Bittschreiben von Emilie Karp

Emilie Karp wendet sich am 26. März 1940 an „Seine Heiligkeit Papst Pius XII.“. Ihr Mann ist Jude; sie erzählt von Ihrer Flucht aus Wien nach Italien. Beide warten auf die Möglichkeit zur Ausreise in die USA. Nun hat sie kein Geld mehr für die Vermieterin. Der Heilige Stuhl hilft ihr: Die Karps erhalten Visa für die Einreise in die USA und reisen am 15. April 1941 von Lissabon aus an Bord der S.S. Nyssa nach New York aus.

Milano, 26. März 1940

Sr. Heiligkeit Papst Pius XII.

Ew. Heiligkeit,

darf ich mir die Freiheit nehmen, mich ehrfurchtsvoll an Ew. Heiligkeit in meiner Verzweiflung zu wenden.

Wir sind aus Wien, nach unbeschreiblichen Aufregungen, beinahe im letzten Augenblicke nach Italien geflohen, dank der großen Güte von Lady Louis Mountbatten.

Ich bin katholisch geboren, mein Mann ist Jude, unser Mäderl jetzt 12 Jahre. Wir besitzen seit 24/I. die amerikanischen Einreisevisa und hoffen für April endlich die Schiffskosten von Comittée zu bekommen.

Unsere größte Sorge und Verzweiflung ist aber die, daß wir infolge der geringen Unterstützung, die mein Mann bekommt, mit unserem Mietzins im Rückstand sind und der Hausfrau am 1. April L. 380.- schuldig sind. Unsere Wirtin Signora Ormetta hatte bis jetzt Geduld, weil mein Mann immer regelmäßig bezahlt hat, da er aus England unterstützt worden ist, was aber aufgehört hat.

Darf ich mir ehrfurchtsvoll erlauben an Ew. Heiligk[eits] Güte zu appellieren uns in unserer Not beizustehen. Nach vielen Über[legungen] und langem Zögern sehe ich mich gezwungen diesen ungewöhnlichen Weg zu gehen. Aber ich vertraue in Gott und unsern Herrn Jesu Christi, der uns bisher auch nicht verlassen hat.

Mit von ganzem Herzen kommenden tiefgefühlten Dank bitte ich die Hand Ew. Heiligkeit küssen zu dürfen.

Emilie Karp geb. Bilek

Via Donizetti No. 11

Milano

Archivio Apostolico Vaticano, Segreteria di Stato, Commissione Soccorsi 292, fasc. 2, fol. 40r