• 1 Der Name der Stadt

    1259: Pczew (CDMP I, Nr. 379). – 1276: Pcew. – 1288: Pczewo. – 1326: Pczew. – 1327: Bezow. – 1435: Pczow. – 1498: Pczeff. – 1793: Betsche, Pszewo. – 1818: Betsche, Pozewo. – 1871, 1939: Betsche.
    1946, 2020: Pszczew.

  • 2 Die Lage der Stadt in der Landschaft

    a Naturräumliche Lage

    In der ns verlaufenden Talrinne zw. Scharziger See (Jezioro Duży Szarcz) und Klopfsee (Jezioro Chłop) am B.er Stadtsee (Jezioro Miejski). Höhe: 59 m.

    b Verkehrslage

    An der 1595 erw. Handelsstr. nach Posen. – 1887 Anschluss an die Eisenbahn von Meseritz (Międzyrzecz) nach Birnbaum (Międzychód), 1910 an die Strecke von Reppen (Rzepin) nach Birnbaum und 1939 an die Strecke von Meseritz nach Wierzebaum (Wierzbno).
    Der Bhf. 1995 geschlossen. Heute liegt B. abseits größerer Str.

  • 3 Der Ursprung der Ortschaft

    a Vorbesiedlung

    Zahlreiche archäolog. Fundplätze im Gebiet von B., u.a. ein in die älterslaw. Zeit datierter Burgwall im NO von B. und ein in die älter- und jüngerslaw. Zeit datierter Burgwall am SO-Ufer des Stadtsees, auf dem in der 2. Hälfte des 13. Jh. ein bis ins 14. Jh. genutzter Friedhof angelegt wurde.

    b Ortsgeschichte bis zur Stadtentstehung

    1259 war B. ein deutschrechtl. Dorf im Besitz des Bf. von Posen, zu dessen Tafelgut es gehörte.

  • 4 Stadtentstehung und Stadtherrschaft

    b Ortsherr und „Gründer“ der Stadt

    1288 Jan. 1 verkaufte der Bf. von Posen (Poznań) dem Jan von Lubinowo B. mit dem Auftrag, eine deutschrechtl. Stadt anzulegen. – 1796 wurden die Güter des Bf. vom preuß. Staat konfisziert. Mediatstadt, 1796 an Fürst von Hohenlohe-Ingelfingen, dann Baron Hiller von Gärtringen.

    c Rechtsbezeichnungen der Stadt

    1259, 1350: Dorf. – 1407: oppidum. – 1616: opidum. – 1793, 1939: Stadt.
    1946, 2020: Dorf

  • 5 Die Stadt als Siedlung

    a Topografische Entwicklung

    Rippenförmige Anlage mit kurzen Querstr. auf einer ns verlaufenden, 200-300 m breiten Bodenschwelle zw. dem Stadtsee im O und einem ehem. See im W in geschützter Lage; Längenausdehnung ca. 1 km. – Das Posener Tor 1446 gen. – Am N-Ausgang die 1650 im Stil der Spätrenaissance errichtete kath. Kirche, am S Ausgang die 1864-65 erbaute ev. Kirche. – Badstube 1288-1508 erw. – Nach 1595 im S-Teil eine Vorstadt angelegt, als der Bf. von Posen (Poznań) den Ew. von B. gestattete, Geb. zu errichten und einen Ring in Form eines Marktes (circulum in modum fori) anzulegen. – Am N-Ende der Stadt befindet sich eine ins 14./15 Jh. datierte Schanze mit Wallgraben (Schneckenberg), die als Überrest der bfl. Burg zu deuten ist. – 1793 als offene Stadt beschrieben.
    1793: 101 Feuerstellen (Stadt: 89, Vorstadt: 12, in Stadt und Vorstadt je 1 wüste Baustelle); damals wenige H mit Schindeln, die meisten mit Spließ gedeckt; 55 Scheunen, 6 in der Vorstadt, 49 vor der Stadt. – Ende 18. Jh.: 107 Wohngeb. – 1849: 186 Wohngeb.; 4 Fabrikgeb., Mühlen und priv. Magazine; 306 Ställe, Scheunen und Schuppen. – 1871: 206. – 1885: 241 Wohngeb.; 442 Haushltg. – 1925: 253 Wohngeb.; 512 Haushltg. – 1939: 493 Haushltg.
    1988: 468 Whg., davon 218 in Geb. vor 1918, 157 in Geb. von 1918-44, 26 in Geb. von 1945-70, 12 in Geb. von 1971-78 und 55 in Geb. von 1979-88; 96,3 % aller Whg. mit Anschluss an die Wasserversorgung, 72,1 % mit WC, 68,6 % mit Bad, 70,2 % mit Warmwasser und 43,2 % mit Zentralheizung. – 2002: 302 Wohngeb.; 506 bew. Whg., davon 240 in Geb. vor 1918, 107 in Geb. von 1918-44, 31 in Geb. von 1945-70, 22 in Geb. von 1971-78, 78 in Geb. von 1979-88 und 36 (mit im Bau befindl.) in Geb. von 1989-2002; 99,4 % aller Whg. mit Anschluss an die Wasserversorgung, 96,7 % mit WC, 91,3 % mit Bad, 84,1 % mit Warmwasser und 67,8 % mit Zentralheizung.

