• 1 Der Name der Stadt

    1317: Zellin (Kletke I, S. 87). – 1348: Czellyn. – 1355: Czollin. – 1371: Czellin. – 1491: Zellin. – 1515: Czellin. – 1749, 1800, 1939: Zellin.
    1945, 2019: Czelin.

  • 2 Die Lage der Stadt in der Landschaft

    a Naturräumliche Lage

    Am ö Rand des Odertals an einer Stelle, wo die nm Hochfläche steil zur Oder abfällt. Höhe: 11 m.

    b Verkehrslage

    Z. bot vom Barnim aus über die Oder Zugang zur Nm, da bei Niedrigwasser eine Furt bestand. Fähre 1721-1850 erw.
    Heute liegt Z. abseits größerer Str.

  • 3 Der Ursprung der Ortschaft

    a Vorbesiedlung

    1 älter- und 1 jüngerslaw. Siedlung archäolog. nachgewiesen, älter- und jüngerslaw. Burg vermutet.

  • 4 Stadtentstehung und Stadtherrschaft

    b Ortsherr und „Gründer“ der Stadt

    Möglicherweise Albrecht III., zu dessen Besitz die Gegend von Z. seit 1284 gehörte. 1355 wurden die Mörner, die schon vorher im Besitz des Städtchens gewesen waren, mit Z. belehnt, in deren Besitz es mit kurzen Unterbrechungen bis 1732 blieb. 1733 erwarb Friedrich Wilhelm I. das Städtchen und wandelte es zur Domäne um; Verlust des Stadtrechts.

    c Rechtsbezeichnungen der Stadt

    1317: civitas. – 1355: stedeken. – 1371: oppidum. – 1459: städtichen. – 1491: dorf. – 1618: Städtlein. – 1749: Städtchen oder Flecken. – Um 1800, 1871: Flecken. – 1885, 1939: Landgemeinde.
    2019: Dorf.

  • 5 Die Stadt als Siedlung

    a Topografische Entwicklung

    Gliederung in den höher gelegenen Marktflecken, dessen Struktur auf Stadtplanung schließen lässt, und den 1355 erw. Kietz an der Oder. Offene Siedlung ohne Befestigung. Dem Grundriss fehlt die Geschlossenheit. Er ist vermutl. als Rest einer alten Stadtanlage zu interpretieren, die bes. im ö Teil durch spätere Anbauten verunklart ist.
    1719: 82 H. – 1800: 174 Feuerstellen. – 1818: 167 Feuerstellen. – 1840: 205 Wohngeb. – 1871: 265 Wohngeb. – 1885: 274 Wohngeb.; 498 Haushltg. – 1905: 267 Wohngeb. – 1925: 276 Wohngeb.; 423 Haushltg. – 1939: 423 Haushltg.
    1988: 92 Whg., davon 4 aus der Zeit vor 1918, 50 von 1918-44, 33 von 1945-70, 5 von 1971-78; 91,3 % der Whg. mit Anschluss an die Wasserversorgung, 77,2 % mit WC, 79,3 % mit Bad, 38 % mit Zentralheizung. – 2002: 56 Wohngeb.; 109 Whg., davon 17 Whg. aus der Zeit vor 1918, 20 von 1918-44, 31 von 1945-70, 10 von 1971-88, 18 von 1989-2002 (mit im Bau befindl.); 100 % mit Anschluss an die Wasserversorgung, 99,1 % an die Kanalisation, 56 % mit Zentralheizung.
    Versicherungssumme in der Feuersozietät 1859: 210375 Tlr.

    b Markante Gebäude

    Die Kirche ist ein got. Feldsteinbau des 13. Jh., 1827 nach einem Projekt von K. Schinkel umgebaut. – 1945 verbrannt, 1982-84 wiederaufgebaut und 2000 geweiht.
    1371: Rathaus (consistorium) erw., nicht erhalten.
    Das Herrenhaus der Domäne, um 1780, heute als Wohngeb. genutzt, das histor. Interieur nicht mehr, der ehemalige Park noch tw. erhalten.

    c Brände und andere Zerstörungen

    Brände: 1817 (mehrere H), 1827 (Stadtbrand).

