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Münster (upm).
Die Grafik zeigt die Skelletformel von Levodopa, einem der wichtigsten Wirkstoffe zur Behandlung von Parkinson.<address>© © stock.adobe.com - molekuul.be</address>
Die Grafik zeigt die Skelletformel von Levodopa, einem der wichtigsten Wirkstoffe zur Behandlung von Parkinson.
© © stock.adobe.com - molekuul.be

Morbus Parkinson – noch immer nicht austherapiert!

Ein Gastbeitrag von Apothekerin Isabel Waltering

Ein Meilenstein in der Parkinsontherapie war die Entwicklung von „Levodopa“ in den 1960er-Jahren. Bis heute eines der wichtigsten Arzneimittel, kamen dennoch weitere Medikamentenklassen hinzu: Dopaminagonisten, die die Wirkung des Botenstoffs nachahmen; MAO-B-Hemmer und COMT-Hemmer, die den Abbau von Dopamin im Gehirn hemmen; Substanzen, die die Dopaminwirkung verstärken. Neben den Tabletten und Kapseln gibt es inzwischen Injektionen, Filmtabletten, Pflaster sowie inhalierbares Dopamin und solches, das per Pumpe direkt in den Darm gelangt. Auch die Tiefenhirnstimulation, bei der Nervenzellen im Gehirn durch Strom gereizt werden, führt zu einer Verbesserung der Symptomkontrolle. Doch keines der Arzneimittel oder Verfahren kann den Verlauf der Erkrankung deutlich verlangsamen. Daher konzentriert sich die jüngste Forschung vermehrt auf krankheitsmodifizierende Forschungsansätze.

Zwei Wirkstofftargets stehen aktuell im Focus: der GLP-1-Rezeptor, dessen Aktivierung neuroprotektive Effekte haben könnte, und α-Synuclein, dessen Anhäufung im Gehirn mit der Krankheitsursache von Parkinson in Verbindung steht. Auswertungen der PASADENA-Studie konnten zeigen, dass Prasinezumab, ein Antikörper von α-Synuclein, das Voranschreiten der Erkrankung verlangsamten könnte, konkret der motorischen Einschränkungen. Auch der GLP-1-Rezeptoragonist Lixisenatid kann das Voranschreiten der Parkinsonsymptome in einem geringen, aber für bestimmte Gruppen signifikanten Umfang verlangsamen. Ein Paradigmenwechsel könnte in Zukunft eine Stammzelltherapie sein, die die untergegangenen dopaminproduzierenden Nervenzellen ersetzt und neben der Symptomlinderung verlorene Funktionen wiederherstellt. Zurzeit ist noch keine Stammzelltherapie zugelassen, allerdings zeigen erste Studien, dass Zelltransplantationen sicher durchführbar sind und erste Patienten bereits davon profitiert haben.

Dr. Isabel Waltering<address>© privat</address>
Dr. Isabel Waltering
© privat
Aber all das ist Zukunftsmusik und hilft nicht den aktuell erkrankten Personen. Parkinsontherapie besteht oft aus mehreren Arzneistoffklassen und häufigen Anwendungszeitpunkten, dazu kommen mögliche Wechselwirkungen. Um die Anwendung zu erleichtern und den „Überblick“ zu behalten, bringen sich immer mehr Apotheker in die Behandlung ein. Mehrere Untersuchungen dazu wurden an der Universität Münster durchgeführt. So konnte gezeigt werden, dass sich motorische Probleme durch pharmazeutische Betreuung signifikant verbessern lassen. Im Alltag der Patienten spielt auch der Austausch von Medikamenten eine Rolle, etwa durch Rabattverträge, die Krankenkassen mit Pharmaunternehmen schließen und so Vorgaben machen, welches Präparat ein Patient bekommt: Herstellerwechsel führen zu einer fast sechzigprozentigen Zunahme an Schluckbeschwerden, einem großen Mortalitätsfaktor.

Der Pharmazie kommt also eine wichtige Rolle zu. Untersuchungen zeigen, dass die Einbindung von speziell geschulten Pharmazeuten in interprofessionelle Netzwerke wie dem „Parkinsonnetz Münsterland+“ eine Therapie effektiver gestaltet. Denn: Parkinson ist eine komplexe Erkrankung mit einer Vielzahl an Symptomen, die die Lebensqualität deutlich mindern. Die Therapie ist oft kompliziert und vielschichtig. Nur unter der Beteiligung aller Professionen wie Neurologen, Physiotherapeuten, Logopäden, Pharmazeuten, Ernährungstherapeuten – um nur einige zu nennen –, können Patienten angemessen betreut und aktuelle Therapien wirksam eingesetzt werden.

Dr. Isabel Waltering ist Apothekerin und forscht am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie.

Dieser Artikel ist Teil einer Themenseite zur Parkinsonforschung und stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 6, 1. Oktober 2025.

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