Newsletter-Cover November 2025
Newsletter im PDF-Format
© Pia Wend-Erdel, Uni Münster

Grußworte 2025

Liebe Leserinnen und Leser,

im vergangenen Jahr, meinem ersten hier in Münster, durfte ich das Institut als Ort des aktiven sinologischen Austauschs kennenlernen. Das habe ich einmal im Unterricht durch Sie, die Studierenden, erfahren dürfen, aber auch in den vielfältigen Veranstaltungen, die das Institut in den vergangenen zwei Semestern geplant hat und bei denen ich oft das Glück hatte, sie mitprägen zu dürfen.

Und es war wirklich viel los in diesem Jahr! Wir haben zwei Konferenzen ausgerichtet, zunächst die Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Chinastudien (DVCS) im November, bei der über 100 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zusammenkamen, um das Thema „Krieg und Frieden 戰爭與和平“ von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Im Mai tauschten sich im Rahmen des Workshops „Same and/or Other? Animals in East Asian History” 26 Experten und Expertinnen zum Thema Animal Studies aus. Wir konnten von April 2024 bis März 2025 mit Prof. Dr. Chen Deng-wu 陳登武 einen Gastwissenschaftler über das DAAD-Gastdozentenprogramm einladen. Wir haben zwei neue Vortragsreihen etabliert, am Institut die Reihe „Sinologische Vorträge Münster“ (SVM) und über das Asienzentrum die Reihe „Emerging Scholars Research Asia“ (ESRA). Wir haben eine neue Erasmus+-Kooperation mit der ältesten Universität für Asienwissenschaften in Europa, der L’Orientale in Neapel, begründet. Zudem freuen wir uns über den geglückten Verlängerungsantrag des Projekts „Jugend trifft China“. All dies können Sie im vorliegenden 19. Newsletter des Instituts noch einmal in Ruhe Revue passieren lassen.

Viel Zeit zum Ausruhen bleibt uns aber zum Glück nicht, denn genauso lebendig geht es auch im kommenden Wintersemester weiter: Während ich diese Zeilen schreibe, ist aktuell noch Dr. Yu Hsiao-wen 于曉雯 im Rahmen des Universität Münster Fellowships zu Besuch (Juli und August 2025). Kurz nach Semesterstart im November wird das Institut die internationale Konferenz „Intercultural Knowledge Transfer in (Transregional) Asian Religious Contexts“ mit über 40 Vorträgen hier in Münster mitausrichten. In unserer Vortragsreihe sind bereits weitere Vorträge für Dezember und Januar geplant. Und das ist nur ein kurzer Ausblick auf das kommende Studienjahr – freuen wir uns also über alles, was wir im vergangenen Jahr gemeinsam erleben durften, und über alles, was im kommenden Jahr ansteht.

Ihre Anne Schmiedl (13.08.2025)

Unsere Fachschaft stellt sich vor

Wir von der Fachschaft Sinologie organisieren Institutsfeste, Stammtische und kulturelle Events. Außerdem sind wir Ansprechpersonen für alle Studierenden, die Unterstützung brauchen oder Fragen rund ums Studium haben. Unsere Fachschaft besteht aus Studierenden verschiedener Bachelor- und Mastersemester und wir freuen uns immer über neue Gesichter! Schaut gerne vorbei, wir freuen uns auf euch!

Ihr findet uns jederzeit unter:

E-Mail: fssino@uni-muenster.de
Instagram: @fssino.muenster

Schreibt uns gerne oder folgt uns für aktuelle Informationen und spannende Einblicke!

Ida Ricken

Fachschaftsausflug in das Rijksmuseum in Amsterdam

Am 18. Mai hat die Fachschaft Sinologie der Universität Münster eine ganz besondere Exkursion unternommen: Gemeinsam reiste eine Gruppe Studierender nach Amsterdam, um im renommierten Rijksmuseum eine besondere Ausstellung ostasiatischer Kunst zu besuchen.

Die Idee, eine solche Reise zu unternehmen, entstand aus dem Wunsch, das im Studium erworbene Wissen mit unmittelbaren kulturellen Eindrücken zu verknüpfen.

Bereits die Anreise bot Gelegenheit für inspirierende Gespräche – von aktuellen Forschungsthemen bis hin zu persönlichen Lieblingskünstlern aus Ostasien. Nach der Ankunft erwartete uns das beeindruckende Rijksmuseum mit seiner imposanten Architektur.

Im Zentrum dieses Ausflugs stand die Sonderausstellung ostasiatischer Kunstwerke, die eigens für ein internationales Publikum kuratiert wurde. Die Vielfalt, mit der Kalligrafien, filigrane Lackarbeiten, eindrucksvolle Keramiken und historische Schriftrollen präsentiert wurden, beeindruckte alle Teilnehmenden gleichermaßen. Besonders eindrucksvoll war die Begegnung mit seltenen Werken aus der Tang- und Song-Dynastie, die nicht nur die ästhetische Vielfalt, sondern auch die Verflechtungen zwischen Kunst, Alltag und Geschichte in Ostasien sichtbar machten.

Im Anschluss diskutierte die Gruppe ihre Eindrücke – etwa über die Symbolik bestimmter Bildmotive, die Rolle von Naturdarstellungen und die Bedeutung kultureller Eigenheiten im historischen Kontext. Gekrönt wurde der Tag durch einen gemeinsamen Spaziergang entlang der Amsterdamer Grachten, bei dem die Eindrücke nachklangen und neue Pläne für zukünftige Fachschaftsaktivitäten geschmiedet wurden.

Mit dieser Exkursion hat die Fachschaft nicht nur den fachlichen Horizont erweitert, sondern auch den Zusammenhalt unter den Studierenden gestärkt. Solche Aktivitäten bieten wertvolle Impulse für ein lebendiges Miteinander – und bringen einen Hauch Ostasien in den Studienalltag nach Münster.

Kaya Yannis Karathanassis

Das Projekt „Jugend trifft China“ wird fortgesetzt

Das Projekt „Jugend trifft China“ wurde um ein weiteres Jahr verlängert. Seit nun zwei Jahren organisiert das Institut für Sinologie und Ostasienkunde an inzwischen drei Schulen im Münsterland China-AGs: Am Annette-von-Droste-Hülshoff Gymnasium in Münster, dem Gymnasium Dionysianum in Rheine und der Euregio Gesamtschule in Rheine. Im September ist das Münsteraner Hittorf-Gymnasium als vierte Schule hinzugekommen. Die AGs für die siebte bis zehnte Klasse werden weiterhin von Thomas Grosser geleitet und von der Lektoratsassistentin (zuletzt Zhuang Xin-Di) fachkundig unterstützt.

Die meisten Studierenden am Institut für Sinologie und Ostasienkunde haben ihre Leidenschaft für China erst als Erwachsene entdeckt und erst nach der Schule mit dem Chinesisch-Lernen angefangen. Mit „Jugend trifft China“ wollen wir weiterhin die Sichtbarkeit von China an Schulen erhöhen und jungen Menschen schon in jüngeren Jahren die Chance geben, sich für China zu begeistern. Insbesondere angesichts der eher einseitigen und schablonenhaften Darstellung Chinas in den meisten Medien möchten wir dabei für ein differenziertes Chinabild sensibilisieren.

Am Institut war das Projekt bisher vor allem dadurch sichtbar, dass für die Schülerinnen und Schüler zum chinesischen Neujahr jeweils eine Feier im großen Unterrichtsraum organisiert wurde, sodass das Institut kurzzeitig von Gymnasiasten bevölkert wurde. Letztes Jahr durften diese ihr Chinesisch- Können unter anderem bei einer Schnitzeljagd durch Bibliothek und Teeküche beweisen. Auch im nächsten Jahr dürfen Studierende und Lehrende des Instituts mit den jungen Besucherinnen und Besuchern rechnen.

Von organisatorischer Seite sind wir insbesondere mit den hohen Teilnehmerzahlen der AGs (im Schnitt ca. 15 Schülerinnen und Schüler) sehr zufrieden. In den AGs lernen die Schülerinnen und Schüler vor allem Chinesisch, auch wenn das im AG-Format nicht ganz einfach ist: In AGs gibt es eine Hausaufgaben, schon gar nicht werden benotete Tests oder Klausuren geschrieben. Dennoch konnten insbesondere dank Zhuang Xin-Dis Unterricht viele Fortschritte im Spracherwerb erzielt werden.

Im Juni 2025 fuhren sogar 16 Schülerinnen und Schüler aus den AGs freiwillig gemeinsam nach Düsseldorf, um dort die HSK1-Prüfung abzulegen. Dank der Finanzierung des Projekts durch das Bildungsnetzwerk China können den Teilnehmern der AGs Exkursionen, Testteilnahmen etc. kostenfrei angeboten werden.

Thomas Grosser

Same and/or Other: Animals in East Asian History

Vom 08. bis zum 10. Mai fand der vom Institut für Sinologie und Ostasienkunde und dem Chinese Animal Studies Network CASN organisierte Workshop unter dem Titel „Same and/or Other: Animals in East Asian History“ statt. Das Chinese Animal Studies Network wurde 2024 von Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl (Münster), Dr. Renée Krusche (Erlangen/Nürnberg) und Dr. Kelsey Granger (Edinburgh) mit dem Ziel gegründet, weltweit Wissenschaftler*innen, die sich mit Tieren in der chronologischen und geografischen Breite Chinas befassen, miteinander zu verbinden. Nach einem Online-Workshop im Jahr 2022 war dies nun der erste Präsenzworkshop, der vom Chinese Animal Studies Network organisiert wurde.

Im Laufe des Workshops hielten 21 Teilnehmer*innen aus der ganzen Welt Vorträge in sieben thematisch sortierten Panels. Am 22. Mai folgten vier weitere Vorträge in einem Online-Panel. Nachdem Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl und Dr. Renée Krusche die Teilnehmenden begrüßt hatten, folgten drei Panels zu mythologischen Tieren, begrifflichen Überlegungen und Tieren als Ressource. Am darauffolgenden Tag fanden vier weitere Panels statt, welche das Leben mit Tieren, Tiere in Krisenzeiten, Tiere in der Literatur und die bildlichen Darstellungen von Tieren behandelten. Die Vorträge überspannten diverse Themen. So gab es zum Beispiel am ersten Tag Vorträge zu einigen Sternzeichen und Heroen, aber auch zu den Themen Tierwohl und tierbezogene Ämter. Am zweiten Tag waren die Themen genauso vielfältig, von Seuchen, Tiermedizin und Tierschutz bis zur Darstellung von Tieren in der Dichtung oder in Bronzeskulpturen. Das Onlinepanel bot eine ähnliche thematische Bandbreite. Dort wurden das dämonische „other“ in religiöser Kunst, der treue Hundebegleiter in der politischen Dichtung oder die Mensch-Tier-Beziehung am Beispiel von Grillen im spätkaiserlichen China diskutiert.

Der letzte Workshop-Tag fand im Allwetterzoo Münster statt. Für den Weg dorthin hatten sich die Organisatorinnen etwas ganz Besonderes überlegt: eine Fahrt mit dem Wasserbus Solaaris. Dies war auch für einige Institutsangehörige eine neue Erfahrung. Nach einer halben Stunde erreichten die Teilnehmer*innen den Zoo und fanden sich vor einer ungewöhnlichen Kulisse wieder. Da zeitgleich das Galaktische Wochenende stattfand, waren im Zoo überall Menschen in u. A. Star Wars- und Star Trek-Cosplays zu sehen. In der Ruhe der Zooschule angekommen, hielt Prof. Dr. Susan Whitfield (University of East Anglia) einen Keynote-Vortrag zum Thema „The Horse in China: Always the Other?“, in welchem sie durch die chinesische Ikonografie die historische Rolle des Pferdes in der Gesellschaft beleuchtete. Nach kurzen Abschiedsworten von Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl und einem gemeinsamen Mittagessen stand als letzter Programmpunkt eine Führung im Westfälischen Pferdemuseum an.

Nicht nur Diskussionen innerhalb der Panels, sondern auch die von Anne Sapich organisierten Pausen in der Teeküche sowie die Bootsfahrt zu dem Zoo boten zahlreiche Möglichkeiten, um in einen Dialog zu allem mit Tieren verbundenen zu treten. Der interdisziplinäre Workshop schaffte also erfolgreich eine Plattform, auf der Teilnehmer*innen ihre Forschung wunderbar teilen konnten.

Dominic Anthony Schmidt-Leukel

Unsere Hochzeit(en)

Unsere Hochzeit(en)

Am 30.09.2024 und am 01.01.2025 habe ich geheiratet. Da meine Frau eine Chinesin ist und von Anfang an bereits kommuniziert wurde, dass eine standesamtliche Hochzeit nicht ausreichen würde, sondern auch eine „traditionelle“ stattfinden sollte, war die „erste“ Hochzeit in diesem Fall nur der Anfang einer Reise. Ich schildere hier ausschließlich meine Erfahrung und in diesem Fall kann ich mich nur auf das berufen, was ich erlebt habe und was mir erzählt wurde.

Der Anfang:

Der erste Schritt war das Standesamt. In diesem Fall war es nach meinem Verständnis das offizielle „Jasagen“. Dieser Schritt war eine verwaltungstechnische Notwendigkeit, sodass wir auch offiziell als ein Ehepaar anerkannt wurden. In China geht man normalerweise gemeinsam „ohne besondere Kleidung“ zum Standesamt. Dort erhält man ein Buch, welches offiziell den Status des Ehepaars darstellt. Da es mir persönlich wichtig war, haben wir uns auch hier bereits formal angezogen und anschließend in einem ganz kleinen Kreis gefeiert.

Der Tag der eigentlichen Hochzeit:

Richtig gefeiert wird mit allen Freunden und Verwandten. Dieser zweite Teil der Hochzeit ist nach meinem Verständnis die „echte“ Hochzeit. In diesem Teil wird das frisch verheiratete Ehepaar den Freunden und Verwandten vorgestellt. In unserem Fall hat alles morgens bereits damit angefangen, dass wir in dem Hotel, in welchem auch die Feier stattfand, Bilder mit der engeren Familie geschossen haben. Für die Eltern war es besonders wichtig, Bilder davon zu schießen, wie sie das Bett des Ehepaars herrichten. Normalerweise würde das Bett zum Mittelpunkt von vielerlei Spielen zur Belustigung der ganzen Familie werden, mit welchen der Mann seinen Charakter unter Beweis stellen könnte. Dieser Teil wurde bei uns ausgelassen. Trotzdem war es sehr wichtig, „rot“ zu tragen, nicht nur um ein modisches Statement zu setzen, sondern auch als Zeichen des Glücks, wie mir mitgeteilt wurde. Nachdem die Bilder geschossen worden waren, war es meine Aufgabe, meinen Schwiegereltern einen Tee zu servieren. Gegen einen Obolus in Form eines kleinen „roten Umschlags“ habe ich mich natürlich dazu bereiterklärt, sie „Mama“ und „Papa“ zu nennen.

Die Show:

Die Hochzeitszeremonie war wie eine Art Show, in welcher wir die Hauptcharaktere waren. Diese erinnerte mich sehr stark an typisch amerikanische Hochzeiten. Typische Situationen waren dort zum Beispiel, dass ich die Hand meiner Frau von ihrem Vater erfragen musste und sie anschließend auf die Bühne begleiten musste. Die ganze Show wurde vor allen Freunden und Verwandten gehalten. In unserem Fall waren das mehr als 200 Menschen. Nachdem meine Eltern, meine Schwiegereltern, meine Frau und ich unsere Reden gehalten und wir unsere Ringe erneut getauscht hatten, durften wir uns ein wenig ausruhen.

Das Ende:

Nach der kleinen Show wurde es hektisch. Mir wurde mitgeteilt, dass die ersten Gäste bereits gingen. Sehr überrascht davon ging es nun darum, mit jedem wenigstens einmal anzustoßen, um meine Trinkfestigkeit zu demonstrieren. Nachdem jedem zugeprostet wurde und wir auch endlich etwas essen konnten, war alles bereits vorbei. Übrig blieb für uns nur noch nach Hause zu gehen. Denn von nun an waren wir auch vor allen Freunden und Verwandten verheiratet.

Andre Schlossarek

XXXV. Jahrestagung der DVCS: „Krieg und Frieden“

Wo endet Frieden, wo beginnt Krieg und was liegt dazwischen? Dieser Frage und vielen weiteren daran anknüpfenden Themen widmete sich die 35. Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Chinastudien (DVCS). Vom 15. bis 17. November 2024 versammelten sich Forschende, Studierende und Interessierte der deutschen Sinologie in Münster. Das 35. Tagungsthema, passend zum Veranstaltungsort der Friedensstadt Münster, lautete: „Krieg und Frieden“. Das Ziel war, ein tiefreichendes sinologisches Verständnis für Konzeptionen und Erfahrungen von Krieg und Frieden im chinesischen Sprach- und Kulturraum im weitesten Sinne zu erhalten.

Aufgrund der hohen Zahl der Anmeldungen waren die Mitarbeitenden des Instituts am Freitagmorgen vollbeladen in die Räumlichkeiten der katholisch-theologischen Fakultät umgezogen, um dort für das Wochenende ihr Tagungsbüro aufzuschlagen. Über drei Tage hinweg liefen parallel in zwei Räumen insgesamt 16 Panels, die Frieden und Krieg unter verschiedensten Gesichtspunkten beleuchteten. Neben Vorträgen aus Bereichen wie Gesellschaft, Literatur, Religion, Philosophie, Medizin und noch vielen mehr nahmen einige Studierende und Promovierende die Gelegenheit wahr, ihre Abschlussarbeiten vorzustellen. Abgeschlossen wurde jeder Vortrag mit einer kurzen Frage- und Diskussionsrunde.

Zu diskutieren gab es meist mehr, als die dafür vorgesehenen zehn Minuten hergaben, sodass die inhaltlich vielfältigen und regen – aber natürlich friedlichen – Gespräche zugunsten der Einhaltung des Zeitplans in die Mittags- und Kaffeepausen verlagert wurden. Auch wenn die Diskutierenden nicht in jedem Punkt mit derselben Meinung herauskamen, konnten Speis und Trank doch in lockerer Atmosphäre ihre versöhnliche Wirkung entfalten. So verliefen auch die beiden gemeinsamen Abendessen, am Freitag im Blauen Haus und am Samstag im A2 am Aasee, harmonisch und unbeschwert, bevor die Teilnehmenden jeweils am Folgetag wieder in die Vorträge zogen. Viele Gespräche waren voller Anregungen und Ideen sinologischer Natur, wobei auch der ein oder andere Funke Inspiration überspringen konnte; gleichzeitig genossen die Teilnehmenden ebenso den privaten Austausch mit alten und neuen Bekanntschaften der deutschen Sinologie.

Am Samstag zwischen den Vorträgen brachten sich die Teilnehmenden auf der Wiese an der Aa für das Gruppenfoto in Formation. Am Sonntag nach der Verabschiedung konnte sich dann, wer Lust und Zeit hatte, durch die Ausstellung „Körper. Kult. Religion.“ des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ im Archäologischen Museum und im Bibelmuseum der Universität Münster führen lassen. An der interdisziplinären Ausstellung waren unter anderem Lehrende und Studierende des Instituts beteiligt, die dafür gesorgt hatten, dass auch die sinologische Perspektive in den verschiedenen Themenbereichen vertreten war.

Nach der Tagung und dem Rahmenprogramm verstreute sich dann die geballte sinologische Expertise wieder in alle Richtungen, um das nächste Mal in dieser Form im November 2025 in Hamburg zusammenzutreffen. Bis dahin haben die Forschenden, Studierenden und Interessierten die Gelegenheit, sich intensiv mit dem Thema „Selbstbild und Fremdbild“ auseinanderzusetzen.

Glücklicherweise konnten bereits am Sonntagnachmittag durch viele helfende Hände das Tagungsbüro vollständig aufgelöst und die Räumlichkeiten der katholischen Theologie für den Unterricht am nächsten Morgen hergerichtet werden. Am Montagmorgen blickte das Organisationsteam zufrieden und leicht erschöpft auf die erfolgreiche Tagung zurück.

Vor dem Hintergrund des Tagungsthemas soll abschließend wertgeschätzt werden, dass in Deutschland zurzeit Frieden herrscht, denn allein aufgrund dieses Zustandes können Tagungen wie diese überhaupt durchgeführt werden. Es ist ein gewaltiges, für viele Menschen und Forschende verschiedenster Regionen der Welt auch in diesem Jahr undenkbares Privileg, über Krieg zu sprechen, anstatt ihn erleben zu müssen.

Kirsten Tangelder

Filial Figures and Auspicious Omens in the Tang Dynasty

In July and August 2025, I was awarded a fellowship from the University of Münster, which supported my research visit at the Institute of Sinology and East Asian Studies. In contrast to the hot and humid summer climate of Taiwan, I was pleased to pursue my research in Münster, where the agreeable weather and pleasant environment provided favorable conditions for academic work.

On July 15, I delivered a lecture entitled "Filial Figures and Auspicious Omens in the Tang Dynasty." Ancient Chinese thinkers often ascribed significance to extraordinary celestial phenomena, natural landscapes, and rare animals and plants, interpreting them as reflections of political order in the human realm. Auspicious omens emerged from this intellectual framework, symbolizing the divine right of monarchs, national peace and prosperity, and filial devotion capable of moving Heaven. These omens became powerful symbols in political discourse. Whether a filial figure, a local official, or the emperor himself, anyone could be associated with the appearance of auspicious omens for their filial conduct or virtuous governance—yet such associations could also spark competition among these individuals over the rightful ownership of the omen.

Auspicious omens arising from filial piety tended to follow fixed patterns: they typically occurred during the mourning period following the death of a filial figure’s parents and were often observed near the burial site.

Tang intellectuals believed that because the emperor promoted the value of filial piety, the common people were able to practice it. This idea helped reconcile the conflict between omens attributed to the state and those attributed to individuals. Regarding the rivalry between omens credited to virtuous governance and those credited to filial devotion, intellectuals argued that a local official’s merit did not need to be validated by auspicious signs; instead, filial figures were the ones who should be commended.

Disputes over auspicious omens often involved underlying material interests. When filial figures received official commendation, members of their households could be exempted from labor service; an omen attributed to a local official’s virtuous governance could boost the official’s performance evaluation and enhance his prospects for promotion; and individuals who discovered omens could benefit personally. These advantages also led to suspicions that some filial figures fabricated omens in order to avoid labor duties. Because the Tang rulers actively promoted filial piety, they tended to take a lenient stance toward such fabrications.

I am grateful for the opportunity to present the findings of my research. The constructive and stimulating questions raised by the audience have contributed to a deeper reflection on the topic and opened up potential directions for further investigation.

Yu Hsiao-wen

Kooperation mit der Università degli Studi di Napoli L‘Orientale

Wer bei einem Auslandssemester in Europa neue sinologische und interkulturelle Erfahrungen sammeln möchte, kann seit dem Sommersemester 2025 sein sinologisches Wissen in Italien vertiefen. Seit kurzem besteht eine neue Erasmus+ Kooperation zwischen dem Institut und der italienischen Università degli Studi di Napoli L‘Orientale in Neapel.

Die „L‘Orientale“ ist die älteste Lehrinstitution für Asienwissenschaften in Europa. Sie geht auf Matteo Ripa (1682–1746) zurück, der von 1711 bis 1723 am Hof des Kangxi-Kaisers als Maler und Kupferstecher arbeitete und in China missionarisch tätig war. Nach seiner Rückkehr nach Italien gründete er 1732 das sogenannte „Chinesische Kolleg“ (Collegio dei Cinesi) in Neapel, ursprünglich mit dem Ziel, Missionaren Chinesisch beizubringen. Im Lauf der Jahrhunderte wurden dem Curriculum weitere Sprachen hinzugefügt und die L‘Orientale entwickelte sich zur Hauptuniversität Italiens für außereuropäische Sprachen und Kulturen.

Heute ist die Universität auf asiatische, afrikanische und amerikanische Sprachen und Kulturen spezialisiert und in drei Fachbereiche unterteilt: „Asien, Afrika und Mittelmeerraum“, „Geistes- und Sozialwissenschaften“ sowie „Literaturwissenschaft, Linguistik und Komparatistik“. Aufgrund ihrer langen Geschichte in Bezug auf Asienwissenschaften bietet die L‘Orientale ein großes Lehrangebot für Studierende in diesem Bereich an. Sie deckt in ihren BA- wie MA-Programmen unterschiedliche Disziplinen ab, so etwa Komparatistik, Archäologie, Politikwissenschaften, Internationale Beziehungen und Übersetzungsstudien. Insgesamt sind an der L‘Orientale über 11,000 Studierende immatrikuliert.

Auch Austauschstudierende können vom vielfältigen Lehrangebot der L‘Orientale profitieren. Neben einer Vielzahl an Sprachkursen unterschiedlicher Niveaus bietet die L‘Orientale auch Seminare mit den unterschiedlichsten thematischen Schwerpunkten an; von chinesischer Ideengeschichte bis hin zum chinesischen Theater ist für fast jedes Interesse etwas dabei. Eine Vielzahl der Kurse, vor allem in den MA-Programmen, wird auf Englisch angeboten.

Die L‘Orientale verfügt über wunderschöne historische Gebäude, wie etwa den Palazzo Corigliano, mitten im Herzen der lebhaften Stadt Neapel. Neapel besitzt eine reiche Geschichte und ist in unmittelbarer Nähe Pompejis und des Vesuvs gelegen. Die Stadt bietet somit vielfältige Möglichkeiten für Ausflüge auch abseits des Studienalltags.

BA- und MA-Studierende des Instituts für Sinologie und Ostasienkunde können über das Erasmus+ Programm ein bis zwei Semester an der L‘Orientale verbringen. Interessierte können sich bei Fragen gerne an Jun.-Prof. Dr. Anne Schmiedl wenden. Ausführliche Information zu Erasmus+ und dem Bewerbungsvorgang finden Sie außerdem auf der entsprechenden Webseite der Universität Münster:
https://www.uni-muenster.de/studium/outgoing/erasmus/index.html

Über den Studierendenaustausch hinaus sind in Zukunft zudem weitere Aktivitäten in Kooperation mit der L‘Orientale geplant. So ist ab sofort etwa die Möglichkeit des Austauschs der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beider Institutionen für Lehr- und Fortbildungszwecke gegeben und es sind gemeinsame Forschungsprojekte in Planung.

Anne Schmiedl

Teaching Chinese Abroad

Experiences and Perspectives from an interview with Zhuang Xin-Di

PWE: Hello Ms. Zhuang, could you briefly introduce yourself and tell us what brought you to the institute? Also, could you share a bit about your role here and the kinds of courses or activities you are involved in?

ZXD: Yes! My name is Zhuang Xin-Di, and I am a student in the Teaching Chinese as a Second Language master’s program at NTU (National Taiwan University) and I currently work as a language teaching assistant at the Sinology Department at the University of Münster.
As a language teaching assistant, I support Dr. Gao Yue by reviewing and practicing the course content with students. I am involved in several courses: Tutorium Chinesisch, Modernes Chinesisch, and Sprachpraxis. In addition to my work at the university, I also teach AG courses in three secondary schools in Germany that are part of the “Jugend trifft China” project: the Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium in Münster, Gymnasium Dionysianum in Rheine, and Euregio Gesamtschule, also in Rheine.
One of the main reasons I chose this university and turned down two other job offers was the recommendation of the previous language assistant, Lee Hui-Yu, who is both my classmate and close friend. She encouraged me to come to Münster because she said, “It is a wonderful opportunity. The city is beautiful, the colleagues are very friendly, and the students are amazing.”

PWE: Teaching a language always involves cultural exchange. How do you integrate cultural aspects into your lessons, and how do students respond to learning about Chinese culture alongside the language?

ZXD: For example, we organized a Chinese New Year celebration for our AG groups here at the institute. We included several traditions from Taiwan, such as giving out red envelopes. And instead of real money, we filled them with chocolate money.
We also sat together at a round table as we would traditionally do in Taiwan, because it symbolizes a family reunion. We also handed out the red envelopes while teaching them auspicious phrases. In Taiwanese culture, when elders give you a red envelope, you’re expected to say something positive in return.

PWE: What have been some of the most rewarding moments in your teaching so far? Are there specific experiences or interactions with students that have stood out to you?

ZXD: One example is when I wrote some lucky words on each of those envelopes, and many students were curious about their meanings. They came to ask me questions, which led to some really engaging conversations. Moments like that make me feel a strong sense of achievement in my
teaching.

PWE: From your perspective as a native Chinese speaker and language assistant, what do you think are the biggest challenges German students face when learning Mandarin Chinese?

ZXD: I think the biggest challenges for German students are tones and characters. Many students underestimate their importance and their power. But a small change in the tones can completely change the meaning of a word, which can lead to funny misunderstandings.
For example, one typical sentence: “我想吻你⼀个问题” instead of “我想问你⼀个问题”. So instead of saying “I want to ask you a question,” they accidentally say “I want to kiss you a question.”
Characters are also a big challenge. Slight differences in how a character is written can completely change the word and its meaning. Many students overlook these small details and end up writing the wrong character. So, I would say tones and characters are the most common difficulties.

PWE: Before coming here, what were your expectations about living and working in Germany? How did you prepare yourself for this international teaching experience?

ZXD: Teaching Chinese abroad is very different from teaching in Taiwan. I tried to prepare as much as I could for teaching by gaining classroom experience and collecting useful teaching materials. Luckily, my landlord here provided a fully furnished flat. I didn’t have to worry about much in terms of daily life setup. I just packed a lot of instant noodles because I really need some hot food! In Taiwan, we love eating warm meals, so I brought those comforts from home with me.

PWE: Living abroad can be both exciting and challenging. How would you describe your overall experience living in Germany, both inside and outside of work? What cultural differences have surprised you the most?

ZXD: The courses are similar to what I have taught in Taiwan, and the workload is fine. The most challenging aspects for me are the weather and the food. In Taiwan, everything is super convenient. You can buy food anytime, anywhere. In Germany, if you want to eat well without spending a lot, you really have to cook for yourself. Eating out every day would be too expensive.

PWE: Finally, what advice would you give to other young professionals or students who are considering an international teaching assistantship or a similar experience abroad?

ZXD: Living abroad naturally always comes with unpredictable challenges and difficulties, so it is important to keep an open mind and be ready to embrace all kinds of possibilities. Treat every situation as a learning opportunity. Be curious about the local culture and do not be afraid to participate in any kind of activity, whether it is a party, a cultural event, or just hanging out with people. Try to make friends from all over the world. I think it will broaden your worldview.

Zhuang Xin-Di & Pia Wend-Erdel

Eine unvergessliche Zeit in Taiwan

Hallo liebe Leserinnen und Leser,

mein Name ist Leon und ich habe im Rahmen meines Auslandsaufenthalts im Zwei-Fach-Bachelor der Politikwissenschaften und Chinastudien ein halbes Jahr in Taiwan verbracht. Bei mir war es ein wenig kompliziert, denn am Ende bin ich gleichzeitig an zwei Universitäten gelandet: der National Taiwan University (NTU) und der National Taiwan Normal University (NTNU).

Wie kam es dazu?

Kommen wir zunächst zur NTNU: Die Universität Münster hat mit der NTNU ein hervorragendes Austauschprogramm. Wer angenommen wird – und die Chancen stehen wirklich sehr gut – muss keine Studiengebühren zahlen, was ein riesiger Vorteil ist. Zusätzlich ist die NTNU mit dem berühmten Mandarin Training Center (MTC) verbunden, wo man im Rahmen des Austauschprogramms einen Rabatt auf Sprachkurse erhält. Das macht das Angebot besonders attraktiv und absolut empfehlenswert.

Für mich war die NTNU vor allem eine Chance, mich sprachlich weiterzubilden. Ich habe das MTC-Angebot zwar persönlich nicht genutzt – das wäre mir zeitlich zu viel geworden –, aber auch die NTNU selbst bot einen sehr guten Sprachkurs an. Im Rahmen des Austauschprogramms standen das College of Liberal Arts und das Department for Chinese as a Second Language zur Auswahl – ich entschied mich für Letzteres. Die Atmosphäre war angenehm, meine Lehrerin anspruchsvoll und die Kommilitoninnen und Kommilitonen sehr sympathisch. Der Campus ist kleiner als der der NTU, aber ebenfalls sehr schön – insgesamt eine tolle Erfahrung.

Und dann war da noch die NTU – meine absolute Traum-Universität.

An die NTU wollte ich vor allem, weil sie hervorragende Kurse in Politikwissenschaft im Angebot hatte und ich möglichst viel davon ausprobieren wollte. Doch der Weg dorthin war nicht leicht. Ich habe mich nicht über ein Austauschprogramm, sondern direkt für ein Semester eingeschrieben – quasi einen Bachelor begonnen – und das war organisatorisch sehr aufwendig. Ganz ehrlich: Ich würde niemandem raten, gleichzeitig an zwei Universitäten zu studieren, und selbst würde ich es auch nicht wieder machen. Trotzdem bin ich froh, dass ich es gewagt habe.

Die NTU bot ein unglaublich vielfältiges Kursangebot. Obwohl ich im Bereich Politikwissenschaft eingeschrieben war, konnte ich auch in völlig andere Themen reinschnuppern – zum Beispiel Globale Gesundheit – und sogar in einer Medizinvorlesung sitzen. Die Infrastruktur war beeindruckend: eine riesige Bibliothek mit enormer Auswahl an Literatur, ein Campus wie eine kleine Stadt, und der Weg zur Bibliothek ist gesäumt von Palmenalleen – traumhaft.

Für internationale Studierende gab es ein hohes Maß an Fürsorge: organisierte Treffen, gemeinsames Essen, Kennenlernrunden. Wir hatten eigene Gruppen in der App „LINE“ (Taiwans WhatsApp) und ich habe mich jederzeit willkommen und umsorgt gefühlt. Die Kurse waren anspruchsvoll: wöchentliche Abgaben, viele Tests – und ja, die Klischees über asiatischen Uni-Stress kann ich zumindest teilweise bestätigen.

Über vieles könnte ich noch erzählen – vor allem über die Menschen in Taiwan, die warmherzig, hilfsbereit und aufgeschlossen sind. Über das fantastische Essen, die Kontraste zwischen traditioneller Architektur und moderner Entwicklung. Taiwan ist keine Ellenbogengesellschaft, sondern eine Gesellschaft voller Wärme.

Mein Fazit:

Ich kann jedem nur ans Herz legen, in Taiwan ein Auslandssemester zu verbringen. Für mich war es eine unvergessliche Zeit.

Leon Teßarzik

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