Bittschreiben von Heinrich Reiter

HEILIGER VATER!

Durch bittere Not gezwungen, unterbreite ich nachstehende Bitte. Ich bin 56 Jahre alt, roemisch katholischer Nichtarier, nach Wien zuständig, gewesener Advokat, mehrfach ausgezeichneter Hauptmann in der Reserve, verwitwet und wurde im August 1938 mit meiner neunzehnjährigen Tochter Helene und meinem achtzehnjährigen Sohn Hans nach Abnahme unserer gesamten Habe aus Wien ausgewiesen. Meine Tochter befindet sich in England; für meinen Sohn und mich konnte ich bisher trotz Bemühungen bei allen Auswanderungskomitees keine Einreisebewilligung erhalten. Auch die liebenswürdige Intervention des Staatssekretariats Euerer Heiligkeit, der ich zu Prot. Nr. 8130 Photokopien von Empfehlungen geistlicher Stellen in Wien und von Zeugnissen meines Sohnes über die Beendigung des Gymnasialstudiums vorlegte, hatte bisher keinen Erfolg. Unser Streben geht dahin, in ein Land einwandern zu dürfen, wo wir als Menschen leben und arbeiten können. Da wir in Italien weder arbeiten, noch bleiben dürfen und uns keine Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen, befinde ich mich mit meinem Sohn in verzweifelter Lage und bitte um Hilfe.

Eurer HEILIGKEIT

untertänigst ergebenster

Dr. Heinrich Reiter

presso Parr. di S. Benedetto, Roma Via del Gazometro 23

Rom, den 6. März 1940

Archivio Apostolico Vaticano, Segreteria di Stato, Commissione Soccorsi 292, fasc. 23, fol. 16r