  • 6 Die städtische Bevölkerung und das Sozialgefüge

    a Zahl und Herkunft der Bewohner

    1800: 1299 Ew. – 1818: 1612 Ew. – 1840: 2048 Ew. – 1871: 2383 Ew. – 1880: 2102 Ew. – 1890: 1823 Ew. – 1910: 1406 Ew. – 1925: 1353 Ew. – 1939: 1215 Ew.
    1988: 362 Ew. – 2002: 398 Ew. – 2011: 382 Ew.

    c Soziale, konfessionelle, Alters- und Geschlechtsstruktur sowie soziale Bewegungen

    1719: 110 Wirte, 217 Kinder, 61 Dienstboten. – 1800: 342 M, 340 F, 275 Söhne, 263 Töchter, 42 Knechte, 37 Mägde.
    Erwerbstätige mit Angehörigen ohne Hauptberuf 1939: 24,1 % (230 Pers.) Selbstständige, 18,9 % (181) mithelfende Familienangehörige, 3,6 % (34) Beamte und Angestellte, 53,4 % (510) Arbeiter.
    Im 14. und 15. Jh. Waldenser in Z. bez. – 1871: 2360 Ev., 14 Kath., 9 Juden. – 1885: 1815 Ev., 2 Kath., 6 Juden. – 1905: 1376 Ev., 3 Kath., 3 Juden. – 1925: 1327 Ev., 19 Kath., 4 Bekenntnislose.
    1871: 1181 M, 1202 F; 586 < 10 J. – 1885: 839 M, 984 F. – 1895: 746 M, 917 F; 16 einzeln lebende M und 57 einzeln lebende F mit eigener Hauswirtschaft. – 1925: 659 M, 694 F. – 1939: 574 M, 641 F; < 6 J.: 9,4 %, 6-13 J.: 12,4 %, 14-64 J.: 61,1 %, ≥ 65: 17,1 %.
    1988: 188 M, 174 F; 0-19. J.: 128, 20-39 J.: 120, 40-59 J.: 69, ≥ 60 J.: 40. – 2002: 205 M, 193 F; 0-19 J.: 138, 20‑39 J.: 112, 40-59 J.: 99, ≥ 60 J.: 49. – 2011: 203 M, 179 F; 19,4 % im vorproduktiven Alter, 68,8 % im produktiven und 11,8 % im postproduktiven Alter.

    d Bevölkerungsverzeichnisse

    Kb. ab 1682 und Matrikel von 1693 überliefert, seit 1945 verschollen.
    Standesamtsregister von 1938-44 lückenhaft im Standesamt Königsberg/Nm (Chojna) vorh.

  • 7 Sprache, Bräuche und Vereine

    a Sprache und Mundart

    Dt., ostmärk. Dialekt.
    1905: 1 poln. Muttersprachler und eine sonstig- oder mehrsprachige Pers.

    c Vereine und politische Organisationen

    1862: Männerturnverein Z. gegr.
    2007: Fußballklub „Odra” gegr.

  • 8 Die Wirtschaft

    a Wirtschaftliche Entwicklung

    1355: Mgf. Ludwig der Römer verlieh Z. die Mühle zw. dem Städtchen und dem Kietz. – 1718: 1 Bauer, 1 Hirte, 1 Kietzerschulze und 14 Kietzer, 17 alte Kossäten, 10 neue Kossäten, 7 Kossäten mit nur einem Garten, 1 Küster, 1 Müller, 1 Oberschulze, 1 Schmied; 64 Neuhäusler (darunter 3 Böttcher, 1 Goldschmied, 1 Kürschner, 4 Leineweber, 2 Radmacher, 7 Schneider, 1 Spielmann, 1 Töpfer, 1 Zimmermann).
    1800: 17 Alt-, 12 Neu-, 14 Kietzerkossäten, 97 Einlieger, 1 Frei- und Lehnschulze, 1 Ganzbauer; 5 Bäcker, 1 Barbier, 5 Böttcher, 105 Büdner, 14 Fischer, 1 Gärtner, 2 Förster, 3 Krüger, 14 Leineweber, 1 Materialist, 1 Müller, 2 Maurer, 3 Radmacher, 1 Schlosser, 12 Schneider, 1 Schmied, 17 Schuhmacher, 6 Tischler, 3 Töpfer, 1 Ziegelstreicher, 1 Zimmermann. – Um 1800: 2 Kram- und Viehmärkte (ab 1859 3 zusätzl. Viehmärkte); 1 Wasser- und 2 Windmühlen zum Amt.
    1867: 2 Ackerwirtschaften diesseits und 8 jenseits der Oder, mit 1 Amtsoberschäferei nebst Schützenhaus und Ziegelei; 9 Windmühlen; 3 Ziegel- und 2 Kalkbrennereien. – Um 1860: Fischfang, Gewerbe und Landwirtschaft. – 1880: Hopfenbau. – 1910: Brauerei, Brennerei, Fischzuchtanstalt, Hopfenbau, Ladeplatz, Mühlen, Schäferei, Zigarrenfab.
    1939 lebten 4,2 % (40 Pers. mit ihren Angehörigen ohne Hauptberuf) der erwerbstätigen Bev. von priv. Dienstleistungen und häusl. Diensten, 17,3 % (165) von Handel und Verkehr, 25,4 % (243) von Industrie und Handwerk und 53,1 % (507) von der Land- und Forstwirtschaft.
    Land- und forstwirtschaftl. Betriebe mit einer Fläche von: 0,5 bis < 5 ha: 76, 5 bis < 10 ha: 14, 10 bis < 20 ha: 26, 20 bis < 100 ha: 19, ≥ 100 ha: 1.
    Betriebsgrößen 2017: 0-9 Beschäftigte: 35, 10-49: 1.

    b Organisationsformen der Wirtschaft

    1733: Errichtung der Domäne durch Friedrich Willhelm I. – 1809: Verpachtung der Domänenländereien. – 1872: Auflösung des Amtes. – Um 1860: 5 Innungen vorh.: Böttcher, Fleischer, Schneider, Schuhmacher und Weber. – Ab 1858: 1 Nebenkasse der Sparkasse Königsberg/Nm. – 1910: Kredit- und Darlehensverein vorh.

    c Verkehrseinrichtungen in der Stadt und zum Umland

    1721: Fähre erw. – Um 1850: Verladung landwirtschaftl. Produkte nach Berlin, Stettin (Szczecin), Schwedt und anderen Städten.
    2017: Busverbindungen über Zehden (Cedynia) nach Königsberg/Nm (Chojna) und über Bärwalde (Mieszkowice) nach Neudamm (Dębno).

    d Bedeutung der Stadt für ihr Umland

    Z. war im MA ein kirchl. Zentrum. – 1363: 1 Fischmarkt in Z. erw. – 1411 und im 18. Jh.: 1 Zollstelle.

  • 9 Recht, Verwaltung und Verfassung der Stadt

    a Stadtrecht

    Magdeburger Recht. 1317 wurde Soldin (Myślibórz) als Oberhof mehrer Städte, darunter Z., bestimmt, die vorher ihr Recht in Strausberg gesucht hatten. – 1459: Kf. Friedrich II. bestätigte Ratmannen und Gemeinde von Z. alte, von Mgf. Ludwig und Henning Mörner verliehene Urk. sowie alle Rechte und Freiheiten der Stadt Bärwalde (Mieszkowice).

    b Politische und Verwaltungsstrukturen

    1317: Ratmannen (consules) erw. – 1355, 1459: Ratmannen erw. – Um 1800: Polizeiaufgaben vom Lehnschulzen besorgt.

    c Gerichtsbarkeit

    Um 1800: Domänen- und Justizamt Z. – 1840: L.- und St.-Gericht Bärwalde (Mieszkowice). – 1849: Kr.-Gericht Küstrin (Kostrzyn nad Odrą), Gerichtskommission Bärwalde. – Ab 1879: Amtsgericht Bärwalde.
    2019: Amtsgericht Greifenhagen (Sąd rejonowy Gryfino).

    d Wichtige nichtstädtische Ämter und Behörden

    Ende des 18. Jh.: Nebenzollamt. – 1840: Postamt vorh. – 1873: Standesamt. – 1880: Telegrafenamt.
    2007: Zollamt aufgelöst.

  • 10 Landesherrschaft und staatliche Zugehörigkeit

    a Stadt- und Landesherren

    Bis 1402: Mark Brandenburg. – 1402-55: DO. – 1455‑1815: Brandenburg-Preußen. – 1759: Kr. Königsberg (Chojna). – 1815-1945: Kgr. Preußen bzw. Deutsches Reich, Prov. Brandenburg, RB Frankfurt/O. – 1816-1945: Kr. Königsberg. 1945: Polen. – 1946: Wojewodschaft Stettin (Szczecin), Kr. Königsberg/Nm. – 1975: Wojewodschaft Stettin. – Seit 1999: Wojewodschaft Westpommern (Województwo zachodniopomorskie), Kr. Greifenhagen (Gryfino), Gemeinde Bärwalde (Mieszkowice).

    b Kriegsereignisse und Kriegsfolgen

    1945 Feb. 5: Von der Roten Armee besetzt, dabei zu ca. 80 % zerstört, die Kirche verbrannt. Flucht und Vertreibung der dt. Bev. – 1945 Feb. 27: Poln. Soldaten errichteten in Z. den ersten poln. Grenzpfahl an der Oder.

  • 11 Die Wehrverfassung

    a Wehrhoheit und Wehrpflicht

    1800: 262 Enrollierte. – 1840: Landwehr-Rgt. Nr. 8, Landwehr-Btln. Nr. 1. – 1910: Bezirkskommando Küstrin (Kostrzyn nad Odrą).

    b Wehrverbände

    1860: Schützengilde mit Korporationsrechten vorh.

  • 12 Die Wahrzeichen

    a Siegel

    Bis 1945 war der Stempel eines „SCHVLTZEN ∙ GERICH ∙ SIGEL ZV ZELLIN“ (24 mm) erhalten, auf dem eine wohl weibl. Figur mit Nimbus dargestellt war, die mit der rechten Hand einen gr. Fisch am Schwanz emporhebt.

  • 13 Das Münz- und Finanzwesen

    Keine Informationen.

  • 14 Das Gebiet der Stadt

    a Stadtfläche

    1718: 20 Ritter-, 14 Bauern-, 6 Bg.- und 46 Kossätenhufen. – 1800: 77 steuerpflichtige Hufen. – 1905: 1522 ha. – 1931: 3229 ha (Grundsteuerreinertrag pro ha: 10,04 Mk)..

    d Eingemeindungen

    Wohnplätze 1867: Etablissement Grundschäferei (1 Wohngeb./6 Ew.), VW Radehof (1/11), Försterei Stölpchener Theerofen (1/5), Försterei Torfhaus (1/7). – Wohnplätze 1931: Ausbauten von Mach und Hans, Försterei Hirschau, Neue Häuser, Schäferei, Schützenhaus, Försterei Z., Z.er Lose.

  • 15 Das Kirchenwesen

    a Katholische Kirche

    Bst. Kammin (Kamień Pomorski). – 1348: Ein Propst in Z. erw. – 1368-1487: 1 Archidiakon. – 1515: Die Pfarrei zahlte Z. 5 Mark 10 Pf. Bischofszins.
    1905: Kspl. Küstrin (Kostrzyn nad Odrą).
    Seit 1972: Bst. (seit 1992 Erzbst.) Stettin-Kammin (Archidiecezja szczecińsko-kamieńska). – 1973: Errichtung der Pfarrei Voigtsdorf (Kurzycko) im Dekanat Neudamm (Dębno Lubuskie) mit Sitz in Z., wo das Pfarrhaus errichtet wurde. – 1982-84: Die Kirche in Z. wiederaufgebaut, 2000 als Kirche der Gottesmutter von Częstochowa (Kościół Matki Bożej Częstochowskie) geweiht und zur Pfarrkirche erhoben. – 2018: Dekanat Bärwalde (Mieszkowice).

    b Reformation, evangelische Kirche und andere Religionsgemeinschaften

    Kirchenkr. Königsberg/Nm (Chojna) II. – Schon vor 1621: Ev. Pfarrer, Patronat im 19. Jh. kgl. – 1938: 1 ev. Pfarrer.

    c Juden

    Die Juden in Z. hielten sich zur Gemeinde in Bärwalde (Mieszkowice). – 1843: 6 Juden. – 1859: 18 Juden.

  • 16 Sozial-, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen

    a Wohlfahrtspflege

    1860: Ortsarmenhaus vorh. – Um 1860: 1 Badeanstalt; 1 Arzt, 1 Wundarzt, 3 Hebammen. – 1931: 1 Arzt, 1 Hebamme.

    c Freizeiteinrichtungen

    1938: 1 Gast- und Logierhaus.

  • 17 Das Bildungswesen

    a Schulen

    Um 1850: Elementarschule. – 1871: 3,2 % der Bev. > 10 J. Analphabeten.
    Seit 1946: Grundschule.

  • 18 Das Pressewesen

    Keine Informationen.

  • 19 Literatur zur Stadtgeschichte

    a Bibliografien

    Schreckenbach 4, S. 277, 385. – Rister, S. 277.

    b Quelleneditionen

    CDB I 19, S. 1-64.

    c Gesamtdarstellungen

    KDM VII 1, 1927, S. 444-447. – Słownik historyczny Nowej Marchii w średniowieczu 2, 2016, S. 95-97.

  • 20 Die Sammlungen der stadtgeschichtlichen Quellen

    Seit 1945: Pfarrarchiv verschollen