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Münster (upm/ch)
Unter dem Titel "Münsters Wissen frisch gezapft" gaben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der WWU vor einigen Wochen Einblicke in ihre Forschung - in münsterschen Kneipen vor breitem Publikum.<address>© CiM/E. Wibberg</address>
Unter dem Titel "Münsters Wissen frisch gezapft" gaben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der WWU vor einigen Wochen Einblicke in ihre Forschung - in münsterschen Kneipen vor breitem Publikum.
© CiM/E. Wibberg

Öffentliche Präsenz als Schlüssel für Vertrauen

Kommunikationswissenschaftler befragen WWU-Forscher zum Thema Wissenschaftskommunikation

Der Dialog mit der Öffentlichkeit bleibt in einer digitalisierten Zukunft nicht nur wenigen medienaffinen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern überlassen, sondern wird zu einer zentralen Aufgabe für alle Forscher. Zu diesem Schluss kommen Studierende der Kommunikationswissenschaft nach einer Online-Befragung an der WWU. In einem Masterseminar unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Blöbaum loteten sie aus, welche Bedeutung WWU-Wissenschaftler der Wissenschaftskommunikation beimessen. Ein zentrales Ergebnis: Rund 85 Prozent der Studienteilnehmer halten demnach diese Aufgabe für wichtig.

Mehr als 80 Prozent sehen in der Wissenschaftskommunikation zudem einen Schlüssel für gesellschaftliches Vertrauen in die Wissenschaft. Gleichzeitig gibt mehr als die Hälfte der befragten WWU-Wissenschaftler an, dass ihrer Wahrnehmung nach das gesellschaftliche Misstrauen gegenüber ihrer Zunft eher wächst. Prof. Dr. Michael Quante, Prorektor für Internationales und Transfer, sieht vor diesem Hintergrund neue Herausforderungen, der sich die WWU stellen muss. Er betont: „Die Wissenschaft muss sich verstärkt darum bemühen, ihre Erkenntnisse, aber auch ihre Methoden der Erkenntnisgewinnung in die Gesellschaft hinein zu vermitteln. Nur so lassen sich faktenfreier Populismus und irrationale Propaganda aller Art mit rationalen Mitteln, und damit demokratisch, in die Schranken weisen.“ Genauso wichtig sei es für Wissenschaftler, genau hinzuhören und zu verstehen, welche Fragen, Probleme oder auch Ängste in der Gesellschaft zum Ausdruck gebracht werden. „Nur dann, wenn wir einen Dialog führen, wird es uns gelingen, das Vertrauen der Gesellschaft in die Wissenschaft zu bewahren“, sagt er.

Bernd Blöbaum weist darauf hin, dass öffentliche Präsenz nicht automatisch Vertrauen schaffe, aber vertrauensfördernd sein könne. „Wird der Nutzen wissenschaftlicher Forschung – und damit ist nicht in erster Linie wirtschaftlicher Nutzen gemeint, sondern vor allem der Erkenntnisgewinn, den wissenschaftliche Arbeit hervorbringt – öffentlich beschrieben, dient dies der Transparenz und verdeutlicht die gesellschaftliche Bedeutung von Wissenschaft“, unterstreicht er.

Auch strukturell macht sich die steigende Bedeutung der Wissenschaftskommunikation bemerkbar – bei den hauptberuflichen Kommunikationseinrichtungen an der WWU. Neben der zentralen Pressestelle verfügen zum Beispiel auch große koordinierte Forschungsprogramme wie die beiden Exzellenzcluster der WWU über eine gute Infrastruktur zur Wissenschaftskommunikation. „Die Kommunikation mit außerwissenschaftlichen Öffentlichkeiten ist an den Hochschulen längst nicht mehr nur die Aufgabe einer zentralen Pressestelle“, beschreibt Bernd Blöbaum. „Heute wird deutlich mehr und zielgerichteter gegenüber Teilöffentlichkeiten kommuniziert als noch vor zehn Jahren. Dies erwarten übrigens auch Forschungsfördereinrichtungen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie Stiftungen. Denen ist daran gelegen, mit den von ihnen geförderten Projekten öffentlich positive Resonanz zu erzielen.“

Dass Wissenschaftler sich in Zukunft mit Wissenschaftskommunikation auskennen müssen, fordert auch Prof. Dr. Annette Leßmöllmann, freie Wissenschaftsjournalistin und Professorin für Wissenschaftskommunikation am Karlsruher Institut für Technologie. „Das Thema gehört zur curricularen Ausbildung angehender Forscher dazu“, sagt sie. „Und von da ist der Schritt nicht weit, in der Lehre auch das aktuelle Mediensystem und seine Wirkweisen zu thematisieren und die Rolle der Forschung in der Gesellschaft zu problematisieren. Ich bin also ganz klar für Module ‚Wissenschaftskommunikation‘ in den Fachcurricula.“ Nicht jeder Wissenschaftler müsse allerdings später im Berufsleben selbst Wissenschaftskommunikation betreiben, hier könne man auch arbeitsteilig vorgehen. Aber zumindest sollten sich alle damit auskennen.

Christina Heimken

Dieser Artikel stammt aus der Universitätszeitung "wissen|leben" Nr. 4, Juni/Juli 2018. Weitere Beiträge zum Thema Wissenschaftskommunikation aus derselben Ausgabe, darunter ein Beitrag über die Umfrage unter WWU-Wissenschaftlern sowie ein Interview mit Prof. Dr. Annette Leßmöllmann vom KIT, lesen Sie hier:

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