Exploring and Shaping Sustainability
Die gesellschaftliche Transformation zur Nachhaltigkeit ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit – wissenschaftlich, gesellschaftlich und politisch. Im Emerging Field „Exploring and Shaping Sustainability“ verbinden Forschende der Universität Münster ihre disziplinäre Exzellenz mit inter- und transdisziplinären Perspektiven und leisten empirische, normative und transformative Beiträge zu einem zukunftsfähigen Umgang mit globalen Krisen. Nachhaltigkeit wird innerhalb des Emerging Fields dabei nicht nur erforscht, sondern auch aktiv mitgestaltet – häufig in partizipativen Formaten und in enger Zusammenarbeit mit regionalen Partnern. Beispiele für die inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit sowie für die enge Verbindung von Forschung, Lehre und gesellschaftlichem Engagement sind u.a. das Zentrum für Interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung (ZIN), in dem Forschende aus dreizehn Fachbereichen zusammenarbeiten oder der im Rahmen der ULYSSEUS Europäischen Hochschule verantwortete Innovation Hub Socio-ecological Sustainability.
Ein Querschnittsthema des Emerging Fields ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Als einer der größten forschungsorientierten Standorte für Lehrkräftebildung in Deutschland entwickelt die Universität Münster in der Lehr-/Lernforschung und der Lehramtsausbildung innovative didaktische Ansätze zur Vorbereitung angehender Lehrkräfte auf BNE und bietet Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte an, um Nachhaltigkeitsthemen in den Bildungsalltag zu integrieren.
Die Schwerpunkte des Emerging Fields greifen zentrale Dimensionen globalen Wandels auf, die jedoch nicht voneinander isoliert betrachtet werden. Vielmehr stehen die in den Schwerpunkten jeweils erörterten Fragestellungen in vielseitigen Wechselbeziehungen zueinander, so dass sie in summa ein integratives Verständnis komplexer Wechselwirkungen von Umwelt und Gesellschaft erlauben.
Schwerpunkt „Nachhaltige Ressourcen und Ökosysteme“
Wie lassen sich Ökosystemfunktionen erhalten, Ressourcen verantwortungsvoll nutzen und zugleich nachhaltige Energie‑ und Produktionssysteme etablieren? In diesem Schwerpunkt des Emerging Fields werden diese Fragen inter‑ und transdisziplinär aus natur-, sozial‑ und geisteswissenschaftlicher Perspektive untersucht – mit Fokus auf Energiespeicherung und ‑umwandlung, Wasserwirtschaft, Bioökonomie, Ökosystemrenaturierung und nachhaltigen Produktionsprozessen. Ein herausragendes Beispiel ist das MEET Batterieforschungszentrum, das von Materialforschung über Zellfertigung bis Recycling nachhaltige Batteriesysteme sich in Kooperation mit dem Helmholtz‑Institut Münster der Entwicklung zukunftsfähiger Batterien widmet. In Projekten wie H2Media und hyBit werden zudem mediale Repräsentation und gesellschaftliche Akzeptanz von Wasserstofftechnologien erforscht. Der Schutz sowie die nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser stehen im Fokus der Forschung, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Wasserqualität, -reinigung und -bewirtschaftung widmet. Beispiele sind das europäische Projekt PREWAPHARM, das interdisziplinäre Strategien zur Reduktion von Arzneimitteleinträgen in Gewässern entwickelt, sowie das Netzwerk Wasser – Hochschulen in Münster, in dem die Universität Münster und die Fachhochschule Münster gemeinsam forschen und den kooperativen Studiengang Wasserwissenschaften aufgebaut haben.
Im Bereich Ökosystemrenaturierung werden an der Universität Münster wissenschaftliche Grundlagen zur Wiederherstellung artenreicher Offenlandökosysteme, klimaangepasster Wälder und degradierter Moore geschaffen. Diese Lebensräume sind nicht nur Hotspots der Biodiversität, sondern spielen auch eine entscheidende Rolle für den Klima- und Wasserschutz. Forschende untersuchen in diesem Zusammenhang Wasserqualität, Treibhausgas- und Stoffbilanzen, bodenökologische Prozesse, alternative Nutzungsformen sowie die Rolle mikroevolutiver Dynamiken bei deren Wiederherstellung, so etwa mit mehreren Teilprojekten im Rahmen des SPP 1374 Exploratorien zur funktionellen Biodiversitätsforschung.
Die Forschung zu Bioökonomie und nachhaltigen Produktionsprozessen im Rahmen des Emerging Fields leistet einen zentralen Beitrag zur Transformation hin zu einer ressourcenschonenden und biobasierten Wirtschaftsweise. Daran arbeiten Forschende unter anderem in innovativen Verbünden wie dem BioZ und dem Fraunhofer IME, die funktionelle Biopolymere als nachhaltige Alternativen zu fossilen Rohstoffen entwickeln. Darüber hinaus werden biotechnologische Verfahren zur Abwasserreinigung, Biogasgewinnung und Herstellung biobasierter Chemikalien erforscht.
Schwerpunkt „Gesellschaft im Wandel - Konflikte, Verantwortung und Partizipation“
Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit ist von Zielkonflikten, Fragen nach Verantwortung und Gerechtigkeit sowie dem Ringen um tragfähige Beteiligungsformate geprägt. In diesem Schwerpunktbereich des Emerging Fields untersuchen Wissenschaftler*innen, wie sozial-ökologische Transformationen demokratisch, gerecht und inklusiv gestaltet werden können. Dabei fließen u.a. Perspektiven aus Politikwissenschaft, Soziologie, Landschaftsökologie, Biologie, Kommunikationswissenschaft, Philosophie, Theologie, Erziehungswissenschaft und Stadtforschung zusammen. Ein zentrales Thema ist die Gestaltung partizipativer Prozesse: Wie können Bürger*innen an Nachhaltigkeitstransformationen mitwirken, und welche politischen, sozialen und institutionellen Rahmenbedingungen braucht es dafür? In Projekten wie INCITE-DEM wird die Rolle von Governance, Beteiligung und Zivilgesellschaft erforscht – oft in Kooperation mit lokalen Akteurinnen. Diese Vorhaben setzen auf transdisziplinäre Ansätze, die wissenschaftliche Reflexion mit praktischer Wirksamkeit verbinden. Adressiert werden diese Fragen etwa im geplanten Graduiertenkolleg zu Konflikten um Nachhaltigkeit, im Projekt SABio zur Bioökonomie in Südamerika oder in der Erforschung de-legitimierender Kommunikation bei Energieprojekten. Nachhaltiger Konsum, Klimagerechtigkeit, Rechte der Natur und Verantwortung gegenüber der nicht-menschlichen Umwelt stehen ebenso im Fokus wie Fragen nach digitalen Machtverhältnissen, insbesondere bei generativer KI.
Denn auch die Erforschung nachhaltiger Digitalisierung und generativer KI zeigt neue soziale, ethische und ökologische Konfliktlinien auf: Wer trägt Verantwortung für algorithmische Entscheidungen? Wer profitiert, wer wird ausgeschlossen? Und wie können digitale Technologien sozial gerecht, ökologisch verträglich und ökonomisch tragfähig gestaltet werden? Welche Machtverhältnisse bestehen hier und wie beeinflussen diese Transformationspotenziale? Diesen Fragen gehen Forschende des Emerging Fields mittels der Untersuchung von Praktiken und Werten aktueller technologischer Entwicklungen nach. Im Rahmen des SFB 1459 werden in diesem Zusammenhang neuartige Technologien untersucht, die die Grundlage für effizientere und ressourcenschonendere Hardwareysteme der Zukunft bilden können. Neben diesen Entwicklungen hin zu einer nachhaltigeren KI selbst wird darüber hinaus auch der Einsatz von KI zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele erforscht. Insbesondere können diese Algorithmen dazu dienen, große Datenmengen auszuwerten, um so einen wichtigen Beitrag zur Messung der aktuellen Situation, zum Monitoring verschiedener Nachhaltigkeitsmaßnahmen sowie zur Vorhersage der Dynamik unserer Ökosysteme zu leisten.
Aus der Perspektive von Aushandlungsprozessen steht auch die Gestaltung ökologisch nachhaltiger und inklusiver Städte im Fokus. Unter dem Schlagwort Future Green Cities erforschen Wissenschaftler*innen, wie urbane Räume zu Hotspots der Biodiversität, der Resilienz und des sozialen Zusammenhalts werden können. Dabei spielt die urbane Artenvielfalt eine Schlüsselrolle: Sie trägt nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern stärkt auch das Umweltbewusstsein, das Wohlbefinden und die Teilhabe der Stadtbevölkerung. Projekte wie FoodMaps go School und Veranstaltungen zu nachhaltigem Wachstum oder Klimagerechtigkeit verdeutlichen, wie eng Forschung, Bildung und gesellschaftliche Transformation an der Universität Münster miteinander verknüpft sind.
Schwerpunkt „Virtuelle raumbezogene Forschung für eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft“
Im digitalen Zeitalter ist Nachhaltigkeit untrennbar mit Fragen der digitalen Transformation verbunden. Eine Schlüsselrolle spielen dabei neue digitale Welten – also dreidimensionale, virtuelle und interaktive Räume wie das Metaverse oder digitale Zwillinge –, die das Potenzial haben, den nachhaltigen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend voranzubringen. Die Universität Münster verfügt über ausgewiesene interdisziplinäre Expertise im Bereich raumbezogener digitaler Technologien wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality (MR). Diese Technologien kommen bereits heute in Forschung, Lehre und Transferprojekten breit zum Einsatz. Ziel des Forschungsschwerpunkts ist es, diese Exzellenz zu konsolidieren und systematisch auszubauen – durch den Aufbau einer gemeinsamen technischen Infrastruktur sowie eines interdisziplinären Wissens- und Kompetenzzentrums. Die geplante Bündelung soll die derzeit noch über verschiedene Fachbereiche fragmentierte Nutzung raumbezogener Technologien überwinden und das Feld nachhaltig stärken. Die Universität Münster kann hierbei auf bestehende Strukturen und exzellente Institute zurückgreifen – unter anderem das Center for Business Transformation (ChanCe), das eXperiential Reality Lab, das VR and Game Lab sowie das Gait-Realtime-Analysis-Interactive-Lab – GRAIL . Diese Einrichtungen bilden eine tragfähige Grundlage für die Weiterentwicklung des Schwerpunkts.
Um das Innovationspotenzial dieses Forschungsschwerpunktes langfristig zu sichern, wurde das Graduiertenkolleg Spatial4Val beantragt. Es zielt auf die Qualifizierung einer neuen Generation von Wissenschaftler*innen, die die Zukunft raumbezogener Forschung interdisziplinär, verantwortungsvoll und anwendungsorientiert gestalten.