Bittschreiben von Betty Lange

Ospedaletto D'Alpinola den 6.4.42

An das Sekretariat des Vatican

                         Rom

Ich komme mit einer großen Bitte zu Ihnen und erlaube mir höflichst, meinen Fall zu schildern.

Bin als deutsche Jüdin seit Kriegsbeginn hier interniert und erhielt jeden Monat von meiner Schwester aus New York genügend Geld für meinen Lebensunterhalt.

Seit November ist es unmöglich geworden Geld aus Amerika herauszusenden.

Die Bittschriften meiner Schwester an die National Bank sind überwiesen worden, wie mir meine Schwester [29v] in ihrem letzten Brief, den ich im Januar erhielt, mitteilte. Auf eine Bittschrift, die ich an die Schweizer Legation in Rom machte, erhielt ich die Antwort, das im Moment nichts zu machen sei. Aber man interessiert sich für meinen Fall.

Ich selbst bin in einer entsetzlichen Situation, da es unmöglich ist mit $ 290 im Monat zu leben und davon noch Miete für ein Zimmer zu zahlen. Die Teuerung ist fürchterlich.

Außerdem bin ich krank und muß Stärkungsmittel und gutes Essen haben, um bei Kräften zu bleiben. Meine Schwester sandte mir stets genügend Geld um alle meine Unkosten bestreiten zu können.

Ich habe Schulden machen müssen, die mich sehr bedrücken und ich weiß nicht wie ich sie bezahlen soll, [30r] wenn keine Hilfe für mich kommt. Wäre es möglich, daß der Vatican meine Schwester in ihrer Bittschrift unterstützen könnte, sodaß sie die Erlaubnis bekäme, mir weiterhin Geld zu senden.

Und wäre es möglich, mich mit einer Summe, die in Ihrer Güte liegt, zu unterstützen, bis meine Schwester nach Erlangung der Erlaubnis, die für immer sofort an den Vatikan senden oder bei einer ihr angegebenen Adresse sofort zurückerstatten kann, Garantie ist ohne Zweifel vorhanden. Anbei die Adresse meiner Schwester

Abs. Ulla Birkmann New York – Amerika 235 West 75 the Street Apartment 62

Ich bitte von Herzen, mir zu helfen, da ich vollkommen mit meinen Nerven herunter bin und meine Lage entsetzlich ist.

[30v] Ich bitte gütigst meine Bittschrift zu entschuldigen, aber ich glaube, daß das der einzige Weg ist, der mir in meiner Not Hilfe bringen kann.

Habe außerdem seit März dieses Jahres meine deutsche Staatsangehörigkeit verloren und stehe ohne Passport da. In Erwartung Ihrer gütigen Antwort zeichne

Hochachtungsvoll

Frau Betty Lange

Archivio Apostolico Vaticano, Segreteria di Stato, Commissione Soccorsi 300, fasc. 8, fol. 29r-30v