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Münster (upm/bhe).
Zu sehen ist ein historisches Porträt von Jane Austen (1775 – 1817), gezeichnet von ihrer Schwester Cassandra.<address>© Wikimedia Commons</address>
Dieses Porträt von Jane Austen (1775 – 1817) zeichnete ihre Schwester Cassandra.
© Wikimedia Commons

Unnachahmlich und zeitlos gut

250. Geburtstag von Jane Austen: Warum die britische Romanautorin noch immer so beliebt ist

Wenn Dr. Franziska Quabeck über Jane Austen spricht, leuchten ihre Augen. Man sieht ihr die Begeisterung an. Das geht offenbar vielen Studierenden ähnlich. Die Lehrveranstaltungen der Privatdozentin am Englischen Seminar über das Werk der „Godmother of romance“ (Deutschlandfunk Kultur) sind jedenfalls überdurchschnittlich gut besucht. Auch die Medien lassen in ihrer Begeisterung für Jane Austen nicht nach. Es sei schwer, jemanden zu finden, der Jane Austens Romane und die Verfilmungen nicht mag, urteilte beispielweise unlängst die österreichische Tageszeitung „Die Presse“ unter der Überschrift: „Warum wir Jane Austen noch immer lieben“. Für die „New York Times“ ist Jane Austen geradezu „unnachahmlich“. Ihre Bücher seien „Momentaufnahmen ihrer Zeit, aber zeitlos in ihrer Anziehungskraft“.

Jane Austen wurde 1775 geboren. Presse und Fans jeden Alters ehren sie zu ihrem 250. Geburtstag mit Festivals, Features und Re-Reads. Woher stammt die Faszination für eine Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts, von der nur einige kürzere Jugendwerke und lediglich sechs Romane veröffentlicht wurden? Die Expertin aus den British Studies sieht dafür mehrere Gründe, darunter die hohe Qualität der Texte: „Jane Austen wusste, dass sie schreiben konnte, und sie hat ihr Leben schon früh darauf ausgerichtet“, betont Franziska Quabeck. Als Jugendliche habe sie ihre ersten Texte einstudiert und ihrer Familie vorgetragen – mit Blick auf deren direkte Reaktion, vor allem auf Lacher bei den humorvollen Passagen.

Zu sehen ist ein Porträtfoto von Dr. Franziska Quabeck.<address>© Uni MS - Brigitte Heeke</address>
Dr. Franziska Quabeck
© Uni MS - Brigitte Heeke
Ein zweiter Grund für den Erfolg sei Janes Austens Fähigkeit, Ironie einzusetzen. Zum Beispiel der Einstieg in den Roman „Stolz und Vorurteil“: „It is a truth universally acknowledged, that a single man in possession of a good fortune, must be in want of a wife.“ („Es ist eine universelle Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.“) Der Schriftstellerin, die als siebtes von acht Kindern im südenglischen Steventon zur Welt kam, gelinge es, mit nur einem Satz die moralisch-gesellschaftliche Haltung ihrer Zeit zu kritisieren und zu karikieren. Dass eine Heirat aus ökonomischen Gründen für Frauen nicht die einzige Option sein musste, bewies Janes Austen selbst, die ledig blieb. „Das war in der Austen-Rezeption des 20. Jahrhunderts durchaus Thema“, berichtet Franziska Quabeck. „Neuere Erkenntnisse aus Briefen und anderen überlieferten Äußerungen zeigen: Sie wollte sich auf das Schreiben konzentrieren. Das war zur damaligen Zeit bemerkenswert für eine Frau.“

Ihre Bücher sind Bestseller über Generationen hinweg. Hier treffe der ökonomische Erfolg auch aus literaturwissenschaftlicher Sicht die Richtige, findet Franziska Quabeck. „Emma, Elinor, Lizzy und Co.: Die Romanheldinnen schaffen es, sich kritisch mit sich selbst auseinanderzusetzen, ohne daran zu zerbrechen. Das entspricht dem Wunsch der meisten Menschen.“ Jane Austen schildere die Figuren liebevoll und aus großer Nähe, als ob sie eigenständige Personen wären. „Lizzy Bennet aus ,Stolz und Vorurteil‘ tritt fast aus dem Roman heraus.“

Manche Kritik sah in Jane Austens Romanen wenig mehr als seichte Liebesgeschichten. Längst gilt die Autorin jedoch als „Erfinderin des modernen Gesellschaftsromans“ (Deutschlandfunk). „Viele kennen die Werke auch aus Film und Fernsehen“, sagt Franziska Quabeck. Neben den Verfilmungen aus den 1990er-Jahren, etwa „Sense and Sensibility“, empfiehlt sie die mehrteilige BBC-Serie mit dem Schauspieler Colin Firth. „Er hat die Romanfigur Mr. Darcy aus ,Stolz und Vorurteil‘ in der allgemeinen kulturellen Vorstellung praktisch ersetzt.“ Hier zeige sich der große Einfluss Jane Austens auf die Popkultur. So setze Helen Fieldings „Bridget Jones’s Diary“ den Plot des Romans präzise um, nur in den Handlungsdetails für das 20. Jahrhundert – eine moderne Variante der romantischen Komödie. „Wir verstehen ab Minute eins intuitiv: Da gehören zwei zusammen“, erläutert die Literaturwissenschaftlerin. Auf eine ursprünglich große gegenseitige Abneigung und Ablehnung folge die Wende. „Viele Menschen lesen gerne, wenn der romantische Held für die große Liebe alles stehen und liegen lässt – gerade wenn alles bereits vorbei schien.“ Schon Shakespeare habe dieses Motiv in „Viel Lärm um nichts” so auf die Bühne gebracht, erläutert Franziska Quabeck, die mit den Studierenden gerne die großen Linien der Stoffe und die Verbindungen über Epochen hinweg erarbeitet. Die Jubilarin ist dafür aus ihrer Sicht unverzichtbar. Ihr Einfluss auf die britische Romankultur könne gar nicht überschätzt werden. „Was Sie auch lesen: Wenn es nach 1811 erschienen ist, wäre es ohne Jane Austen nicht dasselbe.“

Autorin: Brigitte Heeke

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 8, 10. Dezember 2025.

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