Leben in Bristol

Seit 1,5 Monaten lebe ich nun in Bristol – und ich hätte nicht gedacht, dass ich mich so sehr wohl fühlen werde. Bristol zu beschreiben ist nicht leicht, da es eine sehr facettenreiche Stadt mit mehreren Gesichtern ist. Die schöne Hafengegend erinnert an Hamburg, das alternative Viertel Stokes Croft an Utrecht und Ost-Berlin, dann gibt es da noch das schöne, ,,posche“ Viertel Clifton, das mit seinen schönen Häusern an Paris erinnert, und das langweilige Shopping District, das wie in jeder anderen Stadt gleich aussieht, die urbane Innenstadt, die vom Verkehr zur rush-hour immer wieder überlastet wird und noch meine Hood – eine, ein wenig schäbig, aber sehr charaktervolle Straße mit Pubs, Theater, Vintage-Shops und Mini-Supermärkten, wo man zu jeder Uhrzeit ,,Booze und Food“ kaufen kann. Der Mix der Stadt macht es spannend und interessant.

Das Leben in einer Großstadt (Bristol hat fast eine halbe Million Einwohner) ist neu für mich. Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, langfristig in einer Großstadt zu leben, so genieße ich doch vor allem das kulturelle Angebot der Stadt. So trifft man sich öfters in einem Pub oder im Viertel Stokes Croft zu einem Konzert. Die Konzerte passen gut zur Stadt – meistens ganz im Einklang der hippen, avantgardistischen Stadt, werden Musikstile fusioniert und etwas Neues erschaffen – Bristol eine „forward going“ city. So habe ich hier Konzerte gesehen, die Jazz und Synthesizer / Hip Hop, Jazz und Soul oder Jazz, Funk und Gambianische Musikstile verbunden haben. Man hat hier jeden Tag die Möglichkeit, mindestens drei Konzerte zu erleben.

Die Schattenseiten einer Großstadt lassen sich jedoch auch immer wieder entdecken. Die Stadt hat traurige Berühmtheit aufgrund von Obdachlosigkeit und Drogen erlangt. Der massive Verkehr trägt zu einer ordentlichen Luftverschmutzung bei und das, obwohl manche Bio-Busse bereits durch Methan (entstehend aus menschlichen und Essens-Abfällen ) betrieben werden – sie werden liebevoll auch ,,poo-busses“ genannt. Bristol machen vor allem die vielen alternativ und umweltbewussten Menschen aus. So werden lokale Shops, Cafes von den Menschen lieber frequentiert als Marken oder Franchise-Ketten. Ein Supermarkt der Marke Tesco musste sich zum Beispiel dem Boykott und Protest im alternativen Viertel beugen und schließen.

Streetart trägt außerdem stark zur Identität der Stadt bei. So entdeckt man beim Herumschlendern fast immer ein neues Grafitti, das meist eine politische Botschaft trägt. Desöfteren auch von dem bekanntesten Streetartist – Banksy. Streetart ist selbst an manch öffentlichen Wänden legal. Neuerdings befindet sich auch eine Ananas im Stadtzentrum, welche Reichtum, Sklaverei, Marihuana und Willkommensein symbolisiert – alles Aspekte die auf Bristol zutreffen/zutrafen.

Es ist außerdem interessant, Bristol von einer mehr wissenschaftlichen Seite kennenzulernen und sich mit  der Frage zu beschäftigen, wie sich Bristol in der Zukunft verändern wird. Das ist die Frage, mit der ich mich maßgeblich in meinem Praktikum bei einem Think-Tank beschäftigt habe. Mehr dazu aber im nächsten Beitrag.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.