    b Markante Gebäude

    Die 1631 abgebrannte kath. Kirche Maria-Magdalena als gut ausgestattete Holzkirche, die tw. gemauert war, beschrieben. 1632-54 im Stil der Spätrenaissance mit Barockelementen wiederaufgebaut und 1654 geweiht. 1775 Bau des Turms, von 1781-84 Umbau und Erweiterung der Kirche. 1894-96 Erweiterung der Kirche. Einschiffige Kirche mit nach N gewandtem Chor und zweigeschossigem Turm vor der S-Seite. Erwerb eines gr. Barockaltars.
    Die ev. Kirche in der Nähe des Gutshofes wurde 1865 geweiht, 1964 abgetragen.
    Bereits 1288 wird eine curia der Bf. von Posen in B. gen., 1424 als castrum bezeichnet, das sicherl. mit dem Burgwall Schneckenberg zu identifizieren ist. Das Burgtor 1463 erw.
    Das derzeitige Gutshaus ist ein um 1694 errichteter Bau, der um 1830 klassizist. umgebaut wurde, weiterer Umbau 1954.
    Die Adalbertkirche 1704 abgerissen.
    Das Rathaus 1793 als sehr baufällig beschrieben, heute nicht mehr vorh.

    c Brände und andere Zerstörungen

    Brände: Kurz vor 1498, 1505, 1508, 1520. – 1631 von den Schweden die Stadt niedergebrannt.

  • 6 Die städtische Bevölkerung und das Sozialgefüge

    a Zahl und Herkunft der Bewohner

    1793: 552 Ew. – Um 1800: 590 Ew. – 1816: 958 Ew. – 1849: 1542 Ew. – 1880: 1921 Ew. – 1890: 1942 Ew. – 1910: 1862 Ew. – 1925: 1911 Ew. – 1939: 1702 Ew.
    1961: 1799 Ew. – 1988: 1736 Ew. – 2002: 1786 Ew. – 2011: 1893 Ew.
    Ende des 18. Jh.: Bev. tw. poln. – Vor 1914: Ca. 10 % der Bev. Polen. – 1925: Ca. 8 % (310 Pers.) der Bev. Polen. – Die poln. Liste erhielt bei den Landtagswahlen 1928 83 Stimmen, 1932 42 und bei den Reichstagswahlen 1930 71 Stimmen. – 1934 zählte die dt. Polizei 400 Ew. von B. zur poln. Minderheit.

    b Bevölkerungsverluste

    Pest: 1657, 1709/10.
    Nach 1919 wanderte ca. ein Drittel der Bev. nach Polen aus.

    c Soziale, konfessionelle, Alters- und Geschlechtsstruktur sowie soziale Bewegungen

