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Münster (upm/bhe)
Auf diese Hightech-Säule setzen die Gründer Christoph Seidenstücker, Dr. Wladick Hartmann und Nicolai Walter (v.l.) ihr Produkt: einen Computerchip mit Nanoelementen, der vor allem in der Forschung zum Einsatz kommt.<address>© WWU - Peter Leßmann</address>
Auf diese Hightech-Säule setzen die Gründer Christoph Seidenstücker, Dr. Wladick Hartmann und Nicolai Walter (v.l.) ihr Produkt: einen Computerchip mit Nanoelementen, der vor allem in der Forschung zum Einsatz kommt.
© WWU - Peter Leßmann

REACH-Gründerserie: Start-up miniaturisiert die Messtechnik

Computerchip mit Nanoelementen kommt vor allem in der Forschung zum Einsatz

Wenn sich vier Physiker und ein Wirtschaftschemiker treffen, dann kann dabei ein preisgekröntes Unternehmen entstehen. Als bestes wissenschaftsbasiertes Start-up wurde „Pixel Photonics“ bereits beim „ERCIS Launch Pad“ ausgezeichnet. Am REACH EUREGIO Start-up Center hat das Team in der ersten Jahreshälfte 2021 den Inkubator durchlaufen. Dessen Ziel ist das so genannte Product Market Fit, also eine Art Realitätsabgleich, um zu schauen, ob die Gründungsidee überhaupt Abnehmer findet. Diese Phase soll zudem der Vernetzung mit der Wissenschaft und anderen Unternehmen dienen. Beides hat bei Pixel Photonics richtig gut funktioniert.

Das Start-up arbeitet im CeNTech an der Heisenbergstraße. Zu 90 Prozent findet die Produktion in den Reinräumen der Münster Nanofabrication Facility (MNF) statt, zusätzlich gibt es einen kleinen Raum im ersten Stock des Centechs, der eine Werkbank, das obligatorische Whiteboard und allerhand Technik beherbergt. Mit seinem hochspezialisierten Produkt aus dem Bereich der Quantenmechanik beliefert „Pixel Photonics“ hauptsächlich Kunden aus Forschungseinrichtungen oder anderen forschungsnahen Start-ups. Diese erhalten eine fast mannshohe Säule aus Metall. Von außen sieht man dem Gerät nicht an, dass es Hightech enthält, in der ebenfalls erhebliche Forschungsarbeit steckt. Denn das Team um Nicolai Walter, Dr. Wladick Hartmann, Martin Wolff, Fabian Beutel und Christoph Seidenstücker produziert Detektoren, die auf ein einzelnes Photon genau arbeiten, sogenannte Einzelphotonendetektoren. Dafür braucht es zunächst Kühltechnik, um die Ergebnisse nicht durch Störstrahlung zu beeinflussen. „Das kann man sich so ähnlich vorstellen wie bei der Entwicklung von analogen Fotos in einer Dunkelkammer“, erläutert Wladick Hartmann. „In diesen Fällen möchte man jede andere Lichtquelle ausschließen, wir möchten jede Wärmestrahlung vermeiden.“ Wichtig ist die Kälte von minus 271 Grad Celsius zudem für die auf Supraleitung basierende Detektionstechnik.

Im oberen Drittel des Geräts steckt der Hauptdarsteller: Ein quadratischer Mikrochip von anderthalb Zentimetern Kantenlänge, per Glasfaser verkabelt. Der eigentliche Detektor ist ein sehr dünner Draht in supraleitendem Zustand und mit bloßem Auge nicht zu erkennen. „Solche Sensoren sind äußerst sensitiv“, sagt der Physiker, „das geht herunter bis zu einzelnen Lichtteilchen.“ Das Produkt ist ein Beitrag zur Miniaturisierung der wissenschaftlichen Messtechnik. „Der Moment, in dem die Supraleitung zusammenbricht, ist als Ausschlag mit exponentiellem Abfall auf einem Oszilloskop sichtbar.“ Die Ergebnisse sind in der Statistik gefragt, können beispielsweise zur Erforschung von Neutrinos eingesetzt werden oder bei der Konstruktion von Quantencomputern helfen. Perspektivisch lassen sich damit beispielsweise neue Medikamente entwickeln und erforschen. „Wir haben diese Technologie nicht selbst erfunden“, unterstreicht Christoph Seidenstücker. Das Team knüpfe an Forschungsarbeiten von Prof. Dr. Wolfram Pernice und Prof. Dr. Carsten Schuck an, welche selber als Mitgründer und im wissenschaftlichen Beirat des Start-ups engagiert sind.

Nicolai, Wladick, Fabian und Martin haben sich in ihrem Physikstudium an der WWU kennengelernt, Christoph Seidenstücker kam durch einen Kontakt bei einem Grillfest hinzu, kurz bevor die Coronapandemie solche Events fürs Erste verhindert hat. Im REACH-Inkubator habe das Team vor allem von der Beratung durch Christin Menke profitiert, berichtet Nicolai Walter. Für den strukturierten, sechsmonatigen Coaching-Prozess im Inkubator des REACH müssen sich die Teilnehmer bewerben. In der ersten Kohorte bekamen zehn Teams den Zuschlag.

Autorin: Brigitte Heeke

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 8, 15. Dezember 2021. Die  Serie  „Gründerreise“ stellt in fünf Folgen verschiedene  Stationen  der  REACH-Programme  vor  –  von  der  ersten  Idee  bis zur Unternehmensgründung.

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