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Münster (upm/kn).
Hell, funktional und fächerübergreifend: Das „Center for Soft Nanoscience“ verfolgt einen interdisziplinären Forschungsansatz, der sich in jedem Winkel des Gebäudes widerspiegelt …© WWU - MünsterView
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Wenn fächerübergreifende Zusammenarbeit mit der Architektur beginnt

Im „Center for Soft Nanoscience“ forschen Chemiker, Biologen, Physiker und Mediziner gemeinsam unter einem Dach

Hell, funktional und fächerübergreifend: Das „Center for Soft Nanoscience“ (SoN) der Universität Münster ist ein Hightech-Forschungsbau für die Nanowissenschaften. 32 Teams aus der Physik, Chemie, Biologie und Medizin arbeiten mit hochpräzisen nanoanalytischen Verfahren. Das Besondere: Gemeinsam unter einem Dach erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Busso-Peus-Straße, wie in der Natur Nanomaterialien mit komplexen Eigenschaften und Funktionen entstehen, um nach diesem Vorbild Nanomaterialien zu erzeugen oder steuerbare Nanomaterialien zu entwerfen. Der interdisziplinäre Forschungsansatz des SoN spiegelt sich in jedem Winkel des Gebäudes wider, das nach zweieinhalb Jahren Bauzeit Ende 2018 offiziell eröffnet wurde.

„Die Gebäudearchitektur ist großzügig, offen und transparent gestaltet“, schildert Dr. Michael Seppi, Hausverantwortlicher im SoN. „Alles ist lichtdurchflutet und abseits der Labore gibt es wenige massive Wände.“ Auf den Büro-Etagen befindet sich beispielsweise jeweils ein Besprechungsraum mit integrierter Küche. Durch die Verglasung zum Atrium hin sind die Räume aus jedem Blickwinkel einsehbar. „Diese Struktur fördert das Zusammenkommen und die Kommunikation im Arbeitsalltag. Wir können uns praktisch nicht aus dem Weg gehen oder davonschleichen“, betont Michael Seppi. Der Entwurf für das rechteckige Forschungsgebäude stammt vom Büro Kresings aus Münster. Von außen soll das 100 Meter lange SoN laut den Architekten wie eine „technische Apparatur“ wirken: silberglänzend, glatt, funktional und dynamisch durch die schräg verlaufende Fassade im Süden. Im Kontrast dazu steht das andere Fassadenende, das von einem mit Gras bewachsenen Hügel umschlossen ist, sodass der Innenbereich gegen äußere Einflüsse wie Temperaturschwankungen isoliert ist. Die besondere Architektur sowie die Ausstattung mit schwingungsfreien Böden und einer Abschirmung gegen störende Magnetfelder ermöglichen den Betrieb von höchst empfindlichen Messgeräten mit atomarer Auflösung wie zum Beispiel dem kürzlich eingeweihten Kryo-Elektronenmikroskop, die ansonsten abgelegen in Kellerräumen installiert werden müssten. Auf einer Gesamtfläche von fast 8.000 Quadratmetern gibt es außerdem moderne Chemie-, Biologie- und Physiklabore, einen voll ausgestatteten Reinraum sowie weitere mikroskopische und nanoanalytische Messgeräte. Im abgeschrägten Fassadenende am Eingang befindet sich ein gläsernes Atrium, das mit einer wohnlich gestalteten Sitzecke eine weitere Kommunikationszone bietet.

Auch in den Laboren ist das Potenzial für eine fächerübergreifende Zusammenarbeit erkennbar. Denn während Standardlabore lediglich ein Sichtfenster in der Flurtür haben, sind die Räume im SoN auch untereinander mit Fenstern verbunden. Damit können die Forscher während ihrer Arbeit in das benachbarte Labor schauen. Hinter den Laboren gibt es eine Dokumentationszone, in der die Forschungsergebnisse an Computerarbeitsplätzen verschriftlicht werden können. „Der Bereich ist wiederum durch Glastüren miteinander verbunden, sodass man von einem Ende direkt zum anderen gucken kann“, verdeutlicht Michael Seppi. Das fördere den Austausch zwischen den Arbeitsgruppen aus den unterschiedlichen Fächern.

Davon profitieren Forscher aus der ganzen Welt und der wissenschaftliche Nachwuchs. „Mir gefällt am SoN besonders gut, dass wir aus den unterschiedlichen Forschungsgebieten Labor an Labor zusammenarbeiten“, beschreibt die Chemie-Doktorandin Suna Azhdari, die an den Universitäten Münster und Twente eine Doppelpromotion absolviert. Sie erforscht biologisch abbaubare Polymere auf Polyphosphoester-Basis. „Wenn ich eine Frage außerhalb meines Fachgebiets habe, gehe ich einfach eine Tür weiter und frage in dieser Arbeitsgruppe nach, wer mir helfen kann“, erklärt sie. „Die Zusammenarbeit findet bereits im Kleinen statt: Ich arbeite nicht nur mit Mitgliedern aus meiner Arbeitsgruppe in einem Labor, sondern beispielsweise auch mit meinem Kooperationspartner aus der Physik“, ergänzt Chemikerin Lisa Schlichter, die in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Bart Jan Ravoo im Sonderforschungsbereich „Intelligente Materie“ promoviert und die Selbstassemblierung von Nanopartikeln für Gehirn-inspirierte Systeme untersucht. „Zudem sind viele Messgeräte im SoN vorhanden, für deren Nutzung es ausgewiesene Experten gibt. Die können etwa dazu beraten, ob es sinnvoll ist, die eigene Probe damit zu analysieren.“ Sowohl der Reinraum als auch der Hightech-Gerätepark in der „Münster Nanofabrication Facility“ (MNF) werden von Vertretern verschiedener Fachdisziplinen wie Physik, Chemie, Geowissenschaften und Biologie genutzt. Als zentrale universitäre Einrichtung im SoN steht die MNF Wissenschaftlern inner- und außerhalb der Universität offen.

Abseits der alltäglichen Laborarbeit werden regelmäßig gemeinsame Kolloquien und Seminare für den wissenschaftlichen Austausch veranstaltet. Besonders beliebt ist der wöchentliche „Fruit Break“. Kein Wunder: Man kommt nicht nur miteinander ins Gespräch – bei den Treffen im Eingangsatrium gibt es zudem frisches Obst …

Nanoanalytik-Workshop

Wer mehr über die Geräte und Messmethoden in der MNF erfahren möchte, der kann am „Nanoanalytics Workshop“ am 16. Mai (Dienstag) von 13 bis 17 Uhr im SoN teilnehmen. Neben Kurzvorträgen gibt es die Möglichkeit, sich an Diskussionsrunden zu beteiligen. Der Workshop ist interdisziplinär und bietet sich für Forscher aus der Physik, Chemie, Geowissenschaften, Biologie und Medizin an.

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