Was du heute kannst entsorgen …
Müll, oder fachmännisch Abfall, ist vermutlich so alt wie der Mensch selbst. Er ist Alltag, seine Entsorgung hat vielfältige Facetten: Für die einen handelt es sich um einen schnöden, für die anderen um einen befreiend-ideellen Vorgang, die Müllbeseitigung unterliegt der Bürokratie, soll Ordnung bewahren oder herstellen, Sicherheit und Gesundheit garantieren. Sie ist ein Geschäft. Mitunter ein Ärgernis. Ein alltägliches Unterfangen, das mal mehr, mal weniger Spuren hinterlässt. Auch an der Universität Münster fällt reichlich Abfall an, dessen Handhabung und Entsorgung gut organisiert und durchgeführt sein will. Einblicke in drei besondere Müllsorten und ihre Entsorgung gibt es in dieser Reportage.
Chemikalienentsorgung
Biologische Entsorgung
Noch seltener als hochspezialisierte Chemikalien kommen gentechnisch veränderte Organismen wie Zellen oder Bakterien außerhalb geeigneter Labore vor. In vielen Forschungseinrichtungen der Uni Münster werden sie hingegen tagtäglich genutzt und müssen anschließend mit ausgefeilter Technik und unter Berücksichtigung komplexer rechtlicher Vorgaben entsorgt werden. Dies geschieht unter anderem in den Laboren des „Multiscale Imaging Centre“ (MIC), in dem Arbeitsgruppen verschiedener Fachrichtungen erforschen, wie sich Zellen in Organismen verhalten. In Laboren der Sicherheitsstufen 1 und 2 handhaben die Biochemikerin Dr. Sonja Schelhaas und ihre Kolleginnen und Kollegen beispielsweise gentechnisch veränderte Tumorzellen sowie bakterielle Krankheitserreger. Was also tun, wenn solch biologisches Material entsorgt werden muss? Die Lösung: Man tötet die Zellen und Mikroorganismen mithilfe eines Autoklavs ab. „Ein solches Gerät ist eigentlich ein teurer Dampfkochtopf“, erklärt Dr. Joachim Kremerskothen, der als Mitarbeiter der StabAU dafür verantwortlich ist, dass die gesetzlichen Auflagen für die biologische Sicherheit und die gentechnischen Arbeiten in den Unilaboren umgesetzt werden. Im Autoklav werden also die beschriebenen Abfälle in der Regel unter Druck 20 Minuten lang mit 121 Grad heißem Wasserdampf bearbeitet, wodurch sämtliche biologische Aktivität inaktiviert wird – die Organismen können sich danach nicht mehr ausbreiten oder vermehren. Sie sind tot.
„Durch das Autoklavieren müssen wir sicherstellen, dass diese gentechnisch veränderten Organismen und auch bakterielle Krankheitserreger nicht über die Abfallentsorgung in die Umwelt gelangen“, betont Sonja Schelhaas. Darum benutzen die Laborteams solche Geräte unterschiedlicher Größe sowohl für Flüssigkeiten als auch für belastete Feststoffe wie Handschuhe, Kanülen oder Tücher, damit sie anschließend gefahrlos über den normalen Hausmüll entsorgt werden können.
Standardautoklaven sind in etwa so groß wie eine Waschmaschine. Das MIC verfügt aber auch über ein besonders großes Gerät, in dessen Inneren Abfallwagen und ganze Schieberegale bis zu einer Höhe von zwei Metern Platz finden und autoklaviert werden können. Bei diesem Gerät im XXL-Format handelt es sich um einen sogenannten Durchreicheautoklav, in den man laborseitig den kontaminierten Abfall hineinschiebt, diesen gemäß den Vorgaben inaktiviert und anschließend außerhalb des Labors, also auf der gewissermaßen sauberen Seite, entnimmt.
Dieser technische Prozess als wichtiger Baustein in der (Spezial-)Entsorgung von Abfall unterliegt strengen rechtlichen Vorgaben. So muss die Universität der Bezirksregierung Münster als zuständiger Aufsichtsbehörde den Typ, die technische Ausstattung und den genauen Standort eines jeden Autoklavs vor seiner Inbetriebnahme mitteilen. „Vor der ersten Benutzung muss jedes Programm des Geräts zur Abfallbehandlung umfangreich geprüft werden“, unterstreicht Sonja Schelhaas. Im laufenden Betrieb sind die Apparate dann alle sechs Monate daraufhin zu testen, ob sie einwandfrei funktionieren. „Die Aufsichtsbehörde in Münster überprüft bei ihren Kontrollbesuchen in den Laboren die Aufzeichnungen zu den regelmäßigen Checks der Autoklaven sehr genau“, erklärt Joachim Kremerskothen. Am Beispiel der Autoklavnutzung wird klar, dass nicht nur die eigentlichen Experimente mit den Zellen und Bakterien strengen Vorgaben unterliegen, sondern auch die Vorbehandlung und Entsorgung des dabei entstehenden Abfalls – für all diese Prozesse können unter Umständen gleich mehrere Verordnungen und Gesetze gelten: das Gentechnikgesetz, die Gentechnik-Sicherheitsverordnung, die Biostoffverordnung, das Infektionsschutzgesetz oder auch die Tierseuchenerregerverordnung.
Radioaktiventsorgung
Der erwartungsvolle Beobachter stellt aber auch hier fest: Aufsehenerregend und gefährlich ist der Vorgang nicht. Die Mitarbeiter tragen eine unscheinbare Schutzausrüstung, nirgends ist ein Geigerzähler zu entdecken, nicht mal eine weiträumige Absperrung ist nötig. Zu sehen sind lediglich ein weiß lackierter und nur mit dem Schriftzug „Bezirksregierung Köln“ versehener Lkw der Klasse C1 (bis 7,5 Tonnen) sowie einige blaue und weiße Eimer und Fässer, in denen Laborutensilien sind oder schwach strahlendes radioaktives Material wie Uranylverbindungen oder mit Kohlenstoff-14 und Tritium kontaminierte Abfälle. Deutlich wird auch während dieses Termins im Frühjahr, an dem erneut Martina Johnen und der Gefahrgutbeauftragte teilnehmen, dass Entsorgung an der Uni nicht zuletzt ein Organisations-, Verwaltungs- und Rechtsakt ist. Denn auch die Radioaktiventsorgung bedarf langer Planung durch die StabAU und die Strahlschutzbeauftragten verschiedener Arbeitsgruppen, einiger Formulare, Kontrollen und Dokumentationspflichten. Das mag zäh und für Außenstehende unverhältnismäßig wirken, doch mit dem Aufkommen jeglichen (gefährlichen) Abfalls geht eine Verpflichtung einher, mit diesen so umzugehen, dass Mensch und Umwelt nicht zu Schaden kommen. „Wir leben in einer Zeit, in der jeder verstanden haben sollte, dass wir Menschen uns keinen abfälligen Umgang mit dem Thema Entsorgung mehr leisten können“, betont Martina Johnen.
Autor: André Bednarz
Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 4, 12. Juni 2025.