Maria Goeppert Mayer 90 130 Maria Göppert-Mayer
(1906-1972)

Maria Goeppert-Mayer wurde 1906 in Oberschlesien (später Deutschland) geboren. Sie war Einzelkind. Ihre Mutter war Lehrerin für Sprachen und Klavier, ihr Vater Professor für Pädiatrie. Er war die sechste ununterbrochene Generation von Universitätsprofessoren, sie sollte die siebte werden.

1910 zog das Ehepaar Goeppert-Mayer mit ihrer dreijährigen Tochter Maria wegen beruflicher Gründe des Vaters nach Göttingen. Maria lebte dort 20 Jahre, mit Ausnahme eines Auslandssemesters in Cambridge. Zunächst ging sie zur Göttinger Luisenschule, wo sie 1921 mit 15 Jahren ihren Abschluss machte, dann zu der in Göttingen einzigen Schule, die Mädchen auf das Abitur vorbereitete. Es war eine privat finanzierte Schule, die jedoch wegen der Inflation geschlossen werden musste. Glücklicherweise setzten die Lehrer aber ihren Unterricht fort und so konnte Maria 1924 im benachbarten Hannover als Externe an einer Knabenschule geprüft werden. Dort hat sie ihr Abitur mit Auszeichnung bestanden.

Aufgrund der Einstellung des Vaters, der an die Fähigkeiten der Frauen und deren Unabhängigkeit glaubte, war es für sie schon immer klar gewesen, dass sie studieren würde. So immatrikulierte sie sich 1924 an der Georgia Augusta Universität in Göttingen für Mathematik. Drei Jahre später wechselte sie, motiviert und fasziniert durch die neuesten Beiträge zur Quantentheorie von Max Born, Werner Heisenberg und Pascal Jordan, die in Göttingen forschten, zur Physik.

1930 erhielt sie ihren Doktortitel in Theoretischer Physik, genauer gesagt für die theoretischen Überlegungen zu den "Doppel-Photon-Prozessen". Max Born war ihr Doktorvater und wurde selbst im Jahr 1954 mit einem Physik-Nobelpreis geehrt. Im Januar desselben Jahres heiratete Maria den amerikanischen Chemiker Joseph Mayer, mit dem sie zwei Monate später in die USA ging. In Baltimore, an der hochangesehenen Johns Hopkins-Universität hatte sie zur Zeit der großen Wirtschaftsdepression keine wissenschaftliche Anstellung. Stattdessen arbeitete sie als Deutschkorrespondentin für einen Physikprofessor und forschte ohne Bezahlung allein aus Freude an der Beschäftigung mit der Physik weiter. Sie begann sich unter dem Einfluss ihres Mannes und seines Kollegen Karl F. Herzfeld für physikalische Chemie zu interessieren. Sie engagierte sich bei der Ausbildung von Studenten und veröffentlichte zusammen mit ihrem Mann ein Lehrbuch über "Statistische Mechanik".

1941 änderte sich die Lage. Die USA hatte Japan den Krieg erklärt, Posten wurden frei, viele Frauen bekamen dadurch eine Chance. So auch Maria Goeppert-Mayer, die zunächst eine halbe Stelle als naturwissenschaftliche Lehrkraft am Sarah Lawrence College in Bronxville erhielt und später von der Columbia-Universität angeworben wurde. Hier sollte versucht werden, hochspaltbares Uran-235 von dem stabileren Uran-238 abzutrennen.

1946 zogen Maria Goeppert-Mayer und ihr Mann nach Chicago, wo sie zwar nur Institutsmitglied ohne Bezahlung wurde, aber schnell einen Professorentitel bekam und sowohl im Institut für Kernphysik als auch im neuen Argonne National Laboratory, einem nationalen Laboratorium der amerikanischen Atomenergie-Behörde, forschen konnte. Die Universität Chicago war das Zentrum für Kernphysik und hatte somit eine große Anziehungskraft für bedeutende Kernphysiker.

Zwei Jahre später begannen die Goeppert-Mayers mit den Forschungen auf dem Gebiet der Atomkerne und mit den Arbeiten an den magischen Zahlen, d.h. mit Atomkernen mit einer bestimmten Anzahl von Protonen und Neutronen, und sie postulierten das "Schalenmodell". Maria Goeppert-Mayer fühlte sich in ihrer Forschungsarbeit durch die Ergebnisse von dem Heidelberger Hans Jensen (1907-1973), der kurz zuvor veröffentlicht worden war, bestätigt. Später beschlossen sie, eine Brücke zwischen Amerika und Europa zu bauen und aus der Konkurrenz einen gemeinsamen Sieg zu machen. So schrieben sie zusammen ein Buch mit dem Titel "Elementare Theorie der nuklearen Schalenstruktur".

1963 erhielten sie gemeinsam den Physik-Nobelpreis für ihre "Entdeckungen zur Schalenstruktur des Kerns".

Maria Goeppert-Mayer war Mitglied der Akademie der Wissenschaften, korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Heidelberg. Sie erhielt die Ehrendoktorwürden der Wissenschaften vom Russel Sage College, Mount Holyoke College und dem Smith College. Seit 1960 engagierte sie sich zunehmend für das naturwissenschaftliche Frauenstudium.

Trotz eines Schlaganfalls blieb Maria Goeppert-Mayer der Physik treu, sie lehrte, forschte und publizierte, bis sie 1972 im Alter von 65 Jahren an den Folgen eines Herzinfaktes starb.

Auch die weit verbreitete These, "Familie und Forschung" passe nicht zusammen, wurde durch sie widerlegt. Sie war zweifache Mutter (von Marie Ann, die später Astronomie studierte und von Peter Conrad, der später Professor für Wirtschaftswissenschaften wurde) und war kein nur "wissenschaftlicher" Mensch. Sie liebte Geselligkeiten und konnte zusätzlich Familie und Forschung vereinbaren.