    Im Privileg von 1288 Arme und Reiche unterschieden. – 1793: 127 M, 148 F, 47 Söhne < 10 J., 80 Söhne > 10 J., 72 Töchter < 10 J., 46 Töchter > 10 J., 3 Gesellen, 2 Lehrlinge, 19 männl. und 8 weibl. Domestiken. – Erwerbstätige mit Angehörigen ohne Hauptberuf 1939: 26,8 % (393 Pers.) Selbstständige, 14,6 % (214) mithelfende Familienangehörige, 12,4 % (182) Beamte und Angestellte, 46,2 % (678) Arbeiter.
    1793: 14 Ev., 538 Kath. – 1849: 284 Ev., 1119 Kath., 139 Juden. – 1871: 420 Ev., 1311 Kath., 78 Juden. – 1885: 419 Ev., 1483 Kath., 70 Juden. – 1905: 424 Ev., 1434 Kath., 3 sonst. Christen, 41 Juden. – 1925: 706 Ev., 1150 Kath., 54 Juden.
    1849: 762 M, 780 F. – 1871: 850 M, 959 F; < 10 J.: 498. – 1885: 937 M, 1035 F. – 1895: 929 M, 1087 F, 10 einzeln lebende M und 25 einzeln lebende F mit eigener Hauswirtschaft. – 1925: 911 M, 1000 F. – 1939: 846 M, 856 F; < 6 J.: 12 %, 6-13 J.: 14,4 %, 14-64 J.: 61,3 %, ≥ 65 J.: 12,3 %.
    1988: 836 M, 900 F; 0-19 J.: 33,7 %, 20-39 J.: 31,9 %, 40 59 J.: 18,6 %, ≥ 60 J.: 15,8 %. – 2002: 866 M, 920 F.; 0-19 J.: 27,6 %, 20-39 J.: 28,2 %, 40-59 J.: 29,1 %, ≥ 60 J.: 15,1 %. – 2011: 919 M, 974 F; 18,2 % im vorproduktiven, 65,6 % im produktiven und 16,2 % im postproduktiven Alter.

    d Bevölkerungsverzeichnisse

    Ev. Kb-Duplikate von 1855-74 im BLHA und als Kopie im FHL Utah.
    Kath. Kb von 1632-1945 lückenhaft im Diözesanarchiv Grünberg (Zielona Góra), kath. Kb-Duplikate von 1826-74 lückenhaft im BLHA und als Kopie im FHL Utah.
    Standesamtreg. von 1821-78 im LAB, von 1874-1918 lückenhaft im APG, von 1911-45 lückenhaft im StadtA Meseritz und von 1874-1936 lückenhaft als Kopie im FHL Utah.
    Jüd. Standesreg. von 1809-11 lückenhaft im Diözesanarchiv Grünberg, von 1817-47 in der Deutschen Zentralstelle für Genealogie im StA Leipzig und als Kopie von 1817-47 im FHL Utah.
    Jüd. Bev.-Listen von 1877-1914 als Kopie im FHL Utah.

  • 7 Sprache, Bräuche und Vereine

    a Sprache und Mundart

    Das älteste Schöffenbuch von 1554 anfängl. latein., ab 1564 poln. – 1793: Rat und Gericht waren von Polen besetzt, die außer dem Gerichtsbeisitzer kein Dt. konnten. – 1905: 396 Poln.- und 6 Mehrsprachige.

    c Vereine und politische Organisationen

    1901: Kath. Arbeiterverein gegr. – 1925: Kreis des Bundes der Polen in Deutschland (Koło Związku Polaków w Niemczech) in B. gegr. (1927: 35 Mitgl.). – 1927: Kreis der Polnischen Jugendgesellschaft (Koło Towarzystwa Młodzieży Polskiej) gegr.
    2016: 2 Sportklubs.

  • 8 Die Wirtschaft

    a Wirtschaftliche Entwicklung

    Handwerk Hauptnahrung, daneben Ackerbau. – 1288: Dem Schulzen das Recht, eine Mühle zu errichten, verliehen, die Ew. erhielten das Recht, in 2 Seen zu fischen. – 1407: Der Bf. von Posen (Poznań) tauschte die Mühle gegen einen Platz ein, auf dem eine neue Mühle errichtet werden sollte. – 1469: Fischteiche bei B. erw. – 1508: Der Bf. bestätigte den Bg. das Recht, eine Schafherde zu halten, außerdem durften sie in allen Seen des bfl. Besitzkomplexes (Klucz) B. mit kl. Gerät fischen und Hasen jagen. Aus den Wäldern konnten sie Brennholz nehmen, Bauholz nur mit Zustimmung des Verwalters des Bf. – 1545: Der Bf. erklärte, dass seine Vorgänger die Hälfte des Schulzengutes als VW zu seinem Tafelgut gezogen hatten, und legte ein weiteres Viertel dazu. Das letzte Viertel verkaufte er für 30 Pfund. – 1776: Der Bf. verlieh 2 Jahrmärkte zu den 7 bereits bestehenden, 1773 alle Jahrmärkte ohne größere Bedeutung. – Vor 1793: Handel mit Schlesien und Brandenburg.
    Zünftige Meister 1793: 3 Bäcker, 2 Böttcher, 1 Fischer, 1 Fleischer, 1 Huf- und Waffenschmied, 1 Materialist, 1 Maurer, 10 Schneider, 7 Schuster, 2 Stell- und Radmacher, 1 Tischler, 1 Tuchmacher.
    Nichtzünftig: 1 Barbier, 1 Bierbrauer, 13 Branntweinbrenner, 1 Gastwirt, 2 Hebammen, 1 Küster, 1 Lehmentirer, 2 Musikanten und Kunstpfeifer, 1 Organist, 1 Stadtbrauer. Keine Kaufleute und Krämer. – Um 1800: Ackerbau und Bier- und Branntweinschank wirtschaftl. Grundlage. Der Krug gehörte dem Stadtherrn. – Anfang des 19. Jh. war B. Zentrum einer weitverzweigten Verbrecherbande, angebl. lebte ein Viertel der Bev. von Diebstahl und Hehlerei. Erst 1832 wurde nach Einbrüchen in Berlin die Diebesbande ausgehoben. Da auch Juden zu dieser Bande gehörten, wurde dies bes. in den 1930er-Jahren zur antisemit. Propaganda genutzt.
    1838: 6 gehende Webstühle als Nebenbeschäftigung zu grobem Wollzeug.
    6 Händler mit kaufmänn. Rechten mit offenen Läden (6 zu Gewürz- und Materialwaren); 26 ohne kaufmänn. Rechte (24 herumziehende Krämer, 2 Viktualienhändler und Höker).
    Bäcker (8 Meister/2 Gehilfen), Böttcher (4/0), Fleischer (5/0), Grobschmiede (4/1), Maurer (3/1 und 1 zu Maurerflickarbeit konzessionierte Pers.), Rad- und Stellmacher (5/0), Riemer und Sattler (1/0), Schneider (21/6), Schuster und Altflicker (15/2), Tischler (5/1), Töpfer und Ofenfabrikanten (1/1), Zimmerleute (1 Meister und 3 zu Zimmerflickarbeit konzessionierte Pers.).
    1 Dienstbotin, 16 Knechte und 13 Mägde in Landwirtschaft und Gewerbe.
    1849: 82,3 % der Bev. berufstätig (31,1 % im Gewerbe, 4,1 % in Handel und Dienstleistungen, 64,8 % in der Landwirtschaft); im Gewerbe waren tätig: 38 % im Baugewerbe (Maurerei 7, Tiefbau 136, Zimmerei 8), 35 % im Bekleidungsgewerbe (Schneiderei etc. 22, Schusterei 12, Weißnäherei 159), 5,4 % in der Holz- und Schnitzstoffverarbeitung (Tischlerei 21), 0,25 % in der Lederverarbeitung und Gummifabrikation (Sattlerei 1), 2,5 % in Maschinen- und Werkzeugbau, Feinmechanik, Optik (Maschinenbau etc. 3, Wagenbau 7), 9,1 % in der Nahrungs- und Genussmittelproduktion (Bäckerei 5, Müllerei 3, Schlachterei 8), 1 % in der Fabrikation von Steinen, Erden, Glas, Keramik (Kalkbrennerei etc. 3, Steingut etc. 1), 0,25 % im Textilgewerbe (Zubereitung etc. 1).
    Nach dem fast vollständigen Niedergang des Handwerks entwickelte sich in B. die Korbmacherei. – 1890: Ackerbau – 1910: Brauerei, Getreidehdl., Kram- und Viehmärkte, Mühle, Zementfab., Ziegelei. – Baubetriebe ab 1920 bedeutungslos. – Um 1939: Sägewerk, 4 Jahrmärkte.
    1939 lebten 13,8 % (203 Pers. mit ihren Angehörigen ohne Hauptberuf) der erwerbstätigten Bev. von Handel und Verkehr, 32,4 % (505) von Industrie und Handwerk, 38,8 % (570) von der Land- und Forstwirtschaft und 12,9 % (189) von sonst. Berufen.
    Land- und forstwirtschaftl. Betriebe mit einer Fläche von: 0,5 bis < 5 ha: 32, 5 bis < 10 ha: 23, 10 bis < 20 ha: 25, 20 bis < 100 ha: 42, ≥ 100 ha: 2.
    Um 2000: Holz- und Bekleidungsindustrie, Tourismus.
    Betriebsgrößen 2017: 0-9 Beschäftigte: 179, 10-49: 10, 50-249: 2.

    b Organisationsformen der Wirtschaft

    Zunftprivilegien: Schneiderinnung (1594), Mälzerinnung (1632), Schuster (1711), Schuster- und Schneiderinnung nicht geschlossen (1793). – 1877: Gründung der Poln. Volksbank (Polski Bank Ludowy). – 1910: Volksbank und Spar- und Darlehenskasse vorh.

    c Verkehrseinrichtungen in der Stadt und zum Umland

    1818: B. lag an der fahrenden Post von Posen (Poznań) nach Berlin.
    2020: Busverbindungen u.a. nach Birnbaum (Międzychód) und Meseritz (Międzyrzecz).

    d Bedeutung der Stadt für ihr Umland

    1298: B. wurde Sitz eines Erzdiakonats des Bst. Posen (Poznań). – B. war ebf. Zentrum eines bfl. Besitzkomplexes (Klucz), der 1564 12 Dörfer umfasste. – 1885: Polizeidistrikt B.
    1948: B. Sitz der Landgemeinde B., die 5 Ortschaften (Gromada) umfasste. – 2020: Sitz der Landgemeinde B., die insgesamt 18 Ortschaften umfasst.

  • 9 Recht, Verwaltung und Verfassung der Stadt

    a Stadtrecht

    1508: Das durch Brand vernichtete Privileg von 1288, das die Gründung der Stadt B. zu dt. Recht bestimmt hatte, wurde vom Bf. von Posen (Poznań) erneuert. – 1853: Einführung der Städteordnung.

    b Politische und Verwaltungsstrukturen

    1288: Dem Schulzen u.a. 2 freie Hufen und ein Drittel der Gerichtsgefälle verliehen. – Bgm. und Rat wohl von der Bürgerschaft vorgeschlagen und vom Arrendator des Bf. von Posen (Poznań) bestätigt. – 1793: 1 Bgm., 4 Ratmänner, außerdem 1 Stadtschreiber und 1 Stadtdiener. Bgm. und Stadtrichter wurden vom Bf. aus je 4 von den Bg. vorgeschlagenen Kandidaten ausgewählt. Die übrigen Magistrats- und Gerichtspers. von den Bg. gewählt. – 1793: Einführung der preuß. Magistrats- und Gerichtsordnung. – 1807-15: Franz. Verwaltung, in den Grundzügen noch mehrere Jahrzehnte danach beibehalten. – 1849: 1 Kommunalbeamter. – 1883: Bgm., 2 Schöffen, 6 Stadtverordnete.
    1945 Aug. 31: Auflösung der Stadtverwaltung.

    c Gerichtsbarkeit

    1405: Ein Schöffe erw. – Ein Vogtbuch von 1554-68, das Vogt und Schöffen nennt, seit WK II verschollen. – 1793: Stadtrichter und 4 Beisitzer, Gerichtsbarkeit des Magistrats nur in Polizeisachen. – 1807-15: Code Napoléon, dann preuß. Gerichte.
    1849: Kr.-Gericht Meseritz (Międzyrzecz), Gerichtstage in B. – 1879: Amtsgericht Meseritz, Gerichtstage.
    2020: Amtsgericht Meseritz (Sąd Rejonowy w Międzyrzeczu).

    d Wichtige nichtstädtische Ämter und Behörden

    1429: Erwähnung eines Burggrafen in B. – 1874: Standesamt. – 1880: Post und Telegraf vorh. – 1910: Telefon vorh. – 1938: Reichsarbeitsdienst IV/2.
    1948: Sitz einer Landgemeinde, die 5 Ortschaften (Gromada) umfasste. – 2019: Sitz einer Landgemeinde, die 18 Ortschaften umfasst.

  • 10 Landesherrschaft und staatliche Zugehörigkeit

    a Stadt- und Landesherren

    Polen. – 1793-1807: Preußen. – 1807-15: Herzogtum Warschau. – 1815: Preußen, Prov. Posen. – 1922: Prov. Grenzmark Posen-Westpreußen. – 1938: Prov. Brandenburg.
    1948: Wojewodschaft Posen (Poznań), Kr. Meseritz (Międzyrzecz). – 1950: Wojewodschaft Grünberg (Zielona Góra), Kr. Meseritz. – 1975: Wojewodschaft Landsberg/W. (Gorzów Wielkopolskie). – Seit 1999: Wojewodschaft Lebus (Województwo lubuskie), Kr. Meseritz.

    b Kriegsereignisse und Kriegsfolgen

    1520: Von Soldaten des Hochmeisters des DO niedergebrannt. – 1631: Von Schweden zerstört. – 1945 Jan. 29: Besetzung durch die Rote Armee, beim Abzug zerstörten dt. Soldaten die Infrastruktur wie den Bhf., das Eisenbahnviadukt, die Post und die Polizeiwache. Sonst kaum Zerstörungen. Flucht und Vertreibung der dt. Bev.

  • 11 Die Wehrverfassung

    a Wehrhoheit und Wehrpflicht

    1885: Landwehr-Btln. Neutomischel (Nowy Tomyśl). – 1910: Bezirkskommando Neutomischel.

    b Wehrverbände

    1918/19: Beim Großpolnischen Aufstand Bildung eines dt. Grenzschutzes zur Verteidigung der Stadt gegen die Polen.

    c Garnison

    1849: 10 Militärpers. (6 M, 4 F). – 1905: Keine.

  • 12 Die Wahrzeichen

    a Siegel

    Das älteste Siegel an einer Urk. von 1553 zeigt neben dem Wappen die Umschrift „S civitatis pczewo“. Ein Siegel an einer Urk. von 1777 hat die Umschrift „Sigillum civi. Pscevien. 1679“.

    b Wappen

    1446 wurde das Wappen durch Bf. Andreas von Posen (Poznań), Wappengemeinschaft: Łodzia, bestimmt: In rotem Feld ein goldenes Boot (poln. łódź: Boot), darüber eine goldene Mithra und goldener Bischofsstab.

  • 13 Das Münz- und Finanzwesen

    b Städtischer Haushalt

    1288: Der Schulze erhielt die Hälfte der Einnahmen von den Fleischbänken, dem Bf. von Posen (Poznań) waren jährl. von jeder Hufe 2 Maß Weizen, Roggen und Hafer zu geben. – 1463-65: B. zahlte Ziese in 11 Raten. – 1498: Der Administrator des Bst. Posen befreite B. wegen Brandes für 8 Jahre von allen Abgaben. – 1509: 3 Mk (grzywna) Schoss. Die Stadt besaß den Zins von den Äckern und Wiesen, die nicht zum Tafelgut des Bf. gehörten, einen Teil der Marktgefälle und der Abgaben von den Handwerkerbänken. Der Rest an den Bf. – 1793: Keine Kämmerei. Abgaben an die poln. Krone: 404 Gulden Rauchgeld, 420 Gulden Brandsteuer. Außerdem an den Stadtherrn 1300 Gulden 18 Gr. 2 Pf. Haus- und Ackerzins, 126 Gulden 20 Gr. 3 Pf. Salzschank, 121 Gulden 20 Gr. 4 Pf. Fischerzins, 126 Gulden 20 Gr. Branntweinzins, 8 Gulden 6 Gr. Laubgeld, 8 Gulden 7 Gr. Kohlengeld, 16 Gulden Fleischerzins. Insg. 1707 Gulden 18 Gr. Außerdem musste u.a. jeder Schuster ein Paar neue Stiefel und 1 Gulden 6 Gr. an den Hof geben. – 1883: Zuschläge zur Staatsklassen- und klassifizierten Einkommenssteuer; Einnahmen: 8115 Mk; Ausgaben: 8115 Mk. – 1911: 75 % der Staatseinkommenssteuer und der staatl. veranlagten Betriebs-, Geb.-, Gewerbe- und Grundsteuer sowie Hunde- und Umsatzsteuer; Einnahmen: 33993 Mk; Ausgaben: 23719 Mk; Kapitalvermögen: 63124 Mk; Schulden: 31455 Mk; Stiftungsvermögen: 12000 Mk.

  • 14 Das Gebiet der Stadt

    a Stadtfläche

    Ende des 16. Jh.: 5½ Hufen. – 1638 März 6: Der Bf. von Posen (Poznań) verlieh B. eine Stawisko gen. Wiese. – 1793: B. besaß laut Privileg 5 Hufen 10 mrg. zinsbaren Acker und 24 Hufen 13 mrg. 131 QR Sandschellen, von denen sie laut Privileg nichts geben mussten. Diese Ländereien wurden jedoch ab 1742 vom Bf. nach poln. Maß (Rute: 8 Ellen) vermessen und zinspflichtig gemacht. – Landwirtschaftl. Nutzflächen 1849: 6002 mrg. Acker, 1716 mrg. Hütung, 1305 mrg. Wald, 958 mrg. Wiesen. – 1885: 3084 ha. – 1905: 2713,5 ha. – 1920: Der Stadtbez. Wrony kam an Polen. – 1930: 4706,9 ha (Grundsteuerreinertrag pro ha: 3,71 Mk).

    c Städtisch-bürgerlicher Grundbesitz auf dem Lande

    1508: Die Ew. von B. erhielten das Recht, Bauholz aus dem gesamten bfl. Besitzkomplex (Klucz) B. zu nehmen.

    d Eingemeindungen und Wohnplätze

    Wohnplätze 1871: Seemühle und Ausbau B., Ausbau B. nach Schille, Forsthaus Chlopssee, Jeziorki, Forsthaus Rzedzini, Wielkie Blota, Wrony. – Wohnplätze 1931: Annahof, B. Bhf., Forsthaus Klopsee, Hiller-Gärtringen, Seemühle, Forsthaus Waldecke, Ziegelei.
    1928: Gut B. (2166 ha) eingemeindet.

  • 15 Das Kirchenwesen

    a Katholische Kirche

    Bst. Posen (Poznań). – B. war Sitz eines 1298 gegr. Archidiakonates, das 1360 erstmals als Archidiakonat B. erscheint und auch Archidiakonat Wronken (Wronki) gen. wurde. – Ab 1366: Ausschließl. als Archidiakonat B. bezeichnet. – Anfang des 16. Jh.: Der Sitz des Offizialats nach Meseritz (Międzyrzecz) verlegt. – 1810: Erzdiakonat aufgehoben. – Das Patronat der Kirche besaß der Bf., vom 15. Jh. bis 1628 der Erzdiakon, im 18. Jh. wieder der Bf. – Der Pfarrer von B. vermutl. 1256, sicher 1404 erw. – 1457: Das Dorf (Policko) aus der Pfarrei ausgegliedert. – 1473: Ein Verwalter der Kirchenkasse erw. – 1595: Die Ew. von B. planten, eine Kapelle für das Hospital zu errichten; vermutl. handelt es sich um die 1603 erw. Adalbertskirche. – 1603: Zum Kspl. B. gehörten die Stadt und 8 Dörfer, in der Pfarrkirche befanden sich 3 Altäre; 1 Pfarrer, 1 Vikar. – 1793: Der Propst wohnte in Posen, in B. waren der Commendarius, der Vikar und der dt. Prediger. – 1876: Anstellung eines zweiten Vikars, der auf Dt. predigte.
    1926: Apostolische Prälatur Schneidemühl (Piła). – 1938: 1 kath. Pfarrer.
    Seit 1972 bzw. 1992: Bst. Grünberg-Landsberg (Diecezja zielonogórsko-gorzowska), Dekanat B.

    b Reformation, evangelische Kirche und andere Religionsgemeinschaften

    B. anfängl. Filia von Politzig (Policko). – Ab 1855: Pfarrei. – 1865: Ev. Pfarrkirche geweiht; Diözese Meseritz (Międzyrzecz). – 1923: Ev. Kirchenprov. Grenzmark Posen-Westpreußen. – 1938: 1 ev. Pfarrer.

    c Juden

    1793: Keine Juden erw., vermutl. lebten Juden in B. erst danach. – 1810: Gründung der Gemeinde, Bau einer Synagoge und Anlage des Friedhofs. – 1815: 168 Juden. – Ein Siegel mit der Umschrift: „Sinagoga Siegel zu Betsche 1819“ wurde 2006 gefunden, 1842 aber nur ein Bethaus erw. – 1840: 173 Juden. – 1842: 212 Juden, Bethaus mit einem Vorbeter. 31 Juden beschäftigten sich mit Handel, 4 betrieben Schank- und Gastwirtschaft und 10 selbstständiges Handwerk oder Fabrikation. – 1854: Errichtung einer Synagoge in Fachwerkbauweise (11 x 7 m). – 1895: 58 Juden. – Ende des 19. Jh.: Der Rabbi aus Schwerin/W. (Skwierzyna) verrichtete die Gottesdienste in B. – 1903: Kantor und Schächter (1 Pers.). – 1938: Gemeinde wegen der zu geringen Mitgliederzahl aufgelöst. – 1939 Mai 17: Die Ergänzungskartei zur Volkszählung verzeichnet 13 Pers. in B. – 11 namentl. bekannte Ew. von B. wurden Opfer des Holocaust. – Die Synagoge während der Reichskristallnacht profaniert, später diente sie als Malerwerkstatt. – Vermutl. Anfang des 19. Jh. wurde ca. 0,5 km sw der Stadt der Friedhof angelegt, 1944 tw. bei der Anlage von Panzerabwehrstellungen abgetragen und in den 1970er-Jahren beseitigt. Heute erinnert an ihn ein 1995 errichteter Gedenkstein.

  • 16 Sozial-, Versorgungs- und Freizeiteinrichtungen

    a Wohlfahrtspflege

    1288: Dem Schulzen das Recht verliehen, eine Badestube zu errichten, die Badestube 1508 erw. – 1566: Hospital vom Bf. von Posen (Poznań) gestiftet, 1595 erw. – 1793: Kein Hospital, keine Apotheke, 2 Hebammen. – 1849: 2 geprüfte Hebammen. – 1906: Vaterländischer Frauenverein gegr., Tätigkeiten 1916: Kleinkinderschule, Vereinshäuser, Armenpflege. – 1911: 1 Armen- und Wohltätigkeitsanstalt. – 1938: 1 Arzt, 1 Tierarzt.
    2020: 1 priv. Gesundheitszentrum, 3 Apotheken.

    b Versorgungseinrichtungen

    1793: Die Str. gepflastert, aber in schlechtem Zustand. 1 Privatbrunnen, die Stadt schöpfte ihr Wasser aus den Seen.
    1982: Anlage eines neuen kath. Friedhofs vor der Stadt (0,75 ha).
    1996: Inbetriebnahme der Kläranlage. – 2001: Anschluss an das Gasnetz. – 2002: 100 % aller Geb. an die Wasserversorgung und 99,7 % an die Kanalisation angeschlossen.

    c Freizeiteinrichtungen

    1793: Ein dem Stadtherrn gehörendes Wirtshaus. – 1838: 2 Krüge und Ausspannungen, 9 Schankwirte. – 1849: 4 Gasthöfe für die gebildeten Stände, 1 Krug und Ausspannung, 5 Schankwirte; 2 Musikanten, die gewerbsweise in Wirtshäusern spielten. – 1938: 3 Gaststätten.

  • 17 Das Bildungswesen

    a Schulen

    1603: Schule von den Bg. unterhalten. – 1640: Beim Pfarrhaus eine Schule errichtet, später kath. Volksschule (1793: 1 Lehrer), die ev. Volksschule 1835 vom Gutsherrn gegr. – 1849: 2 Elementarschulen. – 1871: 30 % der Bev. > 10 J. Analphabeten.
    1963: Neues Schulgeb. – 2003: Eröffnung des Geb. der Mittelschule. – 2019: 1 öfftl. Vor-, Grund- und Mittelschule.

    b Kulturelle Einrichtungen

    1941: Mitspielort eines Meseritzer Kinos.
    1960: Gründung des Kulturvereins B. (Pszczewskie Towarzystwo Kultury).
    1984: Museum (Skansen Pszczelarski) eröffnet.
    Seit 2008: Bibliothek bez. – 2016: 15920 Bde.
    Ab 2008: Kino bez., 88 Plätze, 255 Vorführungen pro Jahr.
    Seit 2012: Kulturhaus.

  • 18 Das Pressewesen

    Keine Informationen.

  • 19 Literatur zur Stadtgeschichte

    a Bibliographien

    Verzeichnis Grenzmark, S. 396. – Rister, S. 213f.

    b Quelleneditionen

    Die Urk. tw. im CDMP gedruckt.

    c Gesamtdarstellungen

    H. Wuttke, Städtebuch des Landes Posen, 1864, S. 268f. – Schlatter, Aus der Geschichte der Stadt B.: Grenzmärkische Heimatblätter 1931, S. 9-39. – DSB 1, 1939, S. 504. – SHGZP Poznań 3, 1999, S. 617-627. – M. Jasiński (Hg.), Pszczew. Oblicze Małej Ojczyzny/Pszczew. Das wahre Gesicht der Heimat, B., 2005.

  • 20 Die Sammlungen der stadtgeschichtlichen Quellen

    APG, APZG, APP, Erzbfl. Diözesanarchiv Posen (Poznań).