzugreifen und auch dem Gastland gerecht werden? Inwiefern kann durch derartige Kulturinstitute auch diplomatische Arbeit verrichtet werden? Welchen Beitrag kann das Unterrichten von z.B. Deutsch zur Annäherung der Kultur beitragen? Wie bewirbt man Sprache, um Leute zu überzeugen, ausgerechnet diese als erste oder zweite Fremdsprache zu lernen?

Nun sind die ersten Wochen Praktikum um und ich konnte bereits einige Eindrücke über die Arbeit des Instituts gewinnen: Zunächst einmal würde ich das Praktikum oder ein Praktikum im Goethe-Institut allen empfehlen, die noch nie im Büro gearbeitet haben: Mein Arbeitstag startet um 9 und endet um 5, in der Zwischenzeit erledige ich einige Routineaufgaben, erarbeite aber auch eigene Projekte, wie zum Beispiel ein Sprachcamp für Jugendliche. Es ist zu Anfang schwierig eine so lange Zeit vorm PC in einem Büro zu sitzen, als Studentin ist man ja doch mehr Flexibilität gewohnt, aber auf jeden Fall eine gute Erfahrung, auch um festzustellen, welcher Arbeitsrhytmus gut oder besser zu mir passt. Auch ist es interessant zu beobachten, wie das Goethe-Institut hier Angebote der Deutschen Kultur herausfiltert, und es in die Angebote, die die finnische Szene bietet, integriert. Viele der Programme hier fokussieren sich auf die Freundschaft und Beziehung zwischen Deutschland und Finnland.

Über die Goethe-Institute kann man sich näher im Internet unter www.goethe.de informieren. Es werden ständig weltweite Praktika angeboten.

Weniger gut vorbereitet war ich auf das Leben in Finnland: Zunächst stellte sich die Frage, was für den Zeitraum August bis fast November einzupacken ist. Durch Klischees in meinem Kopf rechnete ich quasi mit Dauerschnee oder Regen, kann aber bisher vom August 2015 nur Positives berichten:

Insel vor HelsinkiDer Sommer in Helsinki ist wahnsinnig schön. Es scheint, als bereiten die Leute sich hier auf den dunklen, langen und kalten Winter vor und versuchen, jeden Sonnenstrahl abzubekommen: Auf den Straßen ist unheimlich viel los, es gibt sehr viele Festivals und Menschen Picknicken draußen, machen Musik, und halten sich natürlich am Wasser auf: Es gibt sehr viele Inseln, die von der Küste Helsinkis aus mit Fähren zu erreichen sind: Die Insel Suomenlinna (http://www.suomenlinna.fi/de/) mit den Ruinen einer Burg und großartigen Möglichkeiten, am Meer zu sitzen, Sport zu treiben und spazieren zu gehen ist mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen, zu anderen Inseln fahren Fähren für relativ kleines Geld.

Flow FestivalAußerdem findet jährlich das Flow Festival (http://www.flowfestival.com/) statt. Die Karten sind relativ teuer, aber meiner Meinung nach lohnt sich das Geld: Unter anderem waren Künstler wie Future Island, Florence and the Machine, Beck, Pet Shop Boys, Years&years da. Besonders im Vergleich zu anderen Festivals, die ich besucht habe, ist, dass hier nicht der Dress Code „Hauptsache, es kann dreckig werden“ gilt: Das Flow Festival hat – so wurde es zumindest erklärt – „trendy“ zu sein, das hier verkaufte Street Food wird von den „hipsten“ Geschäften verkauft (für sehr viel Geld). Ein Finne erklärt mir: „Flow Festival used to be really Hipster, now it is Post-Hipster“. Trotzdem sehr spaßig. Es gibt aber auch parallel stattfindende Gegenveranstaltungen, die sicherlich auch besuchenswert sind: Hier spielen Bands für umsonst, um einen Gegenpol zum (über-)teueren kommerziellen Flow Festival darzustellen.

Schön war und ist auch das Helsinki-Festival: Hier finden tagelange Veranstaltungen statt, besonders empfehlenswert ist meiner Meinung nach die Nacht der Künste, in der lokale Musikerinnen ihr Können im Freien präsentieren, Gallerien öffnen und unheimliche viele Menschen draußen feiern. Das Nachtleben in Helsinki ist auch erlebenswert, wenn auch sehr teuer!

Vielleicht stimmt das Vorurteil, das finnische Menschen nicht übermäßig extrovertiert sind, meiner Erfahrung nach sind sie aber unheimlich hilfsbereit und verständnisvoll gegenüber Menschen wie mir, die bis auf den Satz „Entschuldigung, ich spreche kein Finnisch“ kaum ein Wort zusammenbringen. Tatsächlich ist es schwieriger als gedacht, so völlig sprachunfähig nach Finnland zu ziehen: Bemerkbar macht sich das zum Beispiel im Supermarkt, wo plötzlich alle Produkte, in die man nicht hineinsehen kann, nur mit Risiko gekauft werden können. Versehentlich habe ich schon Joghurt anstatt Milch und Käse anstatt Butter gekauft. Schwierig ist auch, sich Namen von Orten zu merken, da ohne jegliches Sprachgefühl alle Silben irgendwie falsch und zufällig und unmerkbar klingen. Aber zumindest auf dem Gebiet mache ich langsam Fortschritte. Die finnischen Menschen haben, wann immer ich oder meine Freundinnen hier aufgeschmissen war, allerdings jedes Mal geduldig gewartet oder ausgeholfen: Sei es im Bus oder an der Kasse im Supermarkt: Davon kann sich jeder gut eine Scheibe abschneiden.

Die Wohnungssuche in Helsinki lief für mich auch ganz unproblematisch: Über HOAS kann man (verhältnismäßig)  günstig wohnen, vor allem wenn man bereit ist, etwas längere Fahrten in Kauf zu nehmen. Der Nahverkehr in Helsinki ist wirklich gut, ich wohne jetzt nördlich im nächsten Vorort, am Wald und am See. Als ich zum ersten Mal meine Holzblockhütte gesehen habe, war also die Finnlanderfahrung erstmal perfekt!

Ich hoffe das bleibt auch nach Monat 2 noch so! Ich kann diese Stadt auf jeden Fall weiterempfehlen, vor allem im Sommer und beantworte euch gerne Fragen, die ihr vielleicht habt!

Nina

 

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