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Münster (upm/ja)
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Umweltverhaltensforschung muss differenzierter arbeiten

Soziologen hinterfragen etablierte Forschung und zeigen Grenzen ökologischen Verhaltens auf

Um Menschen zu nachhaltigem und ökologischem Verhalten zu animieren, ist weit mehr soziologisches Wissen über Mensch und Umwelt nötig, als bisher erforscht. "Man dachte lange Zeit, man müsse nur mehr Problembewusstsein für Umweltprobleme schaffen, damit sich die Menschen dann 'richtig', also unweltverträglich entscheiden können", sagt Björn Wendt, Soziologe an der Universität Münster. In einer Studie mit seinem Kollegen Benjamin Görgen fanden die beiden heraus, dass zwar ein positiver Zusammenhang zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten existiert. Die Kluft zwischen Überzeugung und Umsetzung sei allerdings viel schwieriger zu überwinden als nur mit Aufklärung und Bildung.

"Diesem schwierigen Übersetzungsprozess zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten müssen wir mit Forschungen begegnen, die an der Lebensrealität der Menschen ansetzen", fordern die Soziologen. So könnte zum Beispiel die Untersuchung des Alltags der Menschen zeigen, dass zwar viele Menschen ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein haben. Im Alltag stoßen sie jedoch auf zahlreiche Hürden bei der Umsetzung. Manchmal sorgen allein schon soziale (Erwartungen anderer Familienmitglieder), strukturelle (Lebensmittelpreise) oder situative Bedingungen (Bio-Markt zu weit entfernt) dafür, dass Menschen sich vom Umdenken abwenden.

Zudem erwiesen sich für Konsumenten scheinbar nachhaltige Optionen als hoch widersprüchlich: "Kaufe ich lose konventionelle Bananen oder in Folie eingeschweißte Bio-Bananen? Wie sind Bio-Äpfel aus Neuseeland oder regionale, aber nicht ökologisch angebaute Lebensmittel einzuschätzen? Diese Fragen machen die Widersprüchlichkeiten und strukturellen Grenzen umweltverträglichen Konsums deutlich, denn das eine kann wie das andere nicht als umweltverträglich gelten", erklärt Björn Wendt.

"Insgesamt kann die Transformation unserer Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit nur gelingen, wenn wir die komplexen Wechselwirkungen und Widersprüchlichkeiten verstehen, die dazu beitragen, dass Menschen sich nicht nachhaltig verhalten", fügt Benjamin Görgen hinzu. Hierzu sei es nötig, neben den individuellen, vor allem verstärkt die strukturellen, sozialen und situativen Bedingungen in den Blick zu nehmen, die es erschweren, sich nachhaltig zu verhalten.

Die Soziologen hatten mittels einer Befragung untersucht, wie aus dem Wissen über Umweltprobleme und dem Willen, ökologisch und nachhaltig zu leben, umweltverträgliches Verhalten werden kann. "Hierzu ist es unserer Ansicht nach wichtig, das Verhalten differenzierter zu betrachten, als es bisher in der Umweltsoziologie geschieht. Denn: Wer mit alten Routinen bricht, etabliert nicht automatisch umweltfreundlichere Routinen", betont Björn Wendt. Menschen erprobten zunächst neue Handlungsabläufe, sie experimentierten, scheiterten gegebenenfalls und passten Ziele und Erwartungen entsprechend ihrer Erfahrungen an.

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