Zu Besuch bei den liebsten Nachbarn – mein Praktikum in Groningen

Seit ich in Groningen angekommen bin, wurde ich schon von mehreren meiner neuen Kollegen gefragt, warum ich denn ausgerechnet hier für drei Monate ein Praktikum machen wollte. Tatsächlich konnte ich mir auf diese Frage selbst keine befriedigende Antwort geben.

Die Gründe dafür, dass ich mich entschieden habe hierher zu kommen, waren wohl eher praktischer Natur. Da ich in Münster studiere und lebe, war der Umzug nach Groningen durch eine etwa zweistündige Autofahrt sehr leicht zu bewältigen. Die doch recht geringe Distanz würde mir und meinem Freund zum einen die Möglichkeit geben, uns von Zeit zu Zeit zu sehen und andererseits würde ich dennoch die Erfahrungen sammeln können, die ein längerer Aufenthalt im Ausland eben so mit sich bringt, ohne einem allzu großen Kulturschock ausgesetzt zu werden. Obwohl ich kein Niederländisch spreche, ist die Kommunikation mit den Einheimischen hier ziemlich einfach, da die meisten Holländer gut Englisch sprechen können oder sogar Deutsch in der Schule hatten. Und wenn mal eine Vokabel im Englischwortschatz fehlt, versuche ich es immer erstmal mit dem deutschen Wort. Da viele Wörter im Deutschen und im Niederländischen ähnlich sind reicht das oft schon aus um sich problemlos zu verständigen. Soweit so gut. Jetzt, wo ich in Groningen bin, muss ich sagen, dass es noch einige weitere Gründe gibt, eine Weile hier oder generell in den Niederlanden zu verbringen.

Kuschelkatze im Katzencafé.

Groningen ist eine zwar nicht sehr große, aber unglaublich charmante Stadt. Die Innenstadt ist voller typisch-niederländischer Backsteinhäuser mit überdimensional großen Fenstern und die Kanäle mit unzähligen Haus- und Segelbooten machen das Bild komplett. Was mich tatsächlich überrascht hat ist die Menge an Restaurants, Cafés und Kneipen, die es hier gibt und auch die vielen Antiquitäten- und Plattenläden haben mich schon einiges an Zeit und Geld gekostet. Es gibt sogar zwei Katzencafés in der Stadt, die ich allen Crazy-cat-Ladies nur wärmstens empfehlen kann.

Da die wenigsten englischen Filme und Fernsehsendungen in den Niederlanden synchronisiert werden, kann man sogar ohne Probleme ins Kino gehen, wenn man über die niederländischen Untertitel hinweg sieht.

Obligatorische Windmühle in Holland – eine Radtour durch die Umgebung ist definitiv eine Alternative zur Shoppingtour durch die Stadt.

Als Wahl-Münsteranerin konnte ich natürlich nicht ohne mein Fahrrad nach Groningen kommen. Das ist übrigens etwas, was ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann: Wer in die Niederlande kommt und die Möglichkeit hat ein Fahrrad mitzubringen, sollte das definitiv tun. Zwar sind die öffentlichen Transportmittel, soweit ich das beurteilen kann, auch gut organisiert, doch gerade in einer recht kleinen Stadt wie Groningen kommt man dank der beneidenswert gut ausgebauten Radwege oft genauso schnell (und günstiger) mit dem Fahrrad von A nach B. Nach den ersten Tagen mit dem Fahrrad hier wurde mir allerdings klar, dass es keine schlechte Idee ist in Regenhose oder –poncho zu investieren. Mit etwa 190 Regentagen in Groningen pro Jahr (laut dem allwissenden Wikipedia) ist das auch kein Wunder. Das Gute ist: wenn es regnet, dann meist nur kurz (und heftig) und die Wolken verziehen sich meist genauso schnell wie sie kommen. Und wie das immer so ist, seitdem ich mir einen Regenponcho zugelegt und immer im Rucksack dabei habe, hat es nicht mehr geregnet, wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs war.

Man bekommt von Zeit zu Zeit das Gefühl, viele Holländer erledigen quasi alles per Rad. Viele der Fahrräder sind mit Sitzen und Körben so präpariert, dass die Kinder zur Schule gebracht und gleichzeitig der komplette Wocheneinkauf transportiert werden kann. Das Einkaufen im Supermarkt ist für mich tatsächlich noch immer abenteuerlich. Wer meint, dass der Unterschied an Produkten zwischen zwei benachbarten Ländern nicht besonders groß sein kann, wird hier eines Besseren belehrt. Ich könnte buchstäblich Stunden vor den Regalen verbringen. Besonders in der Süßigkeiten- und Gebäckabteilung fallen die Unterschiede (vor allem in Bezug auf die Menge an unterschiedlichen keksartigen Gebäckstücken und Lakritze) auf und eins muss man definitiv sagen: süß können die Holländer. Mit der generellen Esskultur hier konnte ich mich allerdings noch nicht anfreunden. An deutsche Mensen und Cafeterias gewöhnt, musste ich feststellen, dass hier das Mittagessen generell eher in Form von Sandwiches anstelle von warmen Mahlzeiten stattfindet. Grundsätzlich ist das sicher etwas, mit dem man leben kann, wenn da nicht das holländische Brot wäre. Fluffiger als so manches Sofakissen ist hier selbst das Vollkornbrot. Bestrichen mit Appelstroop oder bestreut mit Hagelslaag (Schokostreusel, die in Deutschland eher zum Kuchen backen benutzt werden würden), entspricht das so gar nicht meiner Vorstellung von Mittagessen. Ein Hoch auf die Mikrowelle im Gemeinschaftsraum, man muss sich ja schließlich nicht allen Eigenheiten des Gastlandes anpassen.

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