Karibu an der One World Secondary School!

Als angehende Lehrkraft für (Fremd-)Sprachen (Englisch, Spanisch, Deutsch) sowie DaF/Z (Zertifikatsstudiengang) werden wir, Nasha und Anna, immer wieder Perspektivwechsel initiieren, (inter-)kulturellen/-religiösen Austausch fördern und Menschen über Kommunikation miteinander verbinden dürfen. Wir möchten Brückenbauerinnen zwischen Kulturen und Weltansichten sein und die Lernenden auf ihrem Weg zu mehrsprachigen, bewussten und toleranten Individuen begleiten. Um Kulturkontraste authentisch präsentieren und empathisch auf (DaFZ-)Lernende eingehen zu können, ist es elementar, diese wertvollen Erfahrungen von Alterität, Neugierde, Faszination, aber auch Irritation selbst zu erleben. So durften wir an einem wertvollen DaF-Praktikum in Tansania an der One World Secondary School in Kisangara, Kilimanjaro, wachsen. Ein Einblick zur Schule findet sich unter: www.oneworldschool-tanzania.org/admission/.

Die One World Secondary School wurde vor 12 Jahren von einem deutschen Ehepaar, den „Köhlers“, gegründet und finanziert sich zu großen Teilen aus Spendengeldern. Gleichzeitig müssen die Schüler:innen, je nach ihren sozio-ökonomischen Verhältnissen, Schulgeld zahlen. Die Schule bietet den Schüler:innen, die an dem Internat leben und lernen, qualitative, demokratische und gewaltfreie Bildung. Unter anderem ist sie Pasch-Schule des Goethe-Instituts. Wichtige Foki sind die nachhaltige Entwicklungsarbeit vor Ort sowie der Ausbau globaler Netzwerke, sodass den Lernenden Wurzeln und Flügel gegeben werden: Verwurzelt in einer stolzen, interkulturellen Identität und mit Verantwortungssinn für die Zukunft und ihre sozialen Gemeinschaften, stehen ihnen gleichzeitig oft internationale Bildungswege sowie verantwortungsvolle Positionen in Gesellschaft und Politik offen.

Gelegen in der Kilimanjaro-Region, ist die One World Secondary School von kleineren Bergen umgeben.

Schon am ersten Tag hörten wir von allen Seiten „Karibuni“ (Herzliche Willkommen), tanzten gemeinsam auf der roten Erde, spielten Uno (ein wunderbares und internationales Spiel, um Farben und Zahlen in der Fremdsprache zu trainieren) und tauschten erste deutsche Vokabeln gegen Wörter auf Kiswahili aus. Anfangs schien uns die Sprache sehr fremd, doch rasch verinnerlichten wir wichtige Phrasen und Interaktionsmuster und konnten bald basale Kommunikation (z.B. beim Einkaufen auf dem Markt) leisten.

Die Schüler:innen begegneten uns mit einer großen Neugierde, stellten viele Fragen und nahmen uns sehr herzlich auf.

„Ihr geht also nach Afrika“, hatten im Vorfeld einige Personen in unserem Umfeld mit einem anerkennenden bis skeptischen Ton zusammengefasst. Wir spezifizierten, dass wir unser Praktikum im ostafrikanischen Tansania verbringen würden. Der afrikanische Kontinent mit den 54 Ländern, der dreimal so groß ist wie Europa, wird im westlichen Bewusstsein häufig zu einem Land degradiert. Oft mussten wir auch erklären, wo genau Tansania liegt – obgleich bei Erwähnung des Kilimanjaros, dem Dach Afrikas, schließlich eifriges Nicken erfolgte.

Ein weiteres Cliché, das uns im Vorfeld begegnete, waren Vorstellungen von armen Menschen in einfachen Behausungen, rigiden Geschlechtervorstellungen, hungrigen Kindern und trockener Erde. Außerdem hatten wir, aufgrund der kolonialen Geschichte, die Tansania und Deutschland auf blutige Weise verbindet, befürchtet, dass uns, als Deutsche, begründete Ressentiments entgegengebracht werden könnten.

Bereits vor dem Praktikumsstart war uns klar, dass viele dieser Konzeptionen stereotyp, simplifizierend und verletzend sein können, sodass wir uns darauf freuten, ihnen eigene Eindrücke und Erfahrungen entgegenzustellen.

Hinsichtlich des Aspektes der Armut merkten wir schnell, dass sich ein ambivalentes Bild auftat: Zwar gehört Tansania zu den ärmsten Ländern der Welt, wobei etwa 90% der 41 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze lebt, jedoch ist das Land reich an Bodenschätzen, wie Gold und Edelsteinen. Problematisch ist jedoch, dass diese wertvollen Ressourcen von ausländischen Unternehmen abgetragen werden oder die Staatseinnahmen im undurchsichtigen Gewirr der im Land vorherrschenden Korruption verschwinden: Eine Hand wäscht die andere, doch vergisst man dabei jene des Volkes. Somit ist Tansania ein reiches Land mit vorwiegend armer Bevölkerung.

Die One World School unterstützt, anders als andere Privatschulen des Landes, Schüler:innen aus ganz unterschiedlichen ökonomischen Verhältnissen. Zwar kommen viele Schülerinnen tatsächlich aus ökonomisch stark benachteiligten Familien und werden durch Sponsor:innen gefördert, doch ist dies nicht für alle der Fall. Neid scheint dabei jedoch selten aufzukommen: Die Schüler:innen des Internats bilden eine starke Gemeinschaft, die von Rücksichtnahme und gegenseitiger Unterstützung geprägt ist.

Bezüglich der Landschaft sahen wir, besonders in der hoch gelegenen Kilimanjaro-Region, saftige Wiesen, auf denen die Massai ihr Vieh grasen ließen, Wälder, Plantagen, Landwirtschaft und Palmen an uns vorbeiziehen. Mit der einsetzenden Regenzeit prasselten die dicken Tropfen schließlich so laut auf die Dächer der Klassenzimmer, dass man manchmal sein eigenes Wort nicht mehr hörte – so viel zum Vorurteil der Dürren und Wüsten (man muss jedoch hinzufügen, dass sich das Wetter, als Folge des Klimawandels, auch in Tansania verändert und Regen- sowie Trockenzeiten schlechter vorhersehbar werden und die Landwirtschaft enorm beeinflussen).

Hunger leiden müssen zumindest die knapp 120 Schüler:innen der One World School dennoch keinesfalls: Morgens gibt es Uji, eine Art Porridge, bevor es zur „Chai Break“ Tee und Brot oder köstliches Obst gibt, mittags und abends wird warm gegessen (meist das aus Maismehl bestehende Nationalgericht „Ugali“ mit Gemüse oder auch mal Fleisch oder Reis).

Hinsichtlich des gemeinsamen Lernens zwischen Schülerinnen und Schülern merkten wir, dass gewisse Ungleichbehandlungen bestanden. (So war etwa das Schlafgebäude der Mädchen zu „ihrer Sicherheit“ eingezäunt, jenes der Jungen jedoch nicht. Weiter war körperliche Berührung zwischen den Geschlechtern untersagt, was unter anderem dazu führte, dass Sportangebote (Fußball oder Netball, ähnlich zu Basketball) primär den Jungen offenstanden.) Teilweise erklärten Schülerinnen, dass ihre Eltern bereits ihre Verheiratung planten, anstatt ihren Wunsch nach einer universitären Ausbildung zu unterstützen. Außerdem bestanden bei einigen Personen, Schüler:innen sowie Lehrkräften, homophobe Tendenzen – dies ist leider ebenfalls häufig in Tansania anzutreffen. Doch auch hier muss gesagt sein, dass sich einige Jugendliche, obgleich sie im Rahmen des Schulunterrichts gar keine oder nur rudimentäre Sexual- und Identitätsbildung erhalten, sich diesen Tendenzen klar entgegenstellen. Besonders in diesen Aspekten konnten wir, als junge Frauen, die in Westeuropa zahlreiche Freiheiten genießen, unsere Privilegien reflektieren sowie in zahlreichen Gesprächen den Schüler:innen Selbstbewusstsein schenken oder sie unterstützen.

Abschließend konnten wir auch die Befürchtung, Ablehnung aufgrund der grausamen Kolonialverbrechen Deutschlands zu erfahren, über Bord werfen. Egal ob in der Schule, auf dem Markt oder bei Safaris (= Kiswahili für Reise) in andere Städte: Uns wurde stets mit großer Herzlichkeit, einem Lächeln und Neugierde begegnet, sodass wir uns schon bald „wie Zuhause“ fühlen durften.

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