Bitte sprechen Sie Deutsch!

Zu Beginn unseres Aufenthalts in Usbekistan, haben meine Komillitonin Vivien und ich an einem einwöchigen Hochschulsommerkurs eines deutschen Germanistik-Professors an der Nationalen Universität in Taschkent teilgenommen und durch den Austausch mit den Teilnehmern, die alle sehr gut Deutsch sprachen, eine gute Einführung in Usbekistan bekommen.

Dafür haben wir mitgeholfen, den Studenten viel über Deutschland zu  zeigen. Zum Beispiel haben wir unseren Alltag an der Uni Münster vorgestellt und ihnen gezeigt, wie man eine gute Bewerbung schreibt. Dies brauchen viele von ihnen, die sich für künftige Sommerkurse in Deutschland interessieren. Wir hatten auch mit regulären Germanistik-Studenten der NUU zu tun und haben mit ihnen Geschichten geschrieben und Theater gespielt. Nach jeder Stunde war ich beeindruckt von ihrer Beherrschung der deutschen Sprache, die ja nicht zu den leichtesten gehört, und habe mich gut gefühlt, ihr schon vorhandenes Interesse noch weiter zu vergrößern.

Die Teilnehme des Sommerkurses vor dem Gebäude der philologischen Fakultät

…und bei unserem Wochenendausflug ins Chimgan-Gebirge (70km von Taschkent)

In der zweiten Woche stand dann das erste Mal Deutschunterricht am Lyzeum auf unserem Stundenplan. Das usbekische Litsey entspricht der deutschen gymnasialen Oberstufe.

Am Montag auf dem Weg zur Schule hatte ich, wie es in der Situation wohl natürlich ist, ein bisschen Sorge. Ich hoffte, dass die Schüler in der Lage sein würden, Arbeitsaufträge auf Deutsch oder von mir aus auch auf Englisch zu verstehen. Ich kann selbst weder Usbekisch noch Russisch, auch wenn ich mir bei diesem Aufenthalt immer wieder gedacht habe, dass es sinnvoll wäre, Russisch zu lernen.

Die Schüler, mit denen wir zu tun haben, lernen, bis auf eine Spezialgruppe mit Deutsch-Schwerpunkt, die ich besonders gerne unterrichte, Deutsch als zweite Fremdsprache nach Englisch und haben eine Wochenstunde.

  

Die Spezialgruppe lernt Vokabeln mit einem Mnemospiel

Die Stunden in Usbekistan dauern 80 Minuten ohne Pause. Nach der ersten Stunde ist eine zehnminütige Pause zum Raumwechsel, nach der zweiten eine halbstündige zum Essen. Danach folgt noch eine dritte. Schulschluss ist um 13:40. Ich kann verstehen, wenn Schüler zum Ende einer Stunde hin, besonders der zweiten, müde und unkonzentriert werden. Mir selbst ging es ähnlich.

Wir bekamen unseren Arbeitsplan für die kommenden Wochen: Jede Woche halten wir zehn Stunden. Den Arbeitsplan haben nicht etwa die Deutschlehrer erstellt, mit denen wir auch zusammen unterrichten, sondern die Oberlehrer, die die Schüler noch nie gesehen haben. Der Unterricht beginnt für alle Schüler täglich um 9 Uhr, nur mittwochs erst um 10:30, zur zweiten Stunde. Die Schüler haben auch Samstags Unterricht, den müssen wir aber nicht halten. Unterrichtet haben wir Schüler aus allen drei Studienjahren.

  

Der Unterrichtsplan

Wie in Deutschland auch gibt es solche und solche Schüler. Manche sind sehr engagiert und kommen sogar nach der Klasse noch zum Lehrerpult, um Fragen zu stellen. „Erklären Sie bitte die Konstruktion mit ´als´“.  Andere setzen sich in die letzte Reihe und schlafen oder reden ununterbrochen. Allerdings erlaubt sich niemand eine echte Dreistigkeit gegenüber den Lehrern und alle reagieren fast immer, wenn man um Ruhe bittet oder darum, das Handy wegzulegen.

Der Unterricht, den ich anfangs vorbereitet hatte, in Anlehnung an die entsprechenden Kapitel im Deutschbuch, die wir behandeln sollten, hat sich bald als zu anspruchsvoll herausgestellt. Deshalb bin ich bald dazu übergegangen, die Themen freier zu interpretieren. Es mangelt den Schülern an Sprechfähigkeit, wohl bedingt durch die Vorrangstellung des Frontalunterrichts und des Verfassens von Texten im usbekischen Lehralltag. Fortan bereitete ich nur noch Stunden vor, in denen jeder Schüler mindestens einmal ein paar deutsche Sätze gesagt hat. Dies geschah durch das Vorstellen von Plakaten oder durch kleinere Spiele. Beispielsweise sollte ich eine Stunde zum Thema Freizeit halten und habe die Schüler der Reihe nach einen Satz sagen und zudem die Sätze aller ihrer Vorgänger wiederholen lassen.

Schülerinnen stellen ihr Plakat zum Thema Neu in der Klasse vor.

Häufig stellen Schüler Fragen auf Englisch. Wenn sie es nicht anders können, oder das Englische nutzen, um zu fragen, ob sie Begriffe richtig verstanden haben, ist das kein Problem. Allerdings muss ich oft die Schüler daran erinnern, dass wir gerade Deutsch haben und nicht Englisch, gerade, wenn es um das Vorstellen der eigenen Arbeit geht.

Grammatikthemen, die den Schülern schon bekannt sein sollten, habe ich immer dann aufgefrischt, wenn sich entsprechende Fehler häuften, was häufig vorkam.

Da sich die meisten Schüler nach der Stunde für den Unterricht bedanken, habe ich das Gefühl, sie sind ganz zufrieden und bis auf wenige Ausnahmen mit Schülern, die wohl grade ihre rebellische Phase haben, bin ich es auch.

Manchmal leistet eine ganz klassische Tafel auch gute Dienste.

Oder Arbeitsblätter

 

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