Am Tallinna Saksa Gümnaasium wurde ich sehr herzlich aufgenommen. Wie alle Praktikant:innen vor mir habe ich direkt am ersten Tag eine Führung durch die Schule bekommen. Da die Schule erst vor wenigen Jahren renoviert wurde, ist sie sehr modern.Man braucht entweder eine Schlüsselkarte, um in die Schule reinzukommen oder kann am Haupteingang klingeln und wird dann vom freundlichen Pförtner hereingelassen. Der erste Gang führt jeden Morgen durch die Schüler:innengarderobe zur Lehrer:innengarderobe. In der Schule war ich in der Regel zur ersten Stunde um 8:30 Uhr bzw. für die Oberstufe um 8:40 Uhr. Wenn ich die erste Stunde frei habe, bin ich ab 9 Uhr vor Ort, da wir als Kernpräsenzzeiten 9-14:30 Uhr haben. Oftmals bleibt man aber auch darüber hinaus noch etwas länger um zu kopieren oder die nächste Unterrichtsstunde mit der Fachlehrkraft zu besprechen. In der Schule ist es Pflicht, Hausschuhe zu tragen oder zumindest Schuhe, die man aktuell nicht draußen trägt. Wenn man sich umgezogen hat, geht es nach oben in den dritten Stock ins gemütliche Lehrerzimmer.
Dort habe ich mir oftmals direkt den ersten Kaffee des Tages geholt, den man für 30 Cent aus dem Vollautomaten bekommt.
Die Schule hat viele Besonderheiten, die ich so nicht von den Schulen aus Deutschland, die ich bis jetzt von innen sehen durfte, kenne. Es gibt nicht nur eine Turnhalle sondern auch ein Schwimmbad, das Lehrkräfte zu bestimmten Zeiten nutzen dürfen. Außerdem gibt es einen Sportraum, wie ein kleines Fitnessstudio, mit vielen verschiedenen Geräten, die auch von Lehrkräften und Praktikant:innen genutzt werden dürfen.
Die Schule zeichnet sich vor allem durch ihr vielseitiges Programm für die Schüler:innen aus. Im Winter findet statt normalem Sportunterricht für alle Ski-Langlauf statt, daran durften wir Praktikant:innen auch kostenlos teilnehmen (selbst komplett ohne Vorerfahrungen!).
Ständig finden Sportveranstaltungen oder Konzerte statt, oft von Schüler:innen für Schüler:innen. Weiterhin wird großer Wert auf ansprechende Ausflüge und Klassenfahrten gelegt, die Schule hat in Estland so wie ich es erlebt habe einen viel höheren Stellenwert im Leben der Schüler:innen als im Vergleich zu Deutschland. Sie bekommen jeden Tag ein kostenloses Frühstück und Mittagessen in der Schule, durch den Staat finanziert und verbringen den Großteil ihres Tages in der Schule. Die Schule umfasst alle Klassenstufen von 1 bis 12, dementsprechend kann es in den Pausen auch mal etwas lauter auf den Gängen werden.
Ich durfte den Unterricht in der deutschen Abteilung begleiten und dort hospitieren. Die deutsche Abteilung umfasst die Klassenstufen 7-12 und begleitet die Schüler:innen bis zum Abitur, das sie gleichzeitig mit dem estnischen Abschluss in der deutschen Abteilung erwerben können. Sie haben alle abiturrelevanten Fächer auf Deutsch, eine Herausforderung, die die fleißigen Schüler:innen mit Bravour meistern. Vereinzelt finden sich auch Deutsch-Muttersprachler:innen in den Klassen, zum Großteil bestehen diese aber aus muttersprachlich estnischen oder russischen Kindern. Gemeinsam mit den zuständigen Fachlehrer:innen hatte ich die Möglichkeit, in meinen Fächern Deutsch und Geschichte jeweils eine ausführliche Unterrichtsreihe zu planen und durchzuführen. Hier bekommt man die Möglichkeit, sich in großer Eigenverantwortlichkeit auszuprobieren, erhält aber nach Bedarf die Unterstützung, die man benötigt. Die estnischen Schüler:innen sind allgemein etwas zurückhaltender im Unterricht. Das darf man auch bei der Unterrichtsplanung nicht vergessen. Diese Zurückhaltung darf man aber keineswegs mit Desinteresse verwechseln, sie sind in der Regel sehr interessiert und wissbegierig